Bochum gegen Dortmund

Pokal wichtiger als Bayern? VfL geht „ohne Rücksicht“ ins Derby

Zweimal hat es der VfL Bochum schon ins Pokalfinale geschafft. 1968 war aus der heutigen Mannschaft allerdings noch nicht einmal der Cheftrainer geboren, und 1988 mussten die Fans auf dem Weg nach Berlin noch die innerdeutsche Grenze passieren. Sorgt der VfL 35 Jahre danach endlich wieder für eine besondere Pokalgeschichte? Der Weg ins Finale ist noch weit, und in Anbetracht des Gegners ziemlich steinig. „Wir sind klarer Außenseiter“, sagt Thomas Letsch vor dem Derby gegen den BVB. „Aber genau das macht den Pokalwettbewerb so reizvoll. Wir haben zuhause ein Flutlichtspiel gegen einen direkten Nachbarn. Das ist ein besonderes Ereignis, also wollen wir auch ein besonderes Ergebnis erzielen.“

Klar ist: Das Achtelfinale genießt intern einen mindestens so hohen Stellenwert wie eine Bundesligapartie; mit Blick auf den Spielplan hat der Pokal sogar Vorrang. „Ohne Rücksicht“ auf das am Samstag anstehende Duell beim FC Bayern will Letsch den Revierrivalen ärgern. Dabei soll dem VfL vor allem die zuletzt demonstrierte Heimstärke helfen. Fünf Partien in Folge hat der Bundesligist im eigenen Stadion gewonnen. „Wir brauchen eine gute Mischung aus defensiver Stabilität sowie Mut und Risiko im Vorwärtsgang“, sagt Letsch vor dem ersten Pokalduell der beiden Klubs seit 40 Jahren. Ein Weiterkommen wäre für Bochum der vorläufige sportliche und emotionale Höhepunkt der Saison. Zudem würden rund zwei Millionen Euro extra winken.

Schlotterbecks im Fokus

Auch im Vorfeld liefert das Aufeinandertreffen schon erzählenswerte Geschichten. Da ist zum Beispiel das Wiedersehen von Takuma Asano und Nico Schlotterbeck, die sich bereits bei der Fußball-WM im November begegnet sind – mit dem besseren Ausgang für den Bochumer, der dem BVB-Verteidiger beim spielentscheidenden Treffer zum 2:1 für seine Japaner davongeeilt war. Außerdem kommt es zum Duell der beiden Schlotterbeck-Brüder – mit Keven für den VfL und Nico für den BVB. „Durch meinen Bruder habe ich ein paar Spiele mehr von Bochum angeschaut. Das wird ein heißer Kampf. Zuhause sind sie sehr stabil und zeigen eine unglaubliche Mentalität“, ist Nico Schlotterbeck durchaus beeindruckt vom VfL.

Für mindestens 90 Minuten werden die beiden Innenverteidiger jedoch nur an den Sport und nicht an ihr Verwandtschaftsverhältnis denken. „Wir haben uns nie etwas geschenkt. So wie wir es auch heute nicht machen, egal ob es beim Fußball ist oder neben den Platz. Einer gewinnt und der andere ist halt sauer“, sagt Keven mit dem Schmunzeln. Doch wie nah kommen sie sich am Mittwoch auf dem Spielfeld? Nico ist beim BVB gesetzt. Keven hingegen muss um seinen Platz im Team zittern. Nach drei Startelfeinsätzen saß er am vergangenen Wochenende zum ersten Mal nur auf der Bank. Dass Thomas Letsch in der Abwehr erneut rotieren wird, ist nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich.

Fanmarsch zum Stadion

Zu guter Letzt bietet ja auch die Historie der beiden Städte Anlass für eine brisante Atmosphäre, die sich ganz bestimmt auch auf das seit Wochen ausverkaufte Stadion übertragen dürfte. Nicht ohne Grund treffen sich zahlreiche VfL-Anhänger vor dem Spiel am Bochumer Kuhhirten-Denkmal. Dazu hat die aktive Fanszene aufgerufen. Von dort aus laufen sie zum Stadion und kommen auch an der Statue von Graf Engelbert vorbei. Als dieser mit der freien Stadt Dortmund in Fehde lag, gelang es den Bauern aus Harpen mit Hilfe der Bochumer Junggesellen, das von den Dortmundern gestohlene Vieh zurückzuholen. Das war 1388 – also exakt 600 Jahre vor dem bislang letzten Pokalfinale mit Bochumer Beteiligung.

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(Foto: Firo Sportphoto)