Pressemitteilungen dieser Art gehen meist unter. Vor einigen Tagen gab der VfL Bochum bekannt, dass es ab sofort günstigere Tickets für Heimspiele gibt. Jugendliche zahlen auf den Sitzplätzen deutlich weniger als zuvor. Eine Kracher-Meldung ist das nicht. Doch das Bemerkenswerte: Die Idee dafür entwickelte sich beim Fanforum im Sommer, als Vereinsmitglieder und Dauerkarteninhaber zusammenkamen und diskutierten. Gelten solche Arbeitsgruppen in einigen Unternehmen als unproduktiv, haben sie beim VfL schon einiges bewegen können. Auch Anregungen zum Catering und zum Umweltschutz wurden aufgenommen und umgesetzt.
Pläne umgesetzt
Wer dieser Tage nach positiven Entwicklungen sucht, findet sie zwangsläufig eher im außersportlichen Bereich. Das erwähnte Fanforum ist dabei nur ein Teil einer echten Kommunikationsoffensive, die Ilja Kaenzig und Sebastian Schindzielorz bei ihrem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren entwickelt haben. Einen ersten Arbeitsplan dazu legte Kaenzig zur Mitgliederversammlung im Herbst 2018 vor. Und es blieb nicht bei vollmundigen Versprechungen, vieles davon wurde schon realisiert. Fanarbeit wird beim VfL Bochum wieder ernst genommen. Das bestätigen auch Mitarbeiter aus der Geschäftsstelle, die an verschiedenen Projekten mitwirken.
Beispiele dafür gibt es zuhauf. Etwa den Fiege-Fanabend, kein kritischer, aber ein launiger Talk in wechselnden Bochumer Kneipen, oder die Tour der Geschäftsführung. Kaenzig und Schindzielorz besuchen Fanclubs des VfL und stellen sich einer Diskussion. „Wir suchen aktiv den Dialog“, sagt Kaenzig, der den Bereich Kommunikation auch verantwortet. „Und wir wollen weiterhin jede Gelegenheit zum Austausch nutzen. Ich hoffe zum Beispiel, dass es auch in Zukunft noch Fanclubs gibt, die uns empfangen wollen.“ Weitere Ideen befinden sich zurzeit in der Umsetzung. „Wir wollen der erste deutsche Verein sein, der eine Abteilung für Fan- und Stadionkultur gründet“, berichtet Kaenzig.
Sein Ziel ist klar definiert: „Wir arbeiten gegen die Entfremdung im Fußball. Wir wollen Traditionen nicht vergessen, sondern pflegen.“ Auch das lässt sich belegen. Nach langer Pause wird am 25. Januar wieder der Otto-Wüst-Pokal stattfinden – ein Turnier, bei dem Ex-Profis gegen den Ball treten. Ohnehin ist das Ehemaligenmanagement ein Teil der Agenda. Kaenzig und sein Team wollen verlorengegangene Kontakte zurückgewinnen, um auch in der Gegenwart zu profitieren. Kurz vor Weihnachten kamen zahlreiche Vereinslegenden zu einer Auftaktveranstaltung zusammen. „Wer einmal für den Klub gespielt hat, soll immer Teil der Familie bleiben“, betont Kaenzig.
Bundesweit beliebt
Glaubt man der Fußballstudie der Universität Braunschweig für das Jahr 2019, haben all diese Maßnahmen konkrete Auswirkungen auf die bundesweite Wahrnehmung des VfL Bochum. Demnach landet der Revierklub beim jährlich ermittelten Markenindex aller Erst- und Zweitligisten auf Platz sieben von 36. Auch wenn die Fallzahl, also die Anzahl der befragten Personen, für eine solche Studie auffallend gering ist, hat kein Verein einen derart großen Sprung im Sympathie- und Bekanntheitsranking gemacht. Das ist umso bemerkenswerter, weil der Fußball, der geboten wurde, ganz sicher nicht dazu beigetragen hat.
(Foto: Imago / Team 2)