Mehr als 1.500 Bochumer waren mit nach München gereist. Weil sie die Zeit in der Bundesliga genießen wollen, weil das Spiel beim FC Bayern einen besonderen Reiz hat – und natürlich, weil sie auf ein historisches Resultat hofften. Das war dann auch der Fall, nur ganz anders als gewünscht. Mit 0:7 unterlag der VfL beim Rekordmeister. Es war die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte. Die Fans im Gästeblock nahmen es mit Humor. „Wir sind besser als der S04“, sangen sie am Ende. Schalke hatte in der Vorsaison mit 0:8 in der Allianz-Arena verloren.
„Die einzigen, die heute performt haben, waren unsere Fans“, bedankte sich Angreifer Sebastian Polter stellvertretend für die Mannschaft. Viel mehr sagte er nicht, das Ergebnis sprach für sich. Der VfL Bochum war in allen Bereichen unterlegen und an diesem Tag, in diesem Spiel nicht bundesligatauglich. „Die erste Viertelstunde war noch ganz in Ordnung“, sagte Trainer Thomas Reis in seiner Spielanalyse. „Doch dann geraten wir durch einen Freistoß ins Hintertreffen und die Dinge nehmen ihren Lauf.“
Nur noch halbherzig verteidigt
Ein abgefälschter Schuss führte zum 0:2, ein Konter zum dritten und ein Eigentor von Vasilios Lampropoulos zum vierten Gegentreffer, alles noch vor der Pause. Die Bayern waren stets einen Schritt schneller, in den Köpfen und mit den Beinen. Der VfL verteidigte mit zunehmender Spieldauer nur noch halbherzig, die Mannschaft ergab sich ihrem Schicksal. Beim 0:5 und 0:6 konnten die Münchner im Strafraum ungestört kombinieren, und auch beim siebten Streich hielten alle Bochumer die Abstandsregeln vorbildlich ein.
„Wenn man die Gegentore im zweiten Durchgang sieht, können wir froh sein, dass wir nur sieben Stück bekommen haben“, sagte Reis. Am Mikrofon von Sky wurde er besonders deutlich: „Ich bin maßlos enttäuscht und schäme mich auch, für die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte mitverantwortlich zu sein.“ Ein 0:6 gab es schon dreimal, zuletzt 2006, ein 1:7 genau einmal, 1994 gegen Mönchengladbach. Mit 0:7 hatte der VfL aber noch nie verloren. Die schlimmsten Befürchtungen, dass der Aufsteiger in München untergehen könnte, bewahrheiteten sich.
Defizite vorne wie hinten
Dass quasi jeder Spieler, der nach der historischen Pleite ein Interview gab, betonte, dass man „aus den Fehlern lernen“ müsse, ist zwar richtig, wiederholt sich nun aber Woche für Woche. „Wir müssen lernen, viel konsequenter zu sein. Das bedeutet: Im eigenen Sechzehner konsequenter zu verteidigen, aber auch vorne die Chancen konsequenter zu nutzen“, sagte etwa Manuel Riemann. Auch wenn das Spiel in München nicht der Maßstab sein darf, sind einige Defizite nach fünf Spieltagen unübersehbar, die Fehler ähneln sich. Das gilt, wie Riemann andeutet, für alle Mannschaftsteile.
Der Torhüter ist einer der wenigen, der durchweg gute Leistungen zeigt. Nach dem Spiel in München verbietet sich fast eine Einzelkritik, doch speziell in der Abwehr muss Reis dringend an den Schwächen arbeiten. Das Problem: Andere Spieler hat er nicht, außer Maxim Leitsch, so er denn bald zurückkommt. Möglicherweise war es ein Fehler, dass im Sommer zwar acht Neue kamen, aber nur ein einziger Verteidiger verpflichtet wurde. Auch im Mittelfeld hat Reis die optimale Formation noch nicht gefunden. Und im Angriff wird noch ein Ersatz für den verletzten Simon Zoller gesucht.
Heimspiel gegen Stuttgart
Intern trauen die Verantwortlichen diese Rolle am ehesten Takuma Asano zu, der zum Heimspiel am kommenden Sonntag wieder dabei sein soll. Er könnte auf der rechten Außenbahn starten. Aber auch Christopher Antwi-Adjei, den Reis bislang nur selten einsetzt, könnte beginnen. War die Niederlage in München noch irgendwie verzeihlich – wenn auch nicht in dieser Höhe – wird der VfL gegen Stuttgart fast schon punkten müssen, um neue Zuversicht zu verbreiten. Denn so ähnlich wie auf Schalke soll diese Saison nicht weitergehen, das ist auch den Fans ein Anliegen.
(Foto: Imago / Nordphoto)