Silvere Ganvoula tat so, als wären doch Zuschauer im Stadion. Nach dem 3:0-Heimerfolg gegen Heidenheim drehte er sich zur Fankurve und applaudierte. Nur zwei Ordner sahen ihm dabei zu – ein skurriler und zugleich trauriger Augenblick. Immerhin: Auch ohne die Anhänger vor Ort ist der Re-Start nach mehr als zwei Monaten Pause gelungen, der VfL hat einen ersten Schritt zum Klassenerhalt gemacht.
Gespenstisch gut war der Auftritt des VfL, dieser Kalauer sei erlaubt. Besonders erstaunlich: Die Bochumer verdienten sich die drei Punkte mit einer durchweg konzentrierten und über 90 Minuten souveränen Leistung. Das war vor der Zwangspause praktisch nie der Fall. Die bizarren Umstände, etwa die fehlenden Zuschauer, die Hygieneregeln und die kurze Vorbereitung haben die Spieler des VfL Bochum besser angenommen als der Aufstiegsaspirant aus Heidenheim.
Lob von Trainer Thomas Reis
„Sie war sehr fokussiert“, lobte Trainer Thomas Reis seine Mannschaft, „und ist so aufgetreten, wie es in einem Meisterschaftsspiel der Fall sein sollte.“ Von der Testspielatmosphäre im Stadion ließ sich beim VfL keiner irritieren. Und so entwickelte sich von Beginn an eine durchaus flotte Partie, mit einem perfekten Start für die Gastgeber: Anthony Losilla traf nach einem Freistoß von Danilo Soares per Kopf zum 1:0, elf Minuten waren gespielt.
Anschließend geriet der VfL zwar unter Druck, die Heidenheimer näherten sich in ihrer stärksten Phase dem Ausgleich. Doch Jordi Osei-Tutu beruhigte die Fanseelen zu Hause vor den Bildschirmen, als er noch vor der Pause den zweiten Treffer nachlegte. Die erstaunlich effektiven Bochumer nahmen den Schwung mit in den nächsten Durchgang. Sie brachen nicht ein, sondern spielten konsequent auf das dritte Tor, das Silvere Ganvoula nach etwas mehr als einer Stunde auch erzielte.
Der Mittelstürmer erwischte ansonsten nicht seinen besten Tag, ganz im Gegensatz zu Robert Zulj, dem Vorbereiter. Mit einem klugen Pass leitete er das 3:0 ein, zeigte insgesamt gute Ansätze. Der Winterneuzugang war für den verletzten Vitaly Janelt in die Startformation rotiert und präsentierte sich deutlich athletischer als noch im März. Gemeinsam mit Jordi Osei-Tutu, Danilo Soares und Anthony Losilla verdiente er sich die Bestnoten beim VfL.
Disziplin auf und neben dem Plan
Wobei keiner negativ auffiel, vor allem nicht Vasilios Lampropoulos. Der Innenverteidiger stabilisierte die Abwehrreihe erneut und ist mehr als nur ein guter Vertreter für Saulo Decarli. Der Schweizer klagt über Schmerzen am Fuß, er fehlte ebenso wie Danny Blum, dessen Wade derzeit Probleme bereitet. Das Spiel verfolgte der Top-Scorer des VfL von zu Hause aus, auf die Tribüne durfte er nicht. Der Zugang zum Stadion war streng geregelt, das Gelände seit Tagen abgesperrt und bewacht.
Überaus professionell setzte der VfL das Hygienekonzept der DFL in die Tat um. Die Fans blieben daheim, selbst die Mannschaft blieb so diszipliniert wie es nur ging. Auch beim Jubeln gab es keine innigen Umarmungen. VfL-Profi Simon Zoller gewährte später Einblicke in seine Gefühlswelt. „Vom Hotel mit Mundschutz zum Stadion, keine Menschen, keine Musik. Das war schon ungewohnt“, gab er offen zu und freut sich nun auf ein Ende der Team-Quarantäne: „Heute Abend wird die ein oder andere Kanüle sicher aufploppen.“
(Foto: Firo Pool / Eibner Pressefoto)