Eduard Löwen hat Nerven wie Drahtseile. In der letzten Minute der Nachspielzeit schnappt sich der eingewechselte Mittelfeldspieler den Ball und tritt an den Elfmeterpunkt. Trifft er, holt der VfL einen Punkt, vergibt er, dann gewinnt der VfB Stuttgart.
Löwen erfüllte seinen Auftrag – und knapp 1.000 Bochumer, die sich trotz des Sturmtiefs bis nach Stuttgart durchgekämpft haben, feierten das späte Unentschieden. Der Punkt war glücklich, aber trotzdem nicht unverdient. Denn wie so oft hat der VfL nicht aufgegeben und bis zum Schluss an seine Chance geglaubt – längst eine Stärke dieser Mannschaft, die in den letzten vier Partien nach einem Rückstand noch gepunktet hat. „Ich bin sehr froh darüber, dass wir das 1:1 mit der letzten Aktion mitgenommen haben“, sagte Trainer Thomas Reis kurz nach dem Abpfiff, und gab freimütig zu: „Hurra-Fußball war das nicht.“
Treffend zusammengefasst, denn wenig erinnerte an den furiosen 4:2-Sieg gegen Bayern München in der Vorwoche. Mit einer konzentrierten Abwehrleistung und einem engagierten Gesamtauftritt hinterließ der VfL in der ersten Halbzeit zwar einen ordentlichen Eindruck. Doch gefährliche Torchancen blieben Mangelware – wie so oft in der Fremde. Hüben wie drüben hatten die Torleute wenig zu tun.
Eigentor durch Bella Kotchap
Das änderte sich nach der Pause, aber zunächst nur auf einer Seite. „Wir haben ein wenig den Faden verloren“, analysierte Thomas Reis und bedankte sich bei Manuel Riemann, der mehrfach glänzend parierte, einmal sogar mit dem Kopf. Bochums Stammkeeper war nach überstandener Corona-Infektion ins Team zurückgekehrt und hat seine gute Form nicht verloren. Aus mehreren Eins-gegen-Eins-Situationen ging er als Sieger hervor. Nur beim Gegentreffer war Riemann machtlos: Nach einer Ecke lenkte Armel Bella Kotchap den Ball unglücklich und etwas ungeschickt ins eigene Tor.
Vor dem 1:1 profitierten die Bochumer allerdings ebenfalls von einem Fehler in der Stuttgarter Hintermannschaft. Konstantinos Mavropanos ging ohne Not in einen Bodenzweikampf und grätschte Bochums Sebastian Polter einfach um – ein klares Foul und somit ein Elfmeter, den Löwen sicher verwandelte. „Es war eine heikle Situation, da ich VfB-Keeper Florian Müller aus der Jugend kenne. Ich wusste selbst beim Anlaufen noch nicht, in welche Ecke ich schießen soll“, erklärte der umjubelte Torschütze. „Aber im Endeffekt ist es ja gut ausgegangen.“
Stimmt. Der VfL hat einen weiteren Punkt auf dem Konto, und gefühlt sogar den nächsten Sieg gefeiert. Klingt zunächst unlogisch, ist mit einem Blick auf die Tabelle aber nachvollziehbar: Denn mit dem späten Ausgleich bleibt der Vorsprung auf den VfB Stuttgart und somit auf den ersten direkten Abstiegsplatz komfortabel. Anderenfalls wären die Schwaben herangerückt. „Es ist ganz wichtig, dass wir weiter zehn Punkte vor Stuttgart liegen“, weiß Kapitän Anthony Losilla.
Drei Heimspiele in Serie
Die nächsten (großen) Schritte auf dem Weg zum Klassenerhalt können die heimstarken Bochumer nun im eigenen Stadion gehen. Gleich dreimal innerhalb einer Woche tritt der VfL im Ruhrstadion an: Am nächsten Sonntag kommt Leipzig an die Castroper Straße, sechs Tage später Mitaufsteiger Fürth. Dazwischen gibt es das Viertelfinale gegen Freiburg im DFB-Pokal. Spieler mit guten Nerven, die immer an sich glauben, werden auch dann wieder gebraucht…
(Foto: Firo Sportphoto)