Das bislang einzige Bochumer Tor nach einer Ecke führte prompt zu drei Punkten. Im Heimspiel gegen die SV Elversberg Anfang August erzielte Ibrahima Sissoko den Führungstreffer und feierte anschließend mit seinen Teamkollegen den ersten Saisonsieg. Wohl niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass der Punktestand des VfL mehr als zwei Monate später unverändert ist. Die Lage ist prekär, viel Zeit für eine Trendwende bleibt nicht mehr. Der neue Hoffnungsträger heißt Uwe Rösler, der an diesem Samstag im Heimspiel gegen Hertha BSC seinen Einstand als Cheftrainer feiert. Mit vielen lautstarken Korrekturen, aber auch mit Lob und Aufmunterung hat der 56-Jährige seit seinem Amtsantritt an den zahlreich vorhandenen Defiziten gearbeitet. Die Trainingseinheiten sind intensiv.
Schlechte Hereingaben
Zum Erfolg führen möchte er den VfL unter anderem mit verbesserten Offensiv-Standards. Die fehlende Torgefahr nach ruhenden Bällen ist schon seit längerer Zeit ein unübersehbares Problem. Uwe Rösler hat es bereits vor seiner ersten Trainingseinheit thematisiert. „Fußballspiele werden in beiden Strafräumen entschieden. Standardsituationen machen den Unterschied“, sagte der 56-Jährige bei seiner Vorstellung. Bereits in der vergangenen Saison war der VfL bei Ecken und Freistößen erschreckend ungefährlich. Dieses Problem hat sich fortgesetzt, obwohl im Trainingslager an verschiedenen Varianten gearbeitet wurde. Allerdings: Schon da war zu erkennen, dass die eingeteilten Schützen nicht die besten sind. Mal zu kurz, mal zu lang – allzu oft kamen die Hereingaben von Matus Bero und Maximilian Wittek nicht da an, wo sie eigentlich landen sollten. Dabei ist es im bisherigen Saisonverlauf geblieben. Viele Alternativen gibt der Kader nicht her, wenngleich insbesondere Francis Onyeka ein Kandidat mit einem feinen Fuß wäre.
Auch ein neuer Co-Trainer
Käme der Ball präzise in den Strafraum, sollte Lufthoheit beim VfL eigentlich kein Problem sein. Insgesamt neun Feldspieler sind mindestens 1,90 Meter groß, einige andere nicht wesentlich kleiner. Zahlreiche Akteure haben also Gardemaß für Standardsituationen. Das will Rösler natürlich nutzen: „Wir haben viele Kopfballspieler, aber unsere Offensiv-Standards sind verbesserungswürdig.“ Erwischt der VfL den Ball in der Luft, ist er vielen Teams überlegen. Das belegt auch die Statistik. In dieser Saison haben die Bochumer ligaweit die drittmeisten Kopfballduelle gewonnen. Auch deshalb hat sich Rösler einen Co-Trainer ausgesucht, den er als „Experten für Standardsituationen“ bezeichnet: Alessandro Riedle. Der 34-Jährige absolvierte im Sommer 2013 als Spieler ein Probetraining beim VfL, wurde aber nicht verpflichtet. Zwölf Jahre später hat er endlich einen Vertrag an der Castroper Straße erhalten. Er komplettiert das Trainerteam, dem weiterhin auch Marc-Andre Kruska und Anthony Losilla angehören. Murat Ural, den einst Peter Zeidler mit nach Bochum gebracht hatte, wurde beurlaubt. Riedle war zuletzt als Co-Trainer für den FC Zürich tätig.
Verletzte und Angeschlagene
Dass Rösler generell einen großen Wert auf Standards legt, hat er in Dänemark bei Aarhus GF bewiesen. Spannend: Dort er hat die kopfballstärksten Spieler gezielt freiblocken lassen; eine Methode, die an Basketball erinnert und auch in Bochum zur Anwendung kommen könnte. Fraglich ist derzeit nur, auf welche Kopfballspieler Rösler zu Beginn seiner Amtszeit setzen kann. In den ersten anderthalb Trainingswochen musste der Fußballlehrer auf zahlreiche Akteure verzichten. Insgesamt fünf Startelfkandidaten waren auf Länderspielreise. Andere Profis fehlten verletzt, etwa Kevin Vogt, der sich einer kleinen Knie-OP unterziehen musste. Der Innenverteidiger soll aber möglichst bald, spätestens Anfang November, wieder mitwirken können. Ibrahim Sissoko, potenzieller Ersatz für den formschwachen Hofmann, musste das Training zweimal abbrechen. Beide wären mögliche Abnehmer von gut getretenen Standardsituationen.
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(Foto: Imago / Team 2)