Die Köpfe gingen am Ende wieder nach unten. 80 Minuten lang führte der VfL Bochum im Heimspiel gegen den 1. FC Köln, kämpfte mit großer Leidenschaft und hoffte auf den ersten Saisonsieg. Doch kurz vor Schluss erzielte Linton Maina das längst überfällige 1:1. „Natürlich sind wir enttäuscht, weil der Ausgleich so spät fiel“, konnte sich Interimstrainer Heiko Butscher über den ersten Punkt am siebten Spieltag nur wenig freuen – und fand auch eine Erklärung für den späten Gegentreffer. „Wir mussten viele Spieler angeschlagen auswechseln. Dadurch haben wir etwas die Ordnung und den Zugriff verloren.“ Cristian Gamboa, Ivan Ordets und Tim Oermann humpelten in der Schlussphase vom Feld; mit Saidy Janko, Vasilios Lampropoulos und Erhan Masovic geriet der VfL noch mehr unter Druck.
Butscher stärkt die VfL-Defensive
Die Kölner wirkten insgesamt frischer, die Bochumer mit ihren Kräften überraschend schnell am Ende. „Der Ausgleich war verdient, das ist klar“, sagte Butscher. Der FC aus der Domstadt war schon in der ersten Halbzeit leicht spielbestimmend, nach der Pause noch deutlich mehr. Der VfL trat im ersten Spiel nach Thomas Reis deutlich kompakter auf als zuletzt und präsentierte sich als funktionierende Einheit, fand in der Vorwärtsbewegung aber nur selten statt und brachte in 90 Minuten keinen einzigen Ball direkt auf das gegnerische Tor. Benno Schmitz hatte den VfL nach neun Minuten mit einem Eigentor in Führung gebracht. Anschließend entwickelte sich aus Bochumer Sicht eine Abwehrschlacht, bei der erkennbar war, woran Heiko Butscher unter der Woche gearbeitet hat.
„Wir haben versucht, defensiv gut zu stehen, uns in jeden Ball hineingeworfen. Heiko hat Nuancen verändert, mehr nicht“, erklärte Kevin Stöger. Vier Startelfänderungen gab es, die meisten davon in der Defensive. Holtmann, Osterhage, Ordets und Bundesliga-Debütant Oermann rotierten ins Team. Alle drei machten ein ordentliches, zum Teil auch gutes Spiel. Vor allem die Hereinnahme von Tim Oermann überraschte. Der 19-Jährige erhielt im Sommer einen Profivertrag, nachdem er der A-Jugend, die von Butscher trainiert wird, entwachsen war. „Ich habe schon die ganze Woche damit geliebäugelt. Er hat sehr gut trainiert. Und ich finde, er hat das im Spiel sehr ordentlich gemacht“, lobte Butscher den Innenverteidiger, der in Bochum geboren, aufgewachsen und im Alter von neun Jahren zum VfL gewechselt ist.
Butscher begründete diese Entscheidung auch damit, dass es zuletzt keine eingespielte, stabile Abwehrreihe gab. Ob die Aufstellung des Interimstrainers allerdings Zukunft haben wird, steht in den Sternen. Butscher wird die Mannschaft in der jetzt anstehenden Bundesliga-Pause wieder abgeben. Der neue Übungsleiter wird den Kader dann neu bewerten. Der VfL hat für diese Woche Donnerstag ein Testspiel gegen Fortuna Düsseldorf vereinbart; ob diese Partie schon mit dem neuen Trainer an der Seitenlinie stattfinden wird, ist noch offen. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin gibt es einen aussichtsreichen Kandidaten, der weder Uwe Neuhaus noch Dimitrios Grammozis heißen soll. Beide Namen fielen zuletzt häufiger und hätten aufgrund ihrer Verwurzelung in der Region einen gewissen Charme.
Trennung von Reis kein Thema mehr
Gleichwohl geht es in erster Linie darum, einen Trainer zu finden, der in der Lage ist, die (begrenzten) Möglichkeiten dieser Mannschaft auszuschöpfen, der intern für Ruhe sorgt, der eine Spieldiee entwickelt und es schafft, die vielen erfahrenen Spieler genauso einzubinden wie junge Talente. Die Fans wird er zu Beginn auf jeden Fall auf seiner Seite haben. Nachdem es zu Wochenbeginn vor allem im Netz diverse Protest-Ankündigungen gab, spielte die Trennung von Thomas Reis im Stadion überhaupt keine Rolle mehr. Es gab weder Sprechchöre für oder gegen einzelne Person noch böse Plakate. Stattdessen gab es von der ersten Minute an lautstarke Unterstützung für die Mannschaft. Das ist angesichts der Tabellensituation und der Turbulenzen der vergangenen Wochen nach wie vor bemerkenswert.
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