Jung und Alt zusammenführen

Reis muss beim VfL auch Teamkonflikte lösen

Seine Amtszeit begann schnell mit einer Klarstellung. Die Mannschaft sei absolut intakt, sagte Thomas Reis in seiner zweiten Pressekonferenz als neuer Trainer des VfL Bochum – und betonte dies nach wenigen Tagen erneut. Das, was hier und da – auch auf diesem Portal – zu lesen war, sei so nicht richtig, erklärte der 45-Jährige. Schon mehrfach hätten seine Spieler Moral bewiesen. Gegen Bielefeld, Baunatal und Wiesbaden ließ sich die Mannschaft nicht von Rückständen schocken. Lob für den Teamgeist gab es auch nach dem 2:2 gegen Dynamo Dresden.

Reis als Integrator

Trotzdem ist Thomas Reis dieser Tage nicht nur als Taktiker, sondern auch als Mensch und Integrator gefragt. Der Ex-Profi muss Teile der Mannschaft besser zusammenführen und für mehr Disziplin sorgen. Genau das hat Robin Dutt zuletzt nicht mehr in den Griff bekommen. Aus der Teambildung hat sich der beurlaubte Chefcoach weitestgehend herausgehalten. Torhüter Manuel Riemann kritisierte sogar, dass der Fußballlehrer auf dem Trainingsplatz Nachlässigkeiten geduldet habe. Genau das soll es unter der Führung von Thomas Reis nicht mehr geben. Social Skills wie Kommunikationsstärke und Durchsetzungsvermögen waren bei der Trainersuche deshalb wichtige Kriterien.

Eine erste Maßnahme hat der neue Mann bereits ergriffen: In einem Gespräch mit der WAZ kündigte er an, einen Mannschaftsrat gründen zu wollen. Den hatte es zuletzt nicht mehr gegeben. Jeder Spieler soll sich dort gut vertreten fühlen. Genau das könnte bedeuten, dass nicht nur die bekannten Wortführer Verantwortung übernehmen sollen. Denn selbst Insider leugnen nicht, dass es innerhalb der Kabine eine Art Cliquenbildung gibt, eine gewisse Distanz zwischen jüngeren und älteren Spielern. Eine ganze Generation liegt allein zwischen dem 17-jährigen Armel Bella Kotchap und dem 33-Jährigen Anthony Losilla.

Torhüter Manuel Riemann machte damit verbundene Konflikte Ende August sogar öffentlich. Der Schlussmann kritisierte zum Beispiel die Überheblichkeit einiger Teamkollegen. „Wir haben ein paar Spieler dabei, die nehmen einiges zu locker. Und wenn dann ein erfahrener Kollege was sagt, wird der noch angemeckert. Da könnte ich kotzen“, sagte der Keeper in einem Interview nach dem Spiel gegen Wiesbaden, für das er intern abgestraft wurde. Gemeint waren vor allem jüngere Mitspieler. Riemann ließ dabei eine Gleichgültigkeit oder gar Respektlosigkeit gegenüber den erfahrenen Kräften durchblicken, wenn diese zur Ordnung rufen.

Fabian als Teammanager

Zu denen, auf die die Jungspunde hören sollen, gehört auch Patrick Fabian. Das Bochumer Urgestein spielt sportlich nur noch eine untergeordnete Rolle. Dafür wächst sein Aufgabenbereich neben dem Platz. Der 31-Jährige entwickelt sich in neuer Doppelfunktion zu einer Art Teammanager. Er hilft Neuzugängen bei ganz alltäglichen Angelegenheiten, speziell denjenigen, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind. Auch an dieser Stelle könnte der VfL ansetzen, um die teaminterne Kommunikation zu stärken. Sprachkurse waren zuletzt nicht verpflichtend. Dolmetscher wie früher, etwa bei einer ganzen Reihe japanischer Spieler, gibt es auch nicht mehr.

(Foto: Imago / Team 2)