Monat der Entscheidung

Jetzt oder nie? Warum Bochum aufsteigen muss

Lange haben sie sich geziert. Monatelang haben Trainer wie Spieler um den heißen Brei herumgeredet. Niemand hat vom „Aufstieg“ gesprochen, obwohl jeder wusste, dass sie alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: endlich (wieder) in die Bundesliga zu kommen. Doch seit einigen Wochen geht der VfL Bochum nicht nur auf dem Platz in die Offensive. Thomas Reis spricht auch öffentlich von „einem Traum, den wir verwirklichen wollen.“

Klar ist: Die Erwartungshaltung ist gestiegen. Der VfL steht seit neun Spieltagen ununterbrochen auf Platz eins. So kurz vor dem Ziel möchte niemand scheitern. Die Enttäuschung wäre groß. Die Skepsis, die hier und da noch zu spüren ist, ist eng mit der Vereinshistorie verknüpft. Aber auch Zukunftssorgen sind damit verbunden. So gibt es mehrere Gründe, warum der VfL den Aufstieg jetzt nicht mehr verspielen sollte. Denn…

…niemand weiß, ob eine solche Chance noch einmal kommt: Zehn Jahre liegt die verlorene Relegation gegen Mönchengladbach nun zurück. Seither ist der VfL dem Aufstieg nie mehr so richtig nahegekommen. Platz fünf war das höchste der Gefühle. Meistens sind die Bochumer im Mittelfeld oder in der Abstiegszone gelandet. In der Zwischenzeit sind manche Traditionsvereine sogar aus der 2. Liga verschwunden. Einen Automatismus, im kommenden Jahr erneut oben mitzuspielen, sollte der Aufstieg scheitern, gibt es nicht, denn…

…der VfL hat Profis, die sonst auf einen Abgang drängen: In dieser Saison hat der VfL eine Mannschaft beisammen, die gut harmoniert und viel Qualität mitbringt. Im Falle des Nicht-Aufstiegs würde es wohl einige Spieler geben, die dann mit einem anderen Verein in der Bundesliga spielen wollen. Kandidaten gibt es mehrere, vor allem Maxim Leitsch und Armel Bella Kotchap. Aufgrund der Vertragssituation hat es der VfL zum Glück in der Hand eigenen Hand. Aber: Abgänge von Stammspielern wären auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht auszuschließen, denn…

…finanziell hätte der Nicht-Aufstieg womöglich Folgen: Der Umsatzrückgang durch die Corona-Pandemie wird bis Ende Juni 2021 mindestens neun Millionen Euro betragen. Weitere Verluste sind abzusehen. Allein die Einnahmen aus dem TV-Topf würden mit dem Aufstieg exorbitant steigen. Mehr als 28 Millionen Euro bekäme der VfL garantiert, unabhängig von Fünfjahreswertungen oder anderen Faktoren. Als Zweitligist wäre es nicht einmal ein Drittel dessen. Jetzt aufzusteigen, könnte perspektivisch auch ein Wettbewerbsvorteil sein, denn…

…die 2. Liga wird immer mehr zum Auffangbecken für Traditionsklubs: Schon jetzt ist klar, dass sich der kommenden Saison viele namhafte Vereine in der 2. Liga tummeln werden. Neben Schalke sind Nürnberg, Hannover und St. Pauli dabei, womöglich auch Düsseldorf und Hamburg. Aus der 3. Liga könnten Dresden, Rostock und 1860 München dazukommen. Außerdem wird es mindestens einen weiteren prominenten Bundesliga-Absteiger geben. Aus dieser Liga sollte der VfL entkommen. Dies zu schaffen, ist jedoch gar nicht so schwer, denn…

…die Aussichten dafür sind fabelhaft: Sollte Holstein Kiel am Dienstag gegen Sandhausen und am Freitag gegen St. Pauli verlieren, könnte der VfL den Aufstieg schon am kommenden Sonntag mit einem Sieg gegen Regensburg perfekt machen. Und selbst wenn nicht, dann eben eine Woche später auswärts in Nürnberg. Rein rechnerisch benötigt der VfL – Stand jetzt – zwar noch sieben Punkte zum sicheren Aufstieg. In der Realität reichen vermutlich auch weniger.

(Foto: Eibner)