Bochums brasilianischer Linksverteidiger Bernardo musste einige Sekunden überlegen, bevor er sagen konnte, warum der VfL das Kellerduell in Darmstadt mit 2:1 gewann. „Das ist eine gute Frage“, antwortete der Neuzugang zunächst, um dann einen Erklärungsansatz zu liefern: „Ich glaube, wir haben etwas mehr für diesen Sieg investiert. Und wir hatten Takuma Asano.“ Der Japaner schnürte seinen zweiten Doppelpack in dieser Saison und zeigte eine beeindruckende Effizienz: Zwei Chancen, zwei Tore – für drei ganz wichtige Punkte.
Der Jubel im Bochumer Lager war selbstverständlich groß, vor allem bei den Spielern und den knapp 1.700 mitgereisten Fans, die am Freitagabend den ersten Pflichtspielsieg seit Ende Mai ausgiebig feierten. Lange mussten sie darauf warten. Die Verantwortlichen schalteten hingegen schnell in den Analyse-Modus. Noch auf dem Spielfeld diskutierten Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian, Sportdirektor Marc Lettau und Torhüter Manuel Riemann teils gestenreich über die dargebotene Leistung, mehr als eine Viertelstunde lang.
Lettau erwartet mehr
„Die Erleichterung ist spürbar, wir freuen uns natürlich sehr“, sagte Lettau kurz danach im Interview. Doch Bochums Sportdirektor schlug auch selbstkritische Töne an: „Es ist nicht so, dass wir jetzt total euphorisch aus diesem Spiel herausgehen. Es war ein eher glücklicher Sieg. Wir wissen, dass wir uns dringlichst steigern müssen, denn mit einer derartigen Spielleistung werden wir in dieser Saison nicht mehr allzu viele Punkte holen.“ Lettau hob beispielhaft die vielen Fehlpässe nach Balleroberungen hervor.
Kombinationen mit Erinnerungswert oder Szenen, die das Publikum hätten mitreißen können, blieben über 90 Minuten Mangelware. Die Zuschauer am Darmstädter Böllenfalltor sahen ein äußerst schwaches Bundesligaspiel. Trainer Thomas Letsch interessierte sich dafür in der Stunde nach dem Spiel hingegen kaum. „Ob das jetzt Fußball a la Manchester City war oder eher einem Zweitligaspiel gleichkam, ist heute Abend nicht das Thema. Wenn wir so fighten, dann werden wir unsere Punkte und Siege auch holen.“
Asano trifft doppelt
Der Fußballlehrer verwies unter anderem auf die stabile Abwehrarbeit im zweiten Durchgang, als der VfL im Gegensatz zur ersten Halbzeit kaum noch eine gegnerische Torchance zuließ. „Wir waren in den ersten zehn Minuten überhaupt nicht im Spiel“, sah auch Letsch anfangs Probleme, als seine Mannschaft Glück hatte, nicht in Rückstand zu geraten. Erst mit dem 1:0 durch Asano übernahmen die Bochumer ein wenig die Kontrolle, ohne aber zu weiteren Torchancen oder Strafraumaktionen zu kommen.
Die Folge: Darmstadt erzielte noch vor der Pause den Ausgleich, als dem VfL bei einer Hereingabe sowohl die Ordnung als auch der Zugriff fehlten. Weil Asano aber noch einmal traf und der VfL nach einer Roten Karte gegen Darmstadts Fabian Holland in Überzahl spielte, kamen die Bochumer ihrem ersten Saisonsieg immer näher. „Die letzten Spielminuten haben mich schon mitgenommen, gerade nach der bitteren Erfahrung gegen Mainz“, berichtete Letsch, der sich nach dem Schlusspfiff zunächst nur nach innen freute.
Plötzlich mit Viererkette
Ist der berühmte Knoten nun also geplatzt? Kehrt beim VfL Bochum vor dem Heimspiel gegen Schlusslicht Köln plötzlich die Leichtigkeit zurück? So schnell wohl eher nicht, vor allem weil der Trainer weiter seine optimale Formation und das dafür passende Personal sucht. Letsch überraschte in Darmstadt mit einer Rückkehr zum 4-3-3-System aus der Vorsaison. Doch den ersten Sieg allein damit in Verbindung zu bringen, würde wie so oft zu kurz greifen. Zumal Letsch am Ende wieder auf eine Fünferreihe umgestellt hat.
Außenverteidiger Bernardo gab beispielsweise offen zu, dass er zu Spielbeginn Probleme mit der neuen taktischen Vorgabe hatte, dann aber immer besser ins Spiel fand. Und weiter vorne? In der offensiven Dreierreihe überzeugte einzig Asano. Moritz Broschinski, der als Außenstürmer begann, enttäuschte dagegen auf ganzer Linie. Ein Lichtblick immerhin: Moritz Kwarteng zeigte nach seiner Einwechslung, dass er mit seiner Ballbehandlung für das Bochumer Angriffsspiel eine Bereicherung sein könnte.
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(Foto: Imago / Jan Huebner)