Was macht eigentlich...?

Sören Colding über Eriksen und den Aufstieg des VfL

Von Jörg Laumann, Gastautor

Nach elf Jahren in der 2. Liga hat der VfL Bochum in diesem Jahr den Wiederaufstieg geschafft. Einer, der sich mit diesem Thema bestens auskennt, ist Sören Colding. Immerhin hat der Däne, der zwischen 2001 und 2006 das Bochumer Trikot trug, gleich zwei Aufstiege mit dem VfL geschafft. 2002 stand Colding selbst auf dem Platz, als das Bochumer Team unter Trainer Peter Neururer in einem spannenden Saisonfinale auf dem Aachener Tivoli den Sprung nach oben perfekt machte.

Vier Jahre später schaffte der mittlerweile von Marcel Koller betreute VfL einmal mehr den Aufstieg – wiederum mit einem Sieg in Aachen. Colding stand zu diesem Zeitpunkt noch im Kader, kam aber nicht mehr regelmäßig zum Einsatz. „Beide Aufstiege mit dem VfL waren auf jeden Fall schöne Erlebnisse und natürlich sehr bedeutend für den Verein“, sagt der heute 48-Jährige in der Rückschau. „Für mich war es immer ein Ansporn, nach einem Abstieg auch gleich nach wieder nach oben zu kommen. Als Fußballprofi fühlte ich da eine gewisse Verantwortung, den Misserfolg des Vorjahres wieder auszubügeln.“

Spannendes Saisonfinale 2002

Besonders im Gedächtnis geblieben ist Colding – wie wohl auch den meisten VfL-Fans, die ihn miterlebt haben – der Showdown am Ende der Zweitliga-Saison 2001/02. Der eigene 3:1-Sieg bei Alemannia Aachen reichte für die Bochumer damals allein nicht aus, um als Dritter doch noch den Aufstieg perfekt zu machen. Mit einem Unentschieden wäre der Konkurrent Mainz 05 durch gewesen, doch die damalige Klopp-Elf unterlag bei Union Berlin mit 1:3.

Da die endgültige Entscheidung an der Alten Försterei erst in der Schlussminute fiel, fühlte sich Colding an ein anderes legendäres Saisonfinale erinnert. „Im Jahr zuvor hatte mein Freund Ebbe Sand miterlebt, wie Schalke für ein paar Minuten als Meister gefeiert wurde und dann doch nicht den Titel gewann, weil im allerletzten Moment ein Tor im anderen Stadion fiel“, berichtet er. „Daher fiel es mir in Aachen im ersten Moment noch schwer, mich zu freuen. Ich bin erst einmal in die Kabine gelaufen, um zu prüfen, ob der Sieg von Union Berlin auch wirklich feststand.“ Wenig später durfte tatsächlich ausgelassen gefeiert werden.

Weggefährte von Reis und Schindzielorz

Mit dabei waren neben Colding auch zwei Spieler, die nun 19 Jahre später wichtige Rollen beim erneuten Wiederaufstieg des VfL gespielt haben: Der heutige Trainer Thomas Reis und Sebastian Schindzielorz, der mittlerweile den Posten des Geschäftsführers Sport bekleidet. „Ich freue mich sehr für die beiden, dass sie jetzt so erfolgreich sind“, sagt ihr ehemaliger Mitspieler aus Dänemark. „Sebastian und Thomas waren auch damals schon Führungsspieler und haben viel Verantwortung übernommen. Bei meinem ersten Trainingslager habe ich mir ein Zimmer mit Sebastian geteilt und wir haben uns immer gut verstanden.“ Der Kontakt sei bis heute nicht abgerissen. Gelegentlich tausche man sich auch über aktuelle Spieler aus Coldings Heimatland aus.

Der Rechtsverteidiger, der einst von Bröndby IF an die Castroper Straße wechselte, absolvierte 149 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga für den VfL Bochum. In 27 Partien lief Colding auch für die dänische Nationalmannschaft auf. Dementsprechend intensiv hat er den Auftritt seiner Landsleute bei der diesjährigen Europameisterschaft verfolgt, der mit einem dramatischen Ereignis begann. „Ich war im Parken in Kopenhagen beim ersten Spiel gegen Finnland, in dem Christian Eriksen auf dem Platz zusammengebrochen ist“, berichtet der ehemalige VfL-Profi. „Das war schon eine sehr traurige Situation, die einen sehr nachdenklich macht. In solchen Momenten wird einem erst bewusst, wie sehr man jeden Tag seines Lebens genießen sollte, weil sich so plötzlich alles verändern kann.“

Letztlich war die Erleichterung bei allen Beteiligten groß. Eriksen konnte das Krankenhaus bereits nach wenigen Tagen verlassen, seine Mannschaftskameraden behaupteten sich noch bis zum Halbfinale im Turnier. Colding hatte der dänischen Auswahl ohnehin eine Menge zugetraut. „Wir haben unsere beste Nationalmannschaft seit Jahren. Das Team hat eine gute Altersstruktur und viele der Spieler sind bei europäischen Spitzenclubs aktiv. Ich hatte schon erwartet, dass sie in diesem Turnier weit kommen können.“

Colding plant Besuch in Bochum

Nun richtet Colding, der heute beruflich für die Schmuckfirma Amazing Jewelry tätig ist, den Blick auch wieder auf den deutschen Fußball – genauer gesagt die 1. Bundesliga und den VfL Bochum. „Ich glaube schon, dass für Bochum der Klassenerhalt möglich ist“, sagt der 48-Jährige. „Natürlich ist es für einen Verein wie den VfL immer schwer, sich gegen finanzstärkere Konkurrenten zu behaupten. Aber auch der Aufstieg hat ja erfreulicherweise gezeigt, dass es nicht nur auf das Geld ankommt.“

Nach der langen coronabedingten Phase ohne Zuschauer hofft der Däne darauf, dass er endlich auch wieder selbst auf der Tribüne im Ruhrstadion sitzen kann. Zuletzt war dies im Dezember 2019 der Fall, als der VfL einen 2:1-Sieg gegen Hannover 96 feierte. Am Abend zuvor hatte es in der „Zeche“ an der Prinz-Regent-Straße noch eine besondere Hommage an Colding gegeben, als er dort das Konzert der bekannten dänischen Rockband D-A-D besuchte. „Ein Freund von mir war mit dabei und hat mich der Band vorgestellt. Er hat dazu auch ein Trikot von mir aus Bochumer Zeiten besorgt und es ihnen geschenkt.“ Die Musiker nahmen das Präsent gleich mit auf die Bühne und so prangte das VfL-Jersey mit Coldings Nummer 5 im Zugabenteil gut sichtbar an der Verstärkerwand im Rücken von D-A-D-Gitarrist Jacob Binzer.

Beim nächsten Besuch des ehemaligen Profis in Bochum wird es wohl weniger musikalisch zugehen. Vor allem das Wiedersehen mit Freunden sei geplant, berichtet er. Zudem seien aus dem Familienkreis bereits sehr konkrete Wünsche bezüglich der Auswahl von VfL-Spielen geäußert worden, wie Sören Colding schmunzelnd berichtet: „Mein Sohn hat mir gleich nach dem Aufstieg gesagt, dass ich mich jetzt um Karten für die Partien gegen den FC Bayern und Borussia Dortmund kümmern müsse.“ 

Dieser Text ist zuerst im Magazin „100 Prozent VfL Bochum“ erschienen. Herausgeber ist der 3satz-Verlag mit Sitz in Bochum. Das Heft mit vielen Geschichten zum VfL Bochum wurde frisch zum Saisonstart veröffentlicht und ist aktuell an vielen Stellen im Stadtgebiet erhältlich, u.a. direkt beim Verlag (Alte Hattinger Straße 29 in Bochum-Ehrenfeld).