Kommentar

Fans leben im Widerspruch – auch beim VfL Bochum

Es ist nur ein neuer Name, doch das gleiche Prinzip: Seit Montagabend verkauft der VfL Bochum ein „Wohnzimmer-Ticket“. Für 18,48 Euro gibt es eine nette Danksagung und einen Fanshop-Gutschein im Wert von 8,48 Euro. Schon zu Beginn der Corona-Krise gab es „Geisterspiel-Tickets“, es folgte ein Sondertrikot, das tausendfach verkauft wurde. Keine Frage: Das ist Marktwirtschaft, die funktioniert. Überhaupt kein Vorwurf an den VfL Bochum, der noch vergleichsweise zurückhaltend agiert und erst jetzt damit beginnt, die Grenzen auszutesten.

Fans im Widerspruch

Allerdings zeigen die Verantwortlichen, dass sie kein Problem damit haben, die Treue ihrer Anhänger zu nutzen und sie vor allem als Geldgeber sehen. Ins Stadion dürfen sie nicht – und vielen von ihnen blutet das Herz – trotzdem werden sie zur Kasse gebeten. Direkt wie indirekt. Denn wer alle neun Spiele sehen will, muss für die Fernseh-Übertragung mindestens 36 Euro einplanen. Dauerkarte, Aktionstickets, Sondertrikot, Pay-TV – das summiert sich. Einige Fans lassen sich verführen, während die Spieler auf läppische 10 bis 15 Prozent ihrer Gehälter verzichten.

Bevor es jetzt wütende Reaktionen gibt: Dieser Kommentar dient nicht dazu, irgendwen zu belehren. Jeder Mensch setzt andere Prioritäten, das ist vollkommen in Ordnung. Nur leben viele Fans in einem Widerspruch, den sie vielleicht gar nicht bemerken. Liebe macht manchmal blind. Einerseits prasselt auf die Bundesliga viel Kritik ein, der Wunsch nach Veränderung ist groß. Aber andererseits tragen viele Anhänger dazu bei, dass dieses System auch in und nach der Krise exakt so erhalten bleibt. Viele Anhänger reflektieren das gar nicht.

Keiner zieht den Stecker

Doch Fakt ist: Das Geld für hohe Gehälter oder Ablösesummen fällt nicht vom Himmel. Fußball-Fans in ganz Deutschland haben es in der eigenen Hand, die Branche zum Wandel zu zwingen, wenn sie es wirklich wollen. Nur sie haben die Macht, aber kaum einer zieht den Stecker. Das ist sogar einfach zu erklären: Die Verbundenheit zum eigenen Klub ist so groß, dass sie alles dafür tun, ihn angeblich zu retten. So denken die Fans überall, nicht nur in Bochum. Damit dreht sich das Rad aber immer weiter, nichts wird sich ändern. Die Vereine freuen sich und zählen fleißig ihr Geld.

(Foto: Fabian Budde)