Eigentlich war alles vorbereitet. Christopher Antwi-Adjei stand beim VfL Bochum kurz vor einer Vertragsverlängerung. Der Flügelspieler wäre in seine vierte Saison mit dem Revierklub gegangen. Doch nun ist klar: Die Wege trennen sich in diesem Sommer. Der VfL hat sein Angebot zurückgezogen. Der Grund: Trainer Peter Zeidler, der seit Wochenbeginn bei der Kaderplanung mitsprechen darf, sieht Antwi-Adjei nach einer gemeinsamen Analyse mit den VfL-Verantwortlichen eher nicht als Stammspieler. Das Problem: Diese Rolle würde nicht zur Gehaltsklasse passen, in der Antwi-Adjei gelandet wäre. Die Mittel des VfL sind bekanntlich begrenzt, Ersatzspieler dürfen nicht allzu viel kosten. Die Verantwortlichen haben deshalb beschlossen, das Budget anderweitig einzusetzen und den Kaderplatz neu zu besetzen.
Elfter Abgang
Somit endet nach drei Jahren und 86 Pflichtspielen im VfL-Trikot ein weiteres Vertragsverhältnis; Antwi-Adjei ist bereits der elfte Abgang in diesem Sommer. Die Wende im Vertragspoker kam für den 30-Jährigen unerwartet. Im Gegensatz zu Kevin Stöger, Takuma Asano und vielen anderen hat ihn der VfL am Saisonende nicht offiziell verabschiedet. Die Spielerseite, also Antwi-Adjei und sein Berater, sind enttäuscht, allerdings auch nicht ganz unschuldig an der Situation. Der VfL hat dem flinken, aber oft zu ineffizienten Offensivspieler bereits vor Monaten ein erstes Vertragsangebot vorgelegt. Dieses hat Antwi-Adjei abgelehnt, offensichtlich aufgrund der ungeklärten Ligazugehörigkeit. Nun muss er gemeinsam mit seinem Berater auf Vereinssuche gehen – und der VfL eine weitere Lücke in seinem Kader füllen.
Gesucht wird in fast allen Mannschaftsteilen, Priorität genießen aber das zentrale Mittelfeld und der Angriff. Ein neuer Verteidiger soll im ersten Schritt trotz der Abgänge von Keven Schlotterbeck und Danilo Soares sowie 74 Gegentreffern in der vergangenen Saison zunächst nicht kommen – aus Kostengründen. Die begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel sollen zunächst für andere Positionen genutzt werden. Mit Felix Passlack und Cristian Gamboa für die rechte Seite, Maximilian Wittek und Bernardo für die linke sowie Ivan Ordets, Erhan Masovic, Tim Oermann und Noah Loosli für die Zentrale sehen sich die Verantwortlichen zumindest quantitativ gut gerüstet, zumal Bernardo auch innen und Oermann außen verteidigen kann. Erst im Falle weiterer Einnahmen würde der VfL in der Abwehr noch einmal aktiv werden. Den Bedarf einer qualitativen Verbesserung auf dieser Position haben Lettau und seine Mitstreiter jedenfalls erkannt, alle Wünsche lassen sich zu Beginn der Transferperiode aus wirtschaftlichen Gründen aber noch nicht erfüllen.
24 Feldspieler
Im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin bekräftigte Sportdirektor Marc Lettau in dieser Woche, auf ein 18+6-Modell zu setzen. Das bedeutet: Der Kader soll künftig aus 18 potenziellen Stammkräften sowie sechs Perspektivspielern bestehen, wobei hier lediglich die Feldspieler einberechnet sind. Auf der Torhüterposition herrscht durch die Abgänge von Andreas Luthe und Michael Esser sowie die Situation rund um Manuel Riemann wahrscheinlich ebenso Handlungsbedarf. Eine Rückkehr von Riemann ins Bochumer Tor ist nach jetzigem Stand ziemlich unrealistisch, ein klärendes Gespräch zwischen den Verantwortlichen und dem Torwart steht aber noch aus.
So oder so: Die Mannschaft des VfL Bochum wird sich deutlich verändern. Die Gerüchteküche ist voll von Namen potenzieller Neuzugänge, wobei Vorsicht geboten ist. Teilweise werden Gerüchte gezielt lanciert, um Spieler bekannter oder teurer zu machen. Immerhin: Die Quote der Spieler, mit denen sich der VfL tatsächlich näher befasst, ist aktuell höher als an anderen Fußball-Standorten. Georgios Masouras von Olympiakos Piräus und Sekou Koita von RB Salzburg stehen tatsächlich auf der Kandidatenliste des VfL. Das bedeutet aber nicht, dass ein Transfer unmittelbar bevorsteht. An beiden Spielern sind auch andere, womöglich zahlungskräftigere Klubs interessiert, vor allem an Koita. Bei Masouras wiederum könnten nach seinem Tor und einer guten Leistung im Freundschaftsspiel der griechischen Nationalmannschaft gegen Deutschland plötzlich ganz neue Interessenten anklopfen.
Ersatz für Stöger
Nicht wesentlich anders läuft das Tauziehen um den neuen Denker und Lenker im Bochumer Mittelfeld, der in die großen Fußstapfen von Kevin Stöger treten soll. Dabei haben die Verantwortlichen um Sportdirektor Marc Lettau schon im Winter, als Stöger zu Union Berlin wechseln wollte, einen vielversprechenden Spieler aus dem europäischen Ausland als Kandidaten auserkoren. Tief im Westen – Das VfL-Magazin kennt den Namen, doch auch hier gibt es Konkurrenz, die durch eine öffentliche Erwähnung weiter zunehmen könnte. Zudem hat der Spieler keinen Handlungsdruck, in den nächsten Tagen einem Wechsel nach Bochum zuzustimmen. Generell könnten sich einige Transfers noch in die Länge ziehen. Beim Trainingsauftakt am 1. Juli sollen die ersten Neuzugänge natürlich schon dabei sein, alle anderen Kaderlücken könnten womöglich erst danach besetzt werden. Das Trainingslager beginnt am 28. Juli, die Saison mit dem Pokalspiel in Regensburg drei Wochen später. Am 30. August und damit zwei Tage früher als zuletzt endet die Wechselperiode.
Bis dahin muss auch geklärt sein, wie es mit den Leihspielern weitergeht, speziell mit Jordi Osei-Tutu und Gerrit Holtmann. Die beiden schnellen Außenbahnspezialisten stehen noch bis 2025 beim VfL unter Vertrag. Für beide verlief die abgelaufene Saison relativ enttäuschend. Osei-Tutu spielte seit Januar in Griechenland, Holtmann zunächst in der Türkei und später dann in Darmstadt. Osei-Tutu haben die Bochumer Verantwortlichen bereits einen endgültigen Wechsel nahegelegt. Holtmann dagegen soll in der Saisonvorbereitung eine neue Chance erhalten. Nutzt er diese nicht, würde der VfL ebenfalls eine Trennung anstreben. Denn für einen Reservistenrolle ist der Fanliebling – ähnlich wie Antwi-Adjei – definitiv zu teuer.
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(Foto: Marc Niemeyer)