Thomas Reis wollte keine Zeit mehr verlieren. Als er Silvere Ganvoula kurz vor Schluss bei der 0:1-Auswärtsniederlage in Wolfsburg einwechseln wollte, hatte Bochums Trainer noch den Glauben, womöglich den Ausgleich zu schaffen. Der Spieler aber offenbar nicht. Ganvoula trabte gemächlich zur Trainerbank. Reis sah das, klatschte fordernd in die Hände und wollte, dass er sich beeilt. Viel schneller lief der Mittelstürmer trotzdem nicht.
Man sollte diese Szene nicht überbewerten. Doch mit seinem Verhalten vermittelte Ganvoula nicht zum ersten Mal eine gewisse Gleichgültigkeit. Schon in der Vergangenheit, speziell in der Aufstiegssaison, wurde der Angreifer zum Gesprächsthema, weil er im Training oder im Spiel nicht immer Vollgas gab. Hinzu kamen unübersehbare Defizite im technischen und taktischen Bereich. Der 25-Jährige verlor seinen Stammplatz und war maximal als Joker gefragt.
Thomas Reis wollte dem Angreifer in diesem Sommer aber eine neue Chance geben. Er hatte „die Fantasie, dass es in der Bundesliga womöglich leichter für ihn wird. Weil er mehr Räume hat, seinen Körper und sein Tempo besser einbringen kann.“ Doch selbst der Fußballlehrer ist zunehmend genervt: „Ich kann als Trainer unterstützen, mit dem Spieler sprechen und ihm das Vertrauen schenken – aber irgendwann muss auch was zurückkommen.“
Sein Vertrag gilt noch bis 2023
Bei Ganvoula ist das zu selten der Fall. Der Spieler wirkt häufig mit sich selbst beschäftigt, ist teilweise nicht konzentriert, vernachlässigt Defensivaufgaben und fällt auch abseits des Platzes nicht unbedingt positiv auf. Dass der VfL mit Sebastian Polter in der vergangenen Woche einen weiteren Mittelstürmer verpflichtet hat, war sowieso geplant, ist aber auch ein Zeichen an Ganvoula. Soll heißen: Macht er so weiter, wird er in der Bundesliga keine große Rolle mehr spielen. Ein Abschied des Kongolesen rückt somit zwangsläufig näher.
Das wäre unter den aktuellen Umständen wohl die beste Option. Silvere Ganvoula wirkt in Bochum nicht mehr rundum glücklich, und der VfL kann sich keinen unzufriedenen Spieler auf der Bank erlauben, den er trotzdem gut entlohnen muss. Einen schweren Stand hat er auch bei den Fans, die teilweise schon gehässig werden. In den sozialen Netzwerken kommt keiner so schlecht weg wie Ganvoula, dessen Vertrag noch bis Mitte 2023 läuft. Eine Ausstiegsklausel gibt es nicht. Der VfL würde sich bei einem passenden Angebot aber gesprächsbereit zeigen.
Das Problem ist nur: Die Verantwortlichen hatten ursprünglich mal auf einen Millionengewinn durch einen Transfer gehofft. Nach Ganvoulas bislang erfolgreichster Saison 2019/20, als er 13 Tore in der 2. Liga erzielte und zu den Leistungsträgern beim VfL gehörte, schien das nicht unrealistisch. Doch die Entwicklung ging nicht wie gewünscht weiter, der Marktwert ist längst gesunken. Ganvoula muss wieder einen Gang zulegen – ob in Bochum oder woanders.
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