0:4 in Leipzig

Desolates Letsch-Debüt: „Es sah schrecklich aus“

Gab es in den Tagen nach dem Amtsantritt von Thomas Letsch wieder einen Hauch von Optimismus bei den Fans und Spielern des VfL Bochum, dann war dieser in Leipzig nach spätestens 23 Minuten schon wieder verflogen. Christopher Nkunku hatte gerade das 2:0 erzielt, und die Köpfe beim Tabellenletzten gingen kollektiv nach unten. Auf der Tribüne, auf dem Spielfeld. Es war nicht allein das (Zwischen-)Ergebnis, sondern vor allem das Auftreten, das für Enttäuschung sorgte. Völlig chancenlose Bochumer konnten am Ende froh sein, dass Leipzig nicht alle Großchancen genutzt und nur noch zwei weitere Tore nachgelegt hat. „Das hätte noch höher ausgehen können“, sagte Gerrit Holtmann nach der Partie und sprach den mitgereisten Anhängern aus der Seele: „Es sah wahrscheinlich schrecklich aus.“ 

In der Tat. Beim VfL funktionierte praktisch gar nichts. „Die Spielidee war nicht zu erkennen. Wir wollten attackieren, wollten schnell umschalten – waren aber zu zögerlich, ohne Handlungsschnelligkeit und spielerisch blockiert. Wir standen so tief wie noch nie, und haben hinten trotzdem nicht zumachen können. Das war nicht bundesligatauglich.“ Deutliche Worte von Holtmann wenige Tage nach dem Amtsantritt des neuen Trainers, dessen Plan nicht aufging und dessen Umstellungen eher kontraproduktiv waren. Der neue Cheftrainer des VfL Bochum hatte vor seinem Bundesliga-Debüt in Leipzig für mindestens eine große Überraschung gesorgt. Denn Spielgestalter Kevin Stöger, der wahrscheinlich beste Techniker im Kader und einer der wenigen Lichtblicke zuletzt, saß nur auf der Bank.

Hinten offen, vorne nur ein Torschuss

Letsch setzte auf eine recht defensive Formation mit einer Dreierkette hinten, drei absichernden Mittelfeldspielern davor und zwei Abwehrspielern auf den Außenpositionen. Auf dem Papier versprach das defensive Stabilität, auf dem Platz war davon aber nichts zu sehen. Die Abläufe passten nicht, die Fehlerquote war viel zu hoch. „Ich dachte, wir wären schon weiter“, sagte Letsch nach der Partie und sprach von einer „guten Trainingswoche.“ Als es aber zählte, lief der VfL den Gegner nicht konsequent an, ging kaum in die Zweikämpfe und ließ immer wieder Räume entstehen, die Leipzig nutzte. Auch im eigenen Ballbesitz waren die Bochumer völlig ideenlos. Es fehlten Anspielstationen. Die Folge: Erst in der 69. (!) Spielminute brachte der VfL den Ball zum ersten und zugleich letzten Mal auf das gegnerische Tor.

„Wir waren in allen Belangen unterlegen“, gestand Letsch in der Pressekonferenz, „das macht schon nachdenklich.“ Er werde auch seine eigenen Entscheidungen hinterfragen, verriet er später in kleiner Runde. Wobei Letsch schon zur Halbzeitpause Korrekturen vornahm. Sein Versuch, zu Beginn die Defensive zu stärken, indem er die Offensive personell ausgedünnt hat, scheiterte; es funktionierte beides nicht mehr. Auch der Ansatz, Simon Zoller und Gerrit Holtmann ohne Kevin Stöger, den ligaweit besten Vorlagengeber für Torschüsse, in Szene setzen zu wollen, ging vollends schief. Drei eher offensive Wechsel in der Pause, und insgesamt vier nach 45 Minuten, brachten allerdings auch keine Besserung. „Es lag an uns Spielern, nicht am Trainer“, bekräftigte Holtmann.

Gegen Frankfurt wieder mit Stöger

Lediglich für Stöger gab es ein Lob vom neuen Coach: „Wir haben ihn zunächst draußen gelassen, weil wir eher aggressive, laufstarke Spieler aufbieten wollten. Aber als er reinkam, hat er den Ball als einer von wenigen auch mal gefordert.“ Der Österreicher dürfte gegen Frankfurt ins Team zurückkehren. Ohnehin kündigte Letsch nach dem desolaten Debüt in Leipzig eine offensivere Gangart an. Ob er dabei erneut auf eine Dreierkette in der Abwehr setzt oder nicht, sei nicht so entscheidend, erklärten Trainer und Spieler gleichermaßen. „Ohne Mut geht es einfach nicht“, sagte Kapitän Anthony Losilla, der trotz der fast ausweglos erscheinenden Lage „nicht aufgeben möchte.“ Doch der Glaube an Besserung und die große Aufholjagd schwindet von Woche zu Woche.

(Foto: Firo Sportphoto)