Nur ein Spielabbruch hätte dem VfL an diesem Samstag noch geholfen. Ausgerechnet die gegnerischen Fans hätten diesen sogar fast herbeigeführt, wenn sie nicht doch noch zur Vernunft gekommen wären. Weil die Anhänger von Borussia Mönchengladbach Fluchttore innerhalb des Stadions mit einem Banner versperrten, durfte das Spiel nicht angepfiffen werden. Die Partie begann knapp zehn Minuten später. Erst nach mehreren Durchsagen zeigten die Gladbacher Fans endlich Einsicht. Wobei: Die Zuschauer in den vorderen Reihen – offensichtlich Ultras – reagierten eher trotzig. Sie entfernten daraufhin auch die erlaubten Banner, warfen Rauchtöpfe aufs Spielfeld, zerstörten eine Werbebande, eine Kamera sowie Teile der WC-Anlage und verließen noch während der ersten Halbzeit das Stadion. In einem Fall flog sogar Pyrotechnik in den angrenzenden Bochumer Block. Die Feuerwehr musste anrücken; das Spiel konnte zum Glück fortgesetzt werden.
VfL ist so nicht bundesligatauglich
Wobei viele VfL-Fans wahrscheinlich froh gewesen wären, wenn Schiedsrichter Felix Brych den aus Bochumer Sicht unterirdischen Auftritt schon frühzeitig beendet hätte. Denn das Team von Trainer Thomas Letsch knüpfte nahtlos an den desaströsen Auftritt zuletzt in München an – ohne konsequentes Zweikampfverhalten, ohne Ordnung in der Restverteidigung, ohne Passschärfe und generell ohne Elan. Der sonst so heimstarke VfL zeigte erneut eine nicht bundesligataugliche Leistung gegen zuvor noch sieglose Gladbacher. Die Elf vom Niederrhein bekam den ersten Saisonerfolg an der Castroper Straße nun fast geschenkt. Sie kombinierte sich immer wieder und oft ungestört durch die Bochumer Defensive. „Was wir geboten haben, war katastrophal“, bestätigte Thomas Letsch nach der Partie. „Wir waren meilenweit entfernt von dem, was wir vorhatten.“ Die eigenen Fans sahen das ähnlich. Zur Halbzeitpause gab es von den Rängen viele Pfiffe.
Letsch kündigte nicht zum ersten Mal in dieser Saison an, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen: „Wir werden sehr, sehr kritisch mit uns sein.“ Nachdem die Bochumer Verantwortlichen nach der 0:7-Pleite in München noch erstaunlich ruhig geblieben sind, merken auch sie gerade, dass der VfL in eine kleine Krise hineingeschlittert ist. Nach sieben Pflichtspielen inklusive Pokal fehlt immer noch der erste Saisonsieg, und die Leistungskurve zeigt nach einem kleinen Zwischenhoch wieder nach unten. Besonders bedenklich: Nach sechs Ligaspielen hat der VfL bereits 19 Gegentreffer kassiert. Dabei war es in der Sommerpause das erklärte Ziel, die Zahl der Einschläge deutlich zu reduzieren. Doch warum gelingt das nicht? Gegen Gladbach fiel das 0:1 nach einem haarsträubenden Fehlpass von Erhan Masovic in der eigenen Hälfte, das 0:2 nach einer Standardsituation und das 0:3 nach einer von etlichen Kontersituationen. Alles in der ersten Halbzeit.
Die Borussia hatte sowohl vor dem Führungstreffer als auch nach der Pause weitere Großchancen, verpasste es aber, das Spiel frühzeitig zu entscheiden. Das Anschlusstor von Anthony Losilla ließ Mitte der zweiten Halbzeit zwar neue Hoffnung im ungewohnt ruhigen Bochumer Ruhrstadion aufkeimen, doch eine Schlussoffensive gab es nicht mehr. Generell war nicht nur die Defensive das Problem an diesem Samstag und auch schon in den Spielen davor. Losillas Tor war erst das fünfte im sechsten Spiel. „Wir haben offensiv mutlos agiert“, bestätigte Sportdirektor Marc Lettau, wobei seine Mannschaft nach einer Systemumstellung und einigen personellen Veränderungen zumindest etwas gefährlicher wurde. Hinten allerdings wurde jeder Angriff der Gäste zur Gefahr. Insbesondere Erhan Masovic erwischt einen rabenschwarzen Tag, war damit aber nicht der einzige. Auch die Außenverteidiger enttäuschten erneut und wurden wieder einmal frühzeitig ausgewechselt.
Bero droht länger auszufallen
Letsch wird sich nach dieser wiederholt unterirdischen Vorstellung ebenfalls hinterfragen müssen, sowohl bei der taktischen als auch personellen Herangehensweise. Das hohe Attackieren und mannorientierte Verteidigen ist extrem riskant, wenn nicht alle Rädchen ineinander greifen. Die Frage, ob das Grundproblem eher der Plan oder die Umsetzung sei, wollte Letsch in der Pressekonferenz nicht beantworten. Auskunft erteilte der Fußballlehrer immerhin zum Gesundheitszustand von Matus Bero. Der Mittelfeldspieler, der zuletzt noch einer der Besseren beim VfL war, droht länger auszufallen. Bereits in der Anfangsphase musste Bero mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden. Eine genaue Diagnose steht noch aus, die Vereinsärzte prognostizieren aber einen mehrwöchigen Ausfall. In Leipzig am kommenden Samstag wird Bero in jedem Fall fehlen. Tritt der VfL dort genauso auf wie in München oder gegen Gladbach, droht das nächste Debakel.
Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.