1:1 in Kiel

Wegweisende VfL-Woche: Magdeburg, Manager und Moneten

Mit seiner abergläubischen Art weckt Uwe Rösler Erinnerungen an Peter Neururer. Der frühere VfL-Trainer betrat das Holstein-Stadion in Kiel trotz winterlicher Temperaturen einst mit Sandalen ohne Socken, weil er der Meinung war, dass die Kleidung aus der vorherigen Pokalrunde Glück bringen würde. Ähnlich denkt auch Rösler, der in seinem zweiten Spiel für die Bochumer erneut mit kurzer Hose an der Seitenlinie coachte, trotz Regen und steifer Brise. Es hat ja Glück gebracht im Heimspiel gegen Hertha BSC. Immerhin: Rösler bleibt ungeschlagen. Den Störchen trotzte seine Mannschaft am Samstagnachmittag ein 1:1 ab. Es ist das erste Unentschieden für den VfL in dieser Saison nach zwei Siegen und sieben Niederlagen. Angesichts der nach wie vor prekären Tabellensituation ist das Remis ein Gewinn – trotz des Ausgleichstreffers in der Schlussphase. Francis Onyeka hatte zuvor per Elfmeter für die Führung gesorgt.

Vertretbarer Elfmeter

Der Strafstoß war auf den ersten Blick strittig, bei genauerem Hinsehen aber regelkonform, weil Cajetan Lenz am Fuß getroffen wurde. Lenz, auf den Rösler große Stücke hält, war für Kjell Wätjen ins Team gerückt. Onyeka musste deshalb auf die rechte Außenbahn ausweichen – eine Idee, die nur teilweise aufging. Bochums Torschütze und Mann der Stunde hatte defensiv einige Probleme in einer 4-2-3-1-Formation gegen und einem 4-3-3-System mit dem Ball. Der Plan von Rösler: Kompakt stehen und das Spielfeld klein halten. Erneut überließen die Bochumer ihrem Gegner den Ball und lauerten auf Umschaltmomente. Letzteres gelang aber nur selten, generell brachte der VfL offensiv nur wenig zustande. Nach einer höhepunktarmen ersten Halbzeit nahm die Partie erst mit dem Foul an Lenz im Kieler Strafraum Fahrt auf. Onyeka verwandelte den fälligen Elfmeter souverän. Doch das Tor gab dem VfL keine Sicherheit.

Die Hausherren dominierten fortan das Spiel, erspielten sich die bessere Torchancen und belohnten sich dafür spät mit dem Ausgleich. Bester Bochumer war abermals Torwart Timo Horn, der das Unentschieden festhielt. Was ebenfalls auffiel: Nur mit taktischem Geschick ließen sich die Tempodefizite in der Abwehrreihe ausgleichen. Und: Erneut verlor der VfL in der Schlussphase die Ordnung; die vielen und teilweise sogar offensiven Wechsel waren wohl eher kontraproduktiv. „Wir selbst hatten gute Kontermöglichkeiten, wo wir mit dem letzten Pass zu schlampig waren. Da wäre noch mehr drin gewesen“, analysierte Rösler und erklärte: „Hintenheraus war der Plan, offensiv nachzulegen, weil wir das Spiel gewinnen wollten. Dadurch haben wir es den Kielern aber zu einfach gemacht, zu Torchancen zu kommen.“ Was eine wichtige Erkenntnis ist für die anstehende, sehr wegweisende Woche aus Bochumer Sicht.

Zwei wichtige Spiele

Am Dienstag geht es im DFB-Pokal zum Bundesligisten nach Augsburg, fünf Tage später empfängt der VfL den 1. FC Magdeburg zum Kellerduell der 2. Liga. Gegen den direkten Tabellennachbarn stehen die Bochumer gehörig unter Zugzwang. Scheitern sie, droht der Absturz auf den letzten Platz; gewinnen sie, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der VfL die Abstiegsränge in absehbarer Zeit verlässt. Die Partie in Augsburg ist vor allem aus finanzieller Perspektive von Bedeutung. Ein Weiterkommen würde den Bochumern eine Prämie von gut einer Million Euro in die Kasse spülen, die in der Saisonplanung nicht vorgesehen war. Damit ließen sich auch Wintertransfers realisieren, um Qualitätslücken im Kader zu schließen. Dass es die gibt, ist unübersehbar. Vor allem im Sturmzentrum fehlt eine Alternative zu Philipp Hofmann; auch die linke Abwehrseite und die rechte offensive Außenbahn sind nicht optimal besetzt.

Wer diese Transfers vorbereiten und finalisieren soll, ist noch offen, soll aber zeitnah geklärt werden. Johannes Waigand, Kadermanager und engster Vertrauter von Ex-Sportgeschäftsführer Dirk Dufner, wurde kürzlich beurlaubt. Stattdessen wird Simon Zoller Teil eines Kompetenzteams, ebenso wie Klubjurist Jonas Schlevogt. Zoller soll einen engen Draht zur Mannschaft pflegen, Schlevogt die Verhandlungen führen. Für die möglichst optimale Spielerauswahl soll ein Daten-Spezialist eingestellt werden. Einen klaren Sportchef oder einen zweiten Geschäftsführer wird es wahrscheinlich nicht geben. Die medial gehandelten Namen sind jedenfalls nicht (mehr) in der engeren Verlosung. Maximilian Hahn von West Ham United ist zu teuer, Leverkusens Bernd Korzynietz war nie wirklich ein Kandidat. Verantwortlich für die Gespräche ist Ilja Kaenzig. Die Idee für die neue Struktur kommt aber vor allem vom Präsidium.


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(Foto: Imago / Ole Jacobsen)