Becherwurf

Spielabbruch in Bochum: Nur eine Frage der Zeit

Die Social-Media-Abteilung des VfL Bochum hat alles gegeben. Wenige Stunden vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach hat sie über Instagram, Facebook und Co. ein Video veröffentlicht. Der Inhalt in Kurzform: Kapitän Anthony Losilla erklärt den Fans, dass sie ihr Bier lieber trinken statt werfen sollen. Zuletzt gab es immer wieder Ärger, zahlreiche Becher sind aufs Spielfeld geflogen. Gebracht hat der erneute Appell nichts, mehr noch: Am Freitagabend folgte die bittere Pointe. In der 69. Minute traf ein gefüllter Bierbecher den Linienrichter am Hinterkopf. Zunächst wurde das Spiel unterbrochen, nach einer Viertelstunde schließlich abgebrochen. „Alternativlos“ nannte Hauptschiedsrichter Benjamin Cortus diese Entscheidung. Mal wieder schreibt der VfL Bochum in dieser Saison also Geschichte, zum ersten Mal aber nicht im positiven Sinne. Es ist erst der dritte Spielabbruch in der gesamten Bundesliga-Historie, der durch ein Fehlverhalten von der Tribüne verursacht wurde.

Becherwurf aus Block A

„Wir sind fassungslos, müssen das erstmal verarbeiten“, sagte Hans-Peter Villis, der Vereinsvorsitzende, kurz nach dem Spielabbruch. Linienrichter Christian Gittelmann wurde zu weiteren Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht, dort wurde neben einer Schädelprellung ein Schleudertrauma diagnostiziert. „Ich möchte mich in aller Form und im Namen des gesamten Vereins bei ihm entschuldigen“, kommentierte Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz die Geschehnisse. „Wir haben bundesweit immer wieder gezeigt, dass wir eine Bereicherung für die Bundesliga sind. Und jetzt ist es die Tat eines Einzelnen, die das in den Schatten stellt.“ Doch schon vorher waren Becher aufs Spielfeld geflogen, ehe ein Fan aus dem unteren Bereich von Block A den Linienrichter mit voller Wucht traf. Noch wurde der mutmaßliche Täter nicht eindeutig identifiziert. Videomaterial gibt es jedoch, die Polizei ermittelt und hofft auf weitere Zeugenaussagen.

Gladbach führte mit 2:0

Offenbar war ein solcher Vorfall nur eine Frage der Zeit, denn Ärger mit Wurfgeschossen gab es beim VfL schon häufiger – etwa beim Pokalspiel gegen Freiburg oder kurz vor Weihnachten gegen Union Berlin. Klar ist schon jetzt: Das Spiel gegen Gladbach wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegen den VfL Bochum gewertet. Sportlich lag der Revierklub zum Zeitpunkt des Abbruchs mit 0:2 zurück. Alassane Plea und Breel Embolo trafen nach der Halbzeitpause für die Gäste in einer eigentlich ausgeglichenen Partie. Das DFB-Sportgericht wird nun entscheiden müssen, ob der Becherwurf weitere Konsequenzen hat. Bei einem sehr ähnlichen Vorfall im Jahr 2011 auf St. Pauli wurde der Klub zunächst zu einem Geisterspiel verurteilt, der Einspruch zeigte jedoch Wirkung: Das Heimspiel musste 50 Kilometer von Hamburg entfernt ausgetragen werden, Fans durften teilweise dabei sein. Eine hohe Geldstrafe kam noch dazu. Mit der müssen die Bochumer nun auch rechnen. Ein Urteil wird es frühestens in einer Woche geben.

Zoller und Villis sauer

Wie Bochums Cheftrainer Thomas Reis über den Vorfall denkt, ist noch nicht überliefert – er befindet sich wegen einer Corona-Erkrankung in Isolation und verpasste das Spiel. Assistenzcoach Markus Gellhaus vertrat ihn an der Seitenlinie. Aus der Mannschaft hat sich unterdessen Publikumsliebling Simon Zoller via Twitter geäußert: „Wir, der VfL Bochum, schreiben seit knapp zwei Jahren eine unfassbare Geschichte. Diese Aktion ist einfach nur respektlos gegenüber all denen, die sich jeden Tag den Arsch aufreißen, um diese Reise zu erleben! DU hast im Stadion nichts verloren!“ Deutliche Worte fand auch Hans-Peter Villis im Laufe des Abends im Gespräch mit der Bild-Zeitung: „So blöd es klingt: Vielleicht haben wir sowas gebraucht, damit sich etwas ändert. Ich hoffe, dass unsere Anhänger den Werfer anschwärzen. Wir werden denjenigen sicher finden. Mit solchen Fans wollen wir nichts zu tun haben. Hier gibt es ein paar Fans, die ihre Hände und ihr Gehirn nicht im Griff haben.“ Deutliche Worte mit einem großen Wahrheitsgehalt…

(Foto: picture alliance)