Jungspunde und Rückkehrer

Mittelfeld ist das Prunkstück: Mehr Optionen als Plätze

Fast 70 Meter waren es noch bis zum Tor, als Moritz Kwarteng zum Konter ansetzte und alleine auf das Augsburger Gehäuse zulief. Er bremste ab, schaute sich um, zögerte – und vergab kurz vor Schluss die große Chance zur Vorentscheidung. Der VfL besiegte den Bundesligisten dennoch und zog ins Pokal-Achtelfinale ein. Und Kwarteng? Er freute sich natürlich trotzdem. Der 27-Jährige feierte in dieser Woche sein Comeback nach langer Verletzungspause. Mit einem Tor hätte er sich eindrucksvoll zurückgemeldet. Doch auch ohne ein persönliches Erfolgserlebnis hat ihn Uwe Rösler auf dem Zettel. „Moritz ist einer unserer Top-Spieler. Er hat den X-Faktor, kann Spiele für uns entscheiden“, sagt sein Trainer, der von Kwartengs Qualitäten offensichtlich überzeugt ist. Rösler sieht den flexibel einsetzbaren Mittelfeldspieler vor allem im Zentrum und hat ihm schon vor der Partie in Augsburg mehr Spielzeit in Aussicht gestellt. An diesem Sonntag treffen die Bochumer auf den 1. FC Magdeburg – ausgerechnet auf Kwartengs Ex-Klub. Von dort hatte ihn der VfL im Sommer 2023 losgeeist, sogar eine Ablöse gezahlt. Die Erwartungen im Umfeld waren groß, umso herber fiel die Enttäuschung aus. Kwarteng gehörte seither nur zweimal zur Startelf. Oft fehlte er verletzt. Auch zu Beginn dieser Saison fiel er aus. Nun ist er wieder einsatzbereit – aber wohl noch kein Kandidat für die Startelf.

Jungspunde fordern Bero heraus

Das liegt allerdings weniger an Kwarteng, sondern vielmehr an seinen Teamkollegen. Denn im Mittelfeldzentrum herrscht ein dichtes Gedränge. Es gibt weitaus mehr Optionen als Plätze im Team. Francis Onyeka hat in den vergangenen zwei Wochen mit drei Toren auf sich aufmerksam gemacht und ist vorerst gesetzt, wenngleich er auch auf der Außenbahn oder sogar im Sturmzentrum spielen kann. Auch Cajetan Lenz genießt unter Rösler eine Art Stammplatzgarantie. Das Bochumer Eigengewächs überzeugt seit Wochen mit seiner Übersicht und seinem Spielverständnis. Zudem haben Kjell Wätjen und Mats Pannewig gegen Augsburg überzeugt. Wätjen zeigte seine bislang beste Leistung im VfL-Trikot. Kein Wunder, kam er doch erstmals im Zentrum zum Einsatz, wo er sich am wohlsten fühlt. Die Leihgabe aus Dortmund war defensiv stets aufmerksam und an fast allen gefährlichen Umschaltaktionen beteiligt. Ihn aus dem Team zu nehmen, würde das Leistungsprinzip im Grunde torpedieren. Fast alles spräche dafür, den vier Jungspunden erneut das Vertrauen zu schenken: Onyeka im Angriff, Lenz auf der Sechs sowie Pannewig und Wätjen davor. Allerdings drängt auch Matus Bero, der unter der Woche noch angeschlagen pausieren musste, zurück ins Team. Dass Rösler den Kapitän auf der Bank lässt, ist kaum vorstellbar. Allerdings rechtfertigen Beros bisherigen Leistungen keinen Stammplatz. So oder so: Es wird Härtefälle geben.

Miyoshi und Sissoko vor Rückkehr

Das ahnte Rösler vielleicht schon bei seiner Vorstellung Anfang des Monats, als er ankündigte: „Das Mittelfeld kann unser Prunkstück werden.“ Da wusste er allerdings noch nicht, wie schnell sich seine Mannschaft in die gewünschte Richtung entwickeln würde. Zahlreiche Spieler blühen auf und machen dem Trainer die Entscheidung schwer, besonders in der Schaltzentrale. In nächster Zeit wird es für Rösler sogar noch komfortabler – und zugleich komplizierter. Koji Miyoshi hat sein Aufbautraining beendet und dürfte in den Kader zurückkehren, womöglich schon gegen Magdeburg. Ihn sieht Rösler allerdings bevorzugt auf der rechten Außenbahn, auf der der neue VfL-Coach seine Optimalbesetzung noch nicht gefunden hat. Gegen Hertha begann dort Wätjen, in Kiel Onyeka und in Augsburg Farid Alfa-Ruprecht, der mit seiner Torvorlage und reichlich Tempo glänzte, taktisch und körperlich aber noch Schwächen offenbarte. Ein Pendant zu Linksaußen Gerrit Holtmann, der in Augsburg bereits sein viertes Saisontor erzielte, fehlt bislang noch. Daran wird auch die absehbare Rückkehr von Ibrahima Sissoko nichts ändern, der bekanntlich im defensiven Mittelfeld zu Hause ist. Nach seiner Schultereckgelenksprengung macht er große Fortschritte und könnte – wenn alles optimal läuft – noch im November sein Comeback feiern. Rösler wird dann vor dem nächsten Luxusproblem stehen.


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(Foto: Jens Lukas)