Kader im Wandel

VfL im Umbruch: Viele Aufstiegshelden sind schon weg

Wer es nach mehr als einem Jahrzehnt geschafft hat, den VfL zurück in die Bundesliga zu führen, bleibt in Bochum unvergessen. Spieler wie Manuel Riemann, Anthony Losilla oder Robert Tesche genießen Heldenstatus in der Stadt. Simon Zoller und Robert Zulj begeisterten die Fans als „ZZ Top“, der junge Abwehrverbund mit Maxim Leitsch und Armel Bella Kotchap sogar die Scouts anderer Klubs. Ein echtes Team, eine verschworene Einheit hat den VfL im Mai 2021 zurück in die Bundesliga gebracht.

Nur ein Quintett ist noch da

Doch das Gesicht der Mannschaft hat sich mittlerweile deutlich verändert. Die Spieler aus der Aufstiegsmannschaft sind klar in der Minderheit. Nur fünf Profis aus dem Kader der Saison 2020/21 stehen auch heute noch beim VfL Bochum unter Vertrag: Kapitän Anthony Losilla, Torhüter Manuel Riemann, Defensivspezialist Erhan Masovic sowie die beiden Außenverteidiger Cristian Gamboa und Danilo Soares. Viele andere, auch Leistungsträger aus der Aufstiegself, haben sich dagegen längst verabschiedet.

Zulj ist bereits unmittelbar nach den Feierlichkeiten in die Emirate weitergezogen; Tesche, Pantovic, Blum, Bella Kotchap und Leitsch verließen den Klub nach dem Klassenerhalt im ersten Jahr, Trainer Reis und Manager Schindzielorz ebenso. Die meisten von ihnen waren oder fühlten sich zu Höherem berufen, bei anderen ließ die Leistungsfähigkeit nach. In diesem Sommer folgten Simon Zoller, Gerrit Holtmann und Vasilios Lampropoulos – ein Beleg dafür, dass im Fußball die Gegenwart zählt, nicht die Vergangenheit.

Emotionaler Abschied von Zoller

Speziell Simon Zoller hat den Klub geprägt, nicht nur auf dem Platz, auch daneben als einer der Wortführer in der Kabine und als Identifikationsfigur bei Fans und Sponsoren. Kaum eine Werbekampagne des Klubs kam ohne ihn aus, zum Abschied gab es ein emotionales Video. „Ich habe mit Zolli zusammengespielt und weiß um den Wert, den er für Mannschaft und Verein hatte. Er war ein wesentlicher Faktor in unserer Aufstiegssaison,“ kommentierte Sportchef Patrick Fabian den Wechsel zum FC St. Pauli.

Doch der Ex-Profi darf in seinem Job nicht die Emotionen siegen lassen. Zoller war, ebenso wie Holtmann, zuletzt nur noch (ein teurer) Reservist, beide drängten auf einen Transfer. „Es gibt immer Spieler, die Phasen prägen und den Erfolg maßgeblich mitgestalten“, ergänzte Fabian zu Wochenbeginn in der YouTube-Reihe Anne Castroper – der VfL-Talk. „Spieler wechseln dann aber auch, weil sie sich verbessern wollen oder weil es irgendwann an die Substanz und an die Leistungsfähigkeit geht, allein aus Altersgründen.“

Spieleretat mehr als verdreifacht

Fabian und Sportdirektor Marc Lettau möchten den Kader verjüngen – und natürlich verbessern. Der Spieleretat lag im Aufstiegsjahr bei rund 12 Millionen Euro, nun sind es rund 40 Millionen Euro. Das bietet die Chance, bei Neuverpflichtungen in ein höheres Regalfach zu greifen, auch zum Nachteil der verbliebenen Aufstiegshelden. Gamboa hat seinen Startelfplatz an Felix Passlack verloren, Soares an Maximilian Wittek. Beide waren jahrelang Stammspieler, aktuell bleibt ihnen nur ein Platz auf der Ersatzbank.

Unklar also, ob ihre Zukunft weiter in Bochum liegt. Die Verträge von Gamboa und Soares laufen im kommenden Sommer aus. Gamboa wird im Oktober 34 Jahre alt, Soares feiert wenige Tage später seinen 32. Geburtstag. Auch Losilla ist nur noch bis Mitte 2024 an den VfL Bochum gebunden, wobei der Kapitän weiter Stammspieler bleibt und noch kein passender Nachfolger in Sicht ist. Auch Manuel Riemann dürfte seinen Platz im Tor so schnell nicht verlieren, sein Vertrag läuft ohnehin noch bis 2025.

Neue Fanlieblinge und Wortführer

Dennoch: Der Umbruch wird weitergehen, alte Identifikationsfiguren verschwinden, neue entwickeln sich. Dazu passt, dass die Verantwortlichen in diesem Sommer großen Wert darauf gelegt haben, dass die Neuzugänge bereit sind, eine emotionale Verbindung zum VfL aufzubauen. Nicht nur für die Außenwirkung ist das von Bedeutung, für das Klima innerhalb der Kabine sind charakterliche Eigenschaften ebenso wichtig. Denn auch da verändert sich einiges, wenn die Aufstiegshelden als Wortführer allmählich verschwinden.  


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(Foto: Marc Niemeyer)