Bochums Spielmacher

Einstellung versus Können: Die Causa Robert Zulj

Ein kleines Stückchen Stoff hatte am vergangenen Donnerstag durchaus Symbolkraft. Im Test gegen den 1. FC Köln trug ausgerechnet Robert Zulj die Kapitänsbinde. Der Spielmacher, den Trainer Thomas Reis im letzten Ligaspiel gegen Greuther Fürth komplett aus dem Kader gestrichen hatte, belebte die Bochumer Offensive und war an vielen gefährlichen Aktionen beteiligt. Auch wenn es nur ein Test war: Zulj sorgte für kreative Momente und genaue Zuspiele – all das, was gegen Fürth noch schmerzlich vermisst wurde. Sein Trainer setzte wieder auf ihn.

Wohl schlecht trainiert

Thomas Reis ließ trotz Nachfragen offen, warum er gegen Fürth freiwillig auf den zentralen Mittelfeldspieler verzichtet hat, sprach nur von „sportlichen Gründen.“ An den grundsätzlichen Fähigkeiten des Österreichers kann es nicht gelegen haben. Eher schon an dessen Trainingsleistungen. Zulj gilt als Spieler, der nicht unbedingt mehr tut als er muss. Der 28-Jährige saß schon gegen Würzburg nur auf der Bank, wurde gegen Aue spät eingewechselt, leitete in dieser Partie aber mit einem Tor den Heimsieg ein. Trotzdem durfte Zulj in der Folge nicht mehr spielen.

Klar ist: Trainer Thomas Reis bestraft Nachlässigkeiten in der Regel sofort, reagiert allergisch darauf, wenn ein Spieler nicht richtig mitarbeitet. Er will ein Team auf dem Platz sehen, in dem jeder für den anderen kämpft. Neben Robert Zulj gehörten auch Danny Blum und Silvere Ganvoula dreimal in Folge nicht zur Startelf. Sie sind gute Einzelspieler mit großem Potenzial, rufen ihr Können aber nicht immer ab. Sie verlassen sich zu sehr auf ihre vermeintliche oder tatsächliche Genialität, ihre Leistungsbereitschaft schwankt mitunter.

VfL braucht Kreativität

Das mag auch der Grund dafür sein, warum sie trotz ihrer Fähigkeiten (noch) nicht in der Bundesliga spielen. Reis schreckt vor solchen Profis jedenfalls nicht zurück. Er hat schon mehrfach Spieler von der Startelf auf die Bank oder auf die Tribüne verwiesen. Trotzdem ergibt sich daraus ein grundsätzliches Dilemma: Reis muss dann abwägen zwischen fußballerischem Können auf der einen und einer hohen Einsatzbereitschaft und taktischen Disziplin auf der anderen Seite. Im Zweifel verzichtet er dann auf potenzielle Leistungsträger.

Nur: Für eine anspruchsvolle Spielweise, für Tempo, Kreativität und Torgefahr stehen diejenigen, die stattdessen spielen dürfen, nicht unbedingt. Während Zulj, Blum und Ganvoula an guten Tagen den Unterscheid ausmachen können, stieß das Team gegen Fürth deutlich an seine Grenzen. Schon in Überzahl gegen Aue fehlten lange Zeit die Lösungen. Erst mit der Hereinnahme des genannten Trios ging der VfL in Führung. Auch gegen Würzburg taten sich die Bochumer schwer. Drei Tore gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten kaschierten nur die Probleme.

Reis muss Lösung finden

Die Frage ist: Wie kann sich Reis aus diesem Dilemma befreien und speziell die Causa Zulj lösen? Liegt es am Trainer, der den Spieler nicht zu Höchstform bringen kann? Oder liegt es vor allem an Zulj selbst, der nicht bereit ist, immer Vollgas zu geben? Reis muss einen gesunden Mittelweg finden, vielleicht auch Zugeständnisse machen. Der Trainer muss abwägen, ob er auf die Stärken seines vielleicht besten Fußballers tatsächlich verzichten kann – oder ob er gewisse Schwächen in Kauf nehmen kann. Die Tendenz zur Stunde ist klar: Zulj wird gegen Hamburg wieder spielen.

(Foto: Imago / Team 2)