Stand der Dinge

Millionenverlust? VfL-Boss Kaenzig zur Corona-Krise

Auch die Führungskräfte des VfL Bochum halten Abstand voneinander. Wenn sich die Mitglieder der Vereinsführung derzeit beraten, dann vor allem telefonisch. Täglich tauschen sie sich aus. Die zentralen Fragen lauten: Was ist in der Corona-Krise zu tun? Wie fängt der Revierklub die drohenden Verluste in Millionenhöhe auf? „Wir spielen alle Szenarien und alle möglichen Maßnahmen durch“, sagt Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung, auf Nachfrage. Denn wann und ob die Saison überhaupt fortgesetzt werden kann, ist weiter ungewiss.

Zuschauereinnahmen fehlen

Im Kern geht es um drei Szenarien. Möglichkeit eins: Die Saison wird mit Geisterspielen fortgesetzt und der VfL schafft sportlich den Klassenerhalt. Möglichkeit zwei: Es geht weiter, aber der VfL steigt in die dritte Liga ab. Und Möglichkeit drei: Die Spielzeit wird abgebrochen, der VfL bliebe also zweitklassig. Die Tabelle würde eingefroren oder alle Ergebnisse annulliert. Klar ist schon jetzt: In jedem dieser Szenarien würde es für den VfL Bochum finanzielle Einbußen geben – in dem einen Fall mehr, in dem anderen weniger.

Planbar ist schon jetzt, dass weitere Zuschauereinnahmen ausbleiben werden. Vier Heimspiele hätte der VfL in dieser Saison noch zu absolvieren. Wenn überhaupt, dann werden sie vor leeren Rängen stattfinden. Eingeplant waren Einnahmen von rund 4,5 Millionen Euro aus 17 Partien. Umgerechnet wird der VfL wohl mehr als eine Million Euro verlieren. Gerüchte darüber, dass die Mitarbeiter deshalb in Kurzarbeit geschickt werden, um die Kosten zu senken, dementiert Kaenzig: „Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass wir das prüfen müssen. Eine Entscheidung steht noch aus.“

Rückforderungen der Sponsoren

Ohnehin betont er, dass konkrete Aussagen derzeit kaum möglich seien: „Ich verstehe, dass von uns Antworten erwartet werden. Aber das ist so kurzfristig und in dieser ungewissen Lage gar nicht so leicht.“ Nicht nur der VfL befinde sich in einer „Ausnahmesituation. Und daran gemessen leisten wir intern gute Vorarbeit.“ In einigen Fällen sei erst dann eine Entscheidung möglich, wenn klar ist, wie es sportlich weitergeht. Die Vertreter der 36 Erst- und Zweitligisten treffen sich am 30. März wieder. Der Spielbetrieb pausiert offiziell bis Anfang April, die nächste Auszeit wird folgen.

Zu hören ist dieser Tage von verschiedenen Optionen, die Saison doch noch zu beenden, etwa in einem Turniermodus im Juni. Ein Abbruch soll unbedingt vermieden werden, denn die wirtschaftlichen Auswirkungen wären gewaltig. Kaenzig spricht von „Regressansprüchen der Sponsoren. Wir werden dann zurückzahlen müssen.“ Zur Orientierung: Der VfL hat in diesem Bereich mit Einnahmen von rund 11,4 Millionen Euro kalkuliert. Ein Teil davon, der noch definiert werden muss, würde wegbrechen. Die größten Verluste drohen allerdings in einem ganz anderen Bereich.

TV-Geld droht wegzubrechen

Würden insgesamt neun Spieltage ersatzlos entfallen, kann der Ligaverband die sogenannten Fernsehgelder vermutlich auch nicht mehr überweisen. Etwas mehr als 15 Millionen Euro erhält der VfL aus diesem Topf, es ist der größte und wichtigste Posten in der Bilanz. Etwa ein Viertel davon könnte am Ende fehlen. „Das liegt aber nicht in unserer Hand“, sagt Kaenzig. „Die DFL versucht, den Schaden für die Klubs so gering wie möglich zu halten.“ Das erklärt auch, warum der Ligaverband auf Zeit spielt. Die Hoffnung, die Saison fortsetzen zu können, ist nicht groß, aber sie lebt noch.

Bochums Chefcoach Thomas Reis kann deshalb nur kurzfristig planen. Die Trainingspause wurde nun bis zum 29. März verlängert. Seine Spieler haben individuelle Übungspläne erhalten. Wann ein Mannschaftstraining wieder möglich sein wird, ist nicht absehbar. Bundesweit gibt es immer mehr Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren. Der Ausnahmezustand könnte also noch länger anhalten. Deshalb spricht auch Ilja Kaenzig nicht nur über Zahlen, sondern über das große Ganze: „Wichtig ist, dass wir alle gesund bleiben.“  

(Foto: Imago / Team 2)