Personalwechsel

Hintergründe: Warum Dufner und Hecking gehen müssen

Wenn die ersten Blätter von den Bäumen fallen, beginnt in Bochum die alljährliche Trainerdiskussion – in dieser Saison mit einer schnellen Entscheidung: Am Montag erfolgte die Trennung von Trainer Dieter Hecking und Sportchef Dirk Dufner. Dafür verantwortlich: Das im Juni neu gewählte Präsidium um den Vorsitzenden Andreas Luthe. Am Sonntag hat das Gremium sowohl mit als auch ohne die nun freigestellten Verantwortlichen getagt, um die sportlich prekäre Lage zu diskutieren. Der VfL ist mit vier Niederlagen aus fünf Spielen gestartet und aktuell auf Rang 16 platziert. Schon vor und nun auch nach dem Bundesliga-Abstieg war keine positive Entwicklung zu erkennen. Der Beschluss, sowohl Hecking als auch Dufner zu beurlauben, ist insofern folgerichtig, zumal sich Dufner nach der 0:1-Niederlage in Paderborn noch demonstrativ pro Hecking positioniert hatte.

Dem routinierten Trainer ist es in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht gelungen, eine klare Handschrift zu hinterlassen, sprich: eine erkennbare und erfolgreiche Spielidee zu etablieren. Erschwert wurde seine Arbeit zwar durch einige verletzungs- und krankheitsbedingte Ausfälle sowie durch eine unzureichende Kaderplanung, einige Mängel gehen aber auch auf seine Kappe. Abläufe und Laufwege wirkten selten einstudiert und gefestigt, Standardsituationen wurden nicht besser, Systemumstellungen haben die Mannschaft überfordert. Speziell im eigenen Ballbesitz war der VfL erschreckend ideenlos. Mitunter wurden Spieler auch in unpassende Rollen gezwängt, Einwechslungen schwächten das Team. Gegen Darmstadt, Münster und Paderborn wurde Hecking regelrecht ausgecoacht. Als Aufstiegsaspirant gestartet, befindet sich der VfL nun im Abstiegskampf der 2. Liga.

Kurze Amtszeiten

Sowohl innerhalb des Klubs als auch bei den Fans war in den vergangenen Wochen ein erstaunlicher Stimmungswandel festzustellen. Trotz des verdienten Abstiegs aus der Bundesliga galt Hecking mit seiner Erfahrung als großer Hoffnungsträger für die Zukunft. Sportchef Dirk Dufner verlängerte deshalb Heckings Vertrag unter Zustimmung all seiner Mitstreiter bis 2027. Kritik am Trainer war zu diesem Zeitpunkt verpönt, teilweise auch in Fankreisen. Schon früh in dieser Saison ist die Stimmung gekippt, auch weil Hecking neben dem fehlenden Erfolg zeitweise dünnhäutig auf Kritik reagierte. Sogar innerhalb des eigenen Trainerteams und der Mannschaft kamen zuletzt erste Zweifel an der Zusammenarbeit auf. Fachlich sorgten seine Entscheidungen teilweise für Verwunderung, menschlich jedoch wurde er von allen geschätzt, anders als es bei Vorgänger Peter Zeidler der Fall war.  

Während Hecking wenigstens noch zu Beginn seiner zehnmonatigen Amtszeit Erfolge vorweisen konnte, hatte Dufner direkt an einen schweren Stand und muss nach knapp fünf Monaten im Amt ebenfalls gehen. Verantwortlich für seine Verpflichtung war das im Juni abgewählte Präsidium um Uwe Tigges unter Mithilfe von Ilja Kaenzig, der die Geschäfte des VfL vorerst wieder alleine führen soll. Prominente und fachkundige Kandidaten wie Oliver Ruhnert oder Jörg Schmadtke, die sogar an einem Engagement beim VfL interessiert waren, lehnte das Gremium ab. Dufner stieg erst Anfang April ein, was die Kaderplanung erschwerte, zumal es beim VfL keine funktionierenden Scouting-Prozesse gab. Die neue Mannschaft war dennoch früh beisammen, allerdings mit deutlich sichtbaren Qualitätsmängeln, vor allem in der Offensive. Diese wurden auch in der Endphase der Transferperiode nicht behoben.

Siebers übernimmt

Von den elf Neuzugängen, darunter fünf Leihspieler, ist derzeit kaum jemand eine Verstärkung. Einige sind nicht fit oder noch zu unerfahren, andere nicht gut oder nicht motiviert genug. Das Ziel, Transferwerte zu schaffen, wurde eindeutig verfehlt. Unklar ist allerdings, mit wie viel Geld Dufner überhaupt arbeiten konnte. Kaenzig kündigte mehrfach einem Top-3-Etat an, während Dufner hinter vorgehaltener Hand widersprach. Die Zusammenarbeit mit Hecking lief ebenfalls nicht optimal. Er war mit Dufners Kaderplanung teilweise unzufrieden, auch weil dieser nicht sonderlich kommunikativ war. Dufner hatte mit Kadermanager Johannes Waigand, Chefscout Babacar Wane und Nachwuchsdirektor Pablo Thiam drei Vertraute installiert, die ihm zugearbeitet haben. Was mit ihnen passiert, ist noch unklar; ebenso, ob es eine Probezeit gibt, innerhalb derer ein Abschied kostengünstig möglich wäre, vor allem bei Dufner.

Anderenfalls müsste ihn der VfL bis 2027 weiterbezahlen. Immerhin: Für gewöhnlich sind Personalwechsel dieser Art bereits budgetiert. Bis auf weiteres und mindestens auswärts beim Krisengipfel gegen den 1. FC Nürnberg am kommenden Samstag wird David Siebers das Bochumer Team coachen. Der Fußballlehrer ist seit elf Jahren für den VfL als Jugendtrainer tätig, bis zu seiner vorübergebenden Beförderung für die U19. Der 38-Jährige wird innerhalb des Klubs sehr für seine fachliche Expertise geschätzt, verfügt allerdings über keinerlei Profierfahrung, weder als Spieler noch als Trainer. Siebers wird sich in den kommenden Tagen beweisen dürfen. Wer den Posten von Dufner als Sport-Geschäftsführer übernehmen wird, ist noch unklar. Hier ist nun das Präsidium um Luthe und Hans-Peter Villis in der Pflicht. Pikant: Auch Villis hatte die Entscheidungen für Hecking und Dufner seinerzeit mitgetragen.


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(Foto: Marc Niemeyer)