„Team Zukunft“ gegen „Wir für den VfL“ – bei der Präsidiumswahl in diesem Sommer standen sich zwei Wahlblöcke gegenüber. Die Mitglieder des VfL Bochum konnten sich bei der außerordentlichen Versammlung zwischen zwei Gruppen mit je fünf Personen entschieden. Fast zwei Drittel der Stimmen entfielen auf das Team um Andreas Luthe und Hans-Peter Villis. Die Satzung des VfL sieht seit geraumer Zeit eine en-bloc-Wahl vor. Sie wurde vor mehr als 20 Jahren beschlossen und soll einem konstruktiven Miteinander dienen. Für künftige Wahlen des Präsidiums – die nächste steht im Herbst 2029 an – könnte es aber eine gravierende Änderung geben. Zwei VfL-Mitglieder schlagen für die reguläre Versammlung am 18. November eine Anpassung der Satzung vor, für die es eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht.
Einzelwahl statt Teams
Die Initiatoren: Carina Gödecke, ehemalige NRW-Landtagspräsidentin, Leiterin der Mitgliederversammlung im Juni und Mitglied des Ehrenrats, sowie Andreas Eickhoff, Rechtsanwalt und bis vor wenigen Monaten Mitglied des Präsidiums. Sie wollen die Blockwahl abschaffen und schlagen vor, dass alle Präsidiumsmitglieder einzeln gewählt werden sollen. Schon jetzt kann die Mitgliederversammlung am Wahltag kurzfristig eine Einzelwahl beschließen. In der jüngeren Vergangenheit haben die Teams und Kandidaten aber zumeist angekündigt, dann nicht mehr antreten zu wollen. Die Mitglieder des VfL konnten sich also lediglich für eines der beiden Teams entscheiden. Gödecke und Eickhoff wollen die Einzelwahl zum Regelfall machen, um den Mitgliedern eine differenziertere Wahlmöglichkeit zu bieten.
Ihre Begründung: „Die von der Satzung des VfL derzeit vorgesehene Blockwahl beschränkt sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht der Mitglieder. Das passive Wahlrecht wird beschränkt, weil Einzelpersonen faktisch nicht die Möglichkeit haben, für die Wahl zum Präsidium zu kandidieren. Das aktive Wahlrecht wird beschränkt, weil die Mitgliederversammlung allenfalls die Möglichkeit hat, unter mehreren Blöcken zu wählen, sofern überhaupt mehrere Blöcke vorgeschlagen werden.“ Eine Änderung würde den Wahlablauf massiv verändern – und damit auch Einfluss auf die Besetzung des Präsidiums nehmen, das für alle wegweisende Entscheidungen des Vereins zuständig ist. Klar ist: Eine Einzelwahl würde die Mitbestimmungsrechte der Mitglieder stärken. Es gibt aber auch Gegenargumente.
Viele Vor- und Nachteile
Werden Kandidaten mit zu unterschiedlichen Vorstellungen sowie ähnlichen Kompetenzen gewählt, kann dies schnell zu Zerwürfnissen führen oder Entscheidungen bei Uneinigkeit verzögern. Wobei Eickhoff aus eigener Erfahrung dagegen argumentiert: „Das Ziel, eine gedeihliche Zusammenarbeit der Vorgeschlagenen zum Präsidium sicherzustellen, wird durch eine Blockwahl nicht verlässlich erreicht.“ Er spielt damit auf die Spaltung des im Sommer abgewählten Präsidiums an, das 2022 gemeinsam angetreten war, aber nach gut zwei Jahren keine Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sah. Jedoch: Die Ungewissheit, wie ein Gremium aus fünf Einzelbewerbern aussehen wird, könnte Interessenten womöglich abschrecken. Vor allem prominente Bewerber bevorzugen vertraute Mitstreiter.
Wie erwähnt, wäre bei der Wahl im Juni wohl niemand angetreten, wenn die Versammlung kurzfristig eine Einzelwahl beschlossen hätte. Gleichwohl: Bei einer Satzungsänderung wären die Bedingungen künftig im Vorfeld klar. Und: Die meisten Klubs setzen bereits auf eine Einzelwahl, wobei es unterschiedliche Konstellationen gibt, auch Mischformen. Außerdem argumentieren Gödecke und Eickhoff, dass die Blockwahl „die von Zeit zu Zeit erforderliche Auffrischung des Präsidiums durch neue Mitglieder mit neuen Gedanken“ erschwere. Auch Einzelbewerber aus der Anhängerschaft könnten künftig antreten. Das öffnet die Tür für viele kluge Köpfe, aber – mit Verlaub – auch für Schaumschläger. Zudem bestünde die Gefahr, dass Einzelbewerber stets Wahlkampf in eigener Sache betreiben müssten.
Drei weitere Anträge
So oder so: Für die Suche nach passenden Kandidaten ist die Findungskommission zuständig. Diese soll, geht es nach Gödecke und Eickhoff, künftig mindestens zehn Mitglieder zur Präsidiumswahl vorschlagen. Damit diese stattliche Zahl überhaupt erreicht wird, schlagen sie eine Verjüngung der Findungskommission vor. Die Altersgrenze soll künftig bei 75 Jahren liegen. Aktuell sind drei von fünf Kommissionsmitgliedern älter. Dieser Antrag soll losgelöst von dem Vorschlag zur Einzelwahl behandelt werden. Es gibt zudem zwei weitere Anträge. Marc Pattmann schlägt vor, dass das Präsidium verpflichtet wird, eine anerkannte Fachkraft der Jugendhilfe aus Bochum zu kooptieren. Michael Kretschmann beantragt, dass der Fanclubvertreter automatisch auch in den Aufsichtsrat der Kapitalgesellschaft einzieht.
Letzteres ist in diesem Sommer auf Wunsch des Präsidiums ohnehin erfolgt, die Garantie für eine personengleiche Besetzung von Präsidium und Aufsichtsrat gibt es aber nicht. Aktuell gehören dem Aufsichtsrat zum ersten Mal drei Personen an, die nicht ins Präsidium gewählt wurden. Hierfür haben die Gremiumsmitglieder sogar die Satzung der Kapitalgesellschaft geändert. Anschließend wurden Benedikt Steffen, Oliver Bartkowski und Lars Lammert in das Gremium berufen. Was viele nicht wissen: Die beiden Letztgenannten waren im Hintergrund wichtige Wahlkampfhelfer für das Team um Luthe und Villis. Eine solche Nachberufung von Vertrauten in ein wichtiges Klubgremium, vor allem so kurz nach der Wahl, würde durch eine Abschaffung der Blockbildung ebenfalls deutlich erschwert werden.
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(Foto: Imago / Revierfoto)