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Meinung: Vier Kritikpunkte zur Bochumer Kaderplanung 

Der Plan der Bochumer Verantwortlichen ist aufgegangen. Am letzten Tag der Transferperiode ist es ihnen gelungen, noch zwei neue Offensivspieler von einem Wechsel an die Castroper Straße zu überzeugen. Michael Obafemi und Farid Alfa-Ruprecht tragen fortan das Trikot des Zweitligisten. Obafemi, 25 Jahre alt, kommt vom englischen Premier-League-Aufsteiger FC Burnley nach Bochum und soll vor allem als zweite Sturmspitze agieren. Der 19-jährige Alfa-Ruprecht von Bayer Leverkusen ist hingegen ein schneller offensiver Außenbahnspieler.

Hat der VfL somit alle Schwachstellen beseitigt? Anstelle der sonst üblichen Kolumne werfe ich heute in ausführlicherer Form einen kritischen Blick auf die Bochumer Kaderplanung. Vier Punkte, die aus meiner Sicht nicht gelungen sind…

1. Es fehlen zuverlässige Torschützen

In der Saisonvorbereitung wollten es die Verantwortlichen noch nicht hören, in den ersten fünf Pflichtspielen haben sie es selbst gesehen: Dieser Mannschaft fehlen Profis mit Durchschlagskraft. Hofmann ist der einzige Spieler mit nachgewiesener Torgefahr auf Zweitliganiveau, das ist allerdings schon drei Jahre her. Seither hat er selten geglänzt. Auch Sturmkollege Ibrahim Sissoko muss sich erheblich steigern. Dass er bis zum Saisonende zweistellig trifft, wäre nach den bisherigen Eindrücken eine Überraschung. Ohnehin zeigen Werte aus der Vergangenheit, dass neben seiner Arbeitsrate auch seine Chancenverwertung eher mäßig ist. Last-Minute-Einkauf Obafemi ist in der Vergangenheit ebenfalls nicht als Knipser aufgefallen. Vieles wird deshalb auch davon abhängen, wie sich die Mittelfeldspieler und Flügelspezialisten vor dem gegnerischen Tor präsentieren. Hier sind Onyeka, Bero, Holtmann, Kwarteng, Wätjen, Miyoshi, Pannewig und Alfa-Ruprecht gefordert, regelmäßig zu treffen. Kandidaten gibt es theoretisch genug.

2. Es fehlen echte Unterschiedsspieler

Mit 27 Spielern, die in erster Linie für die Profis eingeplant sind, ist der Kader des VfL Bochum breit aufgestellt und jede Position mindestens doppelt besetzt. Unumstrittene Stammspieler gibt es nur wenige. Das spricht einerseits für den Konkurrenzkampf, andererseits aber auch dafür, dass echte Leistungsträger und Unterschiedsspieler fehlen. Vor allem fehlt ein kreativer Mittelfeldspieler mit hoher Torbeteiligungsquote. Sicher: Onyeka kann die Rolle des Spielgestalters einnehmen, allerdings absolviert er gerade seine erste Saison als Profi. Die Erwartungen sollten also nicht zu groß sein, zumal das Mittelfeld ohnehin sehr jung ist. Andere Klubs mit einem vergleichbaren Etat haben auf dieser Position mehr Erfahrung bevorzugt. Beispiel Düsseldorf: Mit Muslija haben sie einen echten Zweitligaexperten dazugewonnen, der den Unterschied ausmachen kann – aus dem Spiel heraus wie bei Standards, einem Bochumer Problemgebiet. Unklar, ob der genannte Spieler zum VfL gewechselt wäre, finanziell wäre ein solcher Transfer aber möglich gewesen. 

3. Es fehlen stabile Zweitligaexperten

Trainer Dieter Hecking hatte im Mai „wenige Experimente“ auf dem Transfermarkt gefordert. Ob ihm dieser Wunsch erfüllt wurde, muss er selbst beantworten. Die nüchternen Fakten sorgen zumindest für Zweifel. Lediglich Vogt, Strompf, Rösch und Kleine-Bekel bringen Zweitligaerfahrung mit. Die drei Letztgenannten nur aus einer Spielzeit, Strompf und Rösch sind sogar abgestiegen. Die übrigen sieben betreten Neuland. Morgalla, Wätjen, Onyeka und Alfa-Ruprecht sind hochveranlagte Talente und im Normalfall künftige Bundesliga-Spieler, aber sehr jung und mit den Besonderheiten der umkämpften 2. Liga noch nicht vertraut. In Krisenzeiten brauchen sie stabile Nebenleute – doch arrivierte Kräfte wie Bero, Wittek oder Hofmann sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Clairicia, Sissoko und Obafemi kommen zudem in ein neues Land, ohne vorher länger überzeugt zu haben. Obafemi haben mehrere Trainer fehlende Professionalität vorgeworfen. Diese Eigenschaft muss er ablegen. Kurzum: Zu viele Transfers beruhen auf dem Prinzip Hoffnung.

4. Es fehlen künftige Verkaufskandidaten

Im Ligavergleich sind die Bochumer Transfereinnahmen viel zu niedrig. Um dies zu ändern, braucht es vielversprechende Spieler mit einem langfristigen Vertrag. Vor allem die Eigengewächse Lenz, Koscierski, Keumo und Pannewig fallen in diese Kategorie. Und von den elf Neuen? Im Grunde niemand. Neben Rösch besitzen auch die Leihspieler Morgalla, Onyeka, Wätjen, Alfa-Ruprecht und Obafemi nur einen Jahresvertrag. Nimmt man die Pressemitteilungen des VfL als Grundlage, gibt es in keinem Fall eine Kaufoption. Langfristige Verträge besitzen von den Zugängen nur Strompf, Clairicia und Kleine-Bekel. Strompf ist für einen Verkauf bereits zu alt und nicht gut genug. Clairicia ist zwar jung, aber kein Juwel. Bei Kleine-Bekel bleibt die Entwicklung abzuwarten. Auch mit Vogt und Ibrahim Sissoko wird der VfL keinen Gewinn machen. Das Kernproblem ist: Wer nicht bereit oder in der Lage ist, selbst eine moderate Ablöse für Neuzugänge zu zahlen, wird selten Spieler finden, die er gewinnbringend weiterverkaufen kann.


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(Foto: VfL Bochum 1848)