Bochum verliert

Spiel vercoacht: Reis nach Niederlage selbstkritisch

Vor Saisonbeginn hat der VfL Bochum mithilfe einer Werbeagentur einen neuen Slogan entworfen. „Fußball, wie er sein sollte“ steht auf Bannern und Plakaten. Im Heimspiel gegen Greuther Fürth bot der Revierklub dagegen eher Fußball, wie er nicht sein sollte. Völlig verdient verlor das Team von Trainer Thomas Reis mit 0:2 und offenbarte dabei in allen Mannschaftsteilen erschreckende Defizite, sowohl taktisch als auch fußballerisch. Schon in der Anfangsphase spielten die Gäste den VfL fast schwindelig.

Im Mittelfeld viele Lücken

Einige Beobachter werden nach diesem Spiel wohl einsehen müssen, dass es etwas vorschnell war, den VfL nach zwei Siegen in Folge direkt zum Aufstiegskandidaten zu erklären. Die Probleme, die gegen Aue und Würzburg nur durch eine optimale Punktausbeute kaschiert wurden, waren gegen spielstarke Fürther unübersehbar. Die Franken waren stets einen Schritt schneller, kombinierten sich ohne Mühe durch das löchrige Bochumer Mittelfeld und haben schon in der ersten Halbzeit durch zwei Treffer für klare Verhältnisse gesorgt.

Der VfL ließ zugleich Ideen im eigenen Angriffsspiel vermissen. Präzision, Überraschungsmomente und Tempoverschärfungen fehlten dem Team. Auch der Trainer muss sich nach diesem Auftritt Kritik gefallen lassen. Ein funktionierender Plan war nicht erkennbar, die Bochumer Spielweise wie so oft durchschaubar. Der erste Gegner in dieser Saison, der anständigen Fußball bot, zeigte dem VfL die Grenzen auf. Was auffiel: Trotz offensichtlicher Mängel griff Reis nicht ein, reagierte in ersten Hälfte weder taktisch noch personell, erst in der Pause.

Kein Tempo nach vorne

Reis erklärte nach der Partie, dass es zur eigenen Strategie gehörte, „den Gegner tiefer aufzunehmen und das Zentrum kompakt zu halten.“ Das aber ist völlig misslungen. Zum einen waren die Abstände viel zu groß, weil Anthony Losilla und Raman Chibsah im Mittelfeld teils vogelwild agierten und überhaupt keinen Zugriff hatten. Zum anderen bleibt rätselhaft, wie sich Reis zumindest in der Theorie den eigenen Vorwärtsgang vorgestellt hat. In der Offensive mangelte es komplett an Schnelligkeit, gezielte Gegenstöße kamen deshalb nie zustande.

Dass Reis hinterher ausdrücklich „zu wenige Flanken“ monierte, ist zwar richtig, doch auch dafür trägt der Trainer die Verantwortung. Mit Danny Blum und Gerrit Holtmann saßen zwei klassische Flügelspieler lange Zeit oder komplett auf der Bank. Stattdessen durfte auf der linken Außenbahn erneut Milos Pantovic beginnen, der wieder einmal komplett enttäuschte. Immerhin: Reis scheut sich nicht davor, auch Selbstkritik zu üben. „Man hinterfragt sich natürlich. Gewisse Dinge muss ich auf meine Kappe nehmen“, sagte er, ohne ins Detail zu gehen.

Zulj nicht im Kader

Für Irritationen hatte schon vor dem Spiel die Tatsache gesorgt, dass mit Robert Zulj ein potenzieller Leistungsträger und einer der besten Fußballer beim VfL nicht zum Kader gehörte. Nach Vereinsangaben waren „sportliche Gründe“ dafür ausschlaggebend. Reis wollte das auf Nachfrage nicht präzisieren. Offenbar wurde Zulj für Nachlässigkeiten im Training bestraft. Angesichts der Ideenarmut im Bochumer Spiel wären Reis und Zulj gut beraten, schnell wieder zueinander zu finden. Denn Kreativität, Ballsicherheit und Genauigkeit werden dringend benötigt.

(Foto: Imago / Team 2)