3:0-Sieg bei Viktoria Berlin

Souveräner VfL: Der vergessene Zoller und die Systemfrage  

Bochums Kapitän war etwas überrascht. Als Anthony Losilla nach dem souveränen 3:0-Pokalerfolg bei Viktoria Berlin vom DFB als „Man of the Match“ ausgezeichnet wurde, wusste er gar nicht, wieso ausgerechnet ihm diese Ehre zuteil wurde. Gewiss, der Dauerläufer machte kein schlechtes Spiel, aber kein überragendes. An den Toren war er jedenfalls nicht beteiligt. Im Gegensatz zu Simon Zoller, dem Losilla die kleine Trophäe sehr gegönnt hätte. Denn der Angreifer erzielte das 1:0, leitete das 2:0 durch Takuma Asano mit ein und legte das 3:0 von Philipp Hofmann mustergültig auf. 

„Ich bin wieder da, fühle mich gut. Über Tore und Vorlagen freut sich jeder Offensivspieler am meisten“, war Zoller mit seiner eigenen Darbietung zufrieden. Auch mit der gesamten Mannschaftsleistung war der 31-Jährige im ersten Pflichtspiel der neuen Saison einverstanden: „Wir haben seriös gespielt, ohne große Aufregung. Die beiden frühen Tore haben uns Sicherheit gegeben.“ Der VfL ist also dabei, wenn am 4. September die zweite Pokalrunde ausgelost wird. Bis dahin konzentrieren sich die Bochumer allerdings voll und ganz auf die Bundesliga, die am kommenden Samstag mit einem Heimspiel gegen Mainz 05 beginnt.

Verändertes System

Gut möglich, dass Simon Zoller auch dann wieder in der Startformation steht. Erst auf den letzten Metern der Saisonvorbereitung hat sich der Publikumsliebling den Platz in der ersten Elf gesichert. Dabei hat der Angreifer von einer Systemumstellung profitiert, die wohl nicht nur dem unterklassigen Gegner im DFB-Pokal geschuldet war. Trainer Thomas Reis setzte am frühen Samstagnachmittag auf ein 4-2-3-1-System mit Zoller auf der rechten Angriffsseite. In der Vorsaison und auch zu Beginn der Vorbereitung spielte der VfL meist im gewohnten 4-1-2-2-1 mit zwei Achtern. Nun gibt es einen zweiten Sechser und einen Zehner. Personell ist das Team damit mutiger aufgestellt. Kevin Stöger, der neben Anthony Losilla auf der Sechs spielt, denkt und handelt offensiver als zum Beispiel Elvis Rexhbecaj; auch bei Takuma Asano auf der Zehn steht das eigene Angriffsspiel im Vordergrund.

Reis widerspricht jedoch bei dem Gedanken, dass sich seine taktische Marschroute damit generell verändern könnte. Er wolle variabel bleiben und das System da anpassen, wo es erforderlich sei, „weil wir auch andere Spielertypen dazugeholt haben.“ Die Offensive zulasten der Defensive zu stärken, sei für ihn keine Option. Das wäre für den Moment wohl auch kein kluger Gedanke. Denn obwohl das Spiel gegen Viktoria Berlin kein Gradmesser für den Liga-Alltag war, wurde deutlich, dass die neu formierte Abwehrreihe gerade zu Beginn auf noch mehr Unterstützung aus allen Mannschaftsteilen angewiesen ist. Ivan Ordets steigerte sich zwar deutlich, auch Neuzugang Jannes Horn machte bis zu seiner frühen, verletzungsbedingten Auswechslung ein gutes Spiel. Doch ganz sattelfest präsentierte sich die Viererkette gegen den eigentlich harmlosen Viertligisten nicht.

Zoller ist variabel einsetzbar

Vor allem Vasilios Lampropoulos hatte Probleme, das Tempo mitzugehen – ein Defizit, das schon in den Testspielen unübersehbar war. Dass ihn Erhan Masovic bis zum Spiel gegen Mainz noch aus der Startelf verdrängen wird, ist eher unwahrscheinlich, aber keineswegs ausgeschlossen. Qualität werde sich auf Dauer durchsetzen, sagte Thomas Reis nach dem Spiel in Berlin über die leichte Formkrise beim serbischen Innenverteidiger.

Während Masovic seinen sicher geglaubten Stammplatz in der Vorbereitung verspielt hat, zählt Simon Zoller klar zu den Gewinnern der zurückliegenden Wochen. Mehr als zehn Monate nach seinem Kreuzband kommt er langsam wieder in Fahrt. Auf die Frage, in welcher Rolle er sich in der neuen Saison sehen würde, antwortete Zoller am Samstag schlicht: „Auf dem Platz!“ Ob außen, als zweite Spitze oder gar hängend, sei nicht so entscheidend – zumal Zoller die Diskussion über das richtige System ohnehin nicht zu hoch hängen möchte: „Viktoria Berlin ist nicht Mainz und Mainz ist nicht Bayern München. Wir spielen nicht gegen jede Mannschaft gleich. Das war schon in der vergangenen Saison so.“ Zoller könnte dabei die Variable sein, die taktische Allzweckzwaffe in der Offensive – und vielleicht auch wieder der Mann des Spiels. Für Anthony Losilla war er das schon im Pokal.

(Foto: picture alliance)