Kein Kammertermin

Außergerichtliche Einigung: VfL holt Riemann zurück ins Training

Update: Der VfL Bochum und Manuel Riemann haben sich außergerichtlich geeinigt. Der Torhüter wird ab Montag wieder regulär am Mannschaftstraining teilnehmen.

Ursprünglicher Text vom 17. November, Stand 8 Uhr:

Ein mangelndes Interesse an den Entwicklungen beim VfL Bochum kann man Manuel Riemann nun wirklich nicht vorwerfen. Bei den zurückliegenden Heimspielen seines Arbeitgebers saß der vom Trainingsbetrieb ausgeschlossene Torwart nach wie vor auf der Tribüne. Noch spannender ist allerdings, was sich anschließend im VIP-Raum abspielte. Zum einen pflegt Riemann nach wie vor einen engen Draht zu einigen Mitspielern. Zum anderen nimmt Riemann auffallend häufig am Tisch von VfL-Hauptsponsor Vonovia Platz, Bochums wichtigstem Geldgeber. Das ist kein Zufall, denn: Riemann und Vorstandsmitglied Arnd Fittkau haben sich vor nicht allzu langer Zeit kennen und schätzen gelernt.

All diese Aspekte verdeutlichen, dass es beim Kammertermin zwischen Manuel Riemann und dem VfL Bochum am Dienstag (19.11.) vor dem Bochumer Amtsgericht um mehr geht als die bloße Frage, ob der 36-Jährige wieder am Training der Bundesliga-Mannschaft teilnehmen darf oder nicht. Riemann klagt mithilfe des renommierten Sportanwalts Horst Kletke bereits seit Monaten gegen die Entscheidung des Klubs, ihn vom Trainingsbetrieb auszuschließen. Kletke hatte den VfL kurioserweise in der Angelegenheit rund um den Becherwurf und Spielabbruch im März 2022 vertreten. Nun steht er auf der anderen Seite. Ein Gütetermin im August, kurz vor Saisonstart, endete ohne Ergebnis.

Hecking äußert sich neutral

Der Konflikt schwelt bekanntlich schon länger. Riemann hatte sich vor den Relegationsspielen gegen Fortuna Düsseldorf im Mai praktisch selbst aus dem Spiel genommen, indem er sich von einigen seiner Teamkollegen losgesagt haben soll. Zuvor soll es bereits zu verbalen Auseinandersetzungen und beinahe auch zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. Zudem hat Riemann immer wieder Grenzen überschritten, als er zum Beispiel die Auswechslung von Mitspielern gefordert hat, was für alle Fans sichtbar war. Sportchef Patrick Fabian sah sich zum Handeln gezwungen und nahm Riemann aus der Mannschaft. Diese Entscheidung hatte auch nach Fabians Abschied weiter Bestand.

Interessant: Ex-Trainer Thomas Letsch soll schon im Februar intern dafür plädiert haben, Riemann aus dem Team zu nehmen. Letsch setzte sich aber nicht durch, mehrere Funktionäre sprachen sich dagegen aus; der VfL handelte erst knapp drei Monate später. Weder Sportdirektor Marc Lettau rüttelte zu Beginn der neuen Saison an dieser Entscheidung noch der neue Trainer Peter Zeidler. Beide sind mittlerweile aber auch nicht mehr im Amt. Zeidlers Nachfolger Dieter Hecking verwies bei seiner Vorstellung auf den anstehenden Gerichtstermin; er vermied eine klare Aussage in die eine oder andere Richtung. Hecking vertritt die Grundhaltung, sich von allem und allen ein eigenes Bild machen zu wollen.

Riemann will zurück ins Training

Somit ist auch eine kurzfristige außergerichtliche Einigung samt Trainingsrückkehr noch denkbar, sofern Riemann sein Verhalten reflektiert hat. Die Führungsriege muss entscheiden: Nimmt sie in einer sportlich und vereinspolitisch schwierigen Lage ein Gerichtsverfahren mit ungewissen Erfolgsaussichten in Kauf? Oder findet sie eine elegantere Lösung? Folgt man den offiziellen Verlautbarungen des Klubs, wurde Riemann nie suspendiert. „Unüberbrückbare unterschiedliche Auffassungen zu teaminhaltlichen Themen“ wurden im Mai als Begründung für die Ausbootung angegeben, bei der es sich ausdrücklich „nicht um eine Suspendierung oder Bestrafung“ gehandelt habe.

Im Juli teilte der VfL lediglich mit, dass Riemann „bis auf Weiteres nicht am Trainingsbetrieb“ teilnehmen werde. Beide Seiten seien „im Austausch und bei der Aufarbeitung.“ Eine weitere Pressemitteilung folgte nicht mehr, sondern eine juristische Auseinandersetzung. Eine außergerichtliche Einigung scheiterte bislang vor allem an der Tatsache, dass es Riemann in erster Linie um eine Rückkehr in den Trainingsbetrieb geht – sie bleibt auch seine Bedingung für eine Einigung vor dem Kammertermin am Dienstag. Sein Gehalt erhält der Schlussmann weiter, nach Gerichtsangaben rund 55.000 im Monat. Eine Teilnahme am Training der Oberliga-Mannschaft des VfL Bochum lehnte er ab.  

Zwei Lager in der Mannschaft

Unabhängig vom Ausgang der Angelegenheit ist klar: Die Personalie Riemann polarisiert nach wie vor – bei den Fans, aber auch in der Mannschaft. Auf der einen Seite stehen die Riemann-Befürworter, zu denen langjährige Weggefährten wie Anthony Losilla und Cristian Gamboa, aber auch die Vize-Kapitäne Philipp Hofmann und Maximilian Wittek gehören. Auf der anderen Seite soll es drei (Stamm-)Spieler geben, die nach Auskunft von Kabinen-Insidern eine Rückkehr von Riemann zuletzt klar abgelehnt haben. Beide Lager zusammenzuführen, würde nur dann funktionieren, wenn sich Riemann einsichtig zeigt, um Entschuldigung bittet und bereit ist, sein Verhalten dauerhaft zu ändern.


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(Foto: Marc Niemeyer)