Frank Goosen sollte Recht behalten. In einem seiner Bücher, das schon vor etlichen Jahren erschienen ist, fasste er pointiert zusammen, was längst alle Fans des VfL Bochum wissen. Damals schrieb er: „Wir sind der einzige Verein, für den es keinen beruhigenden Vorsprung gibt.“ Einen weiteren Beleg dafür lieferte der VfL an diesem Sonntag im Heimspiel gegen den SV Sandhausen. Zwei deutliche Führungen reichten nicht zu drei Punkten, am Ende stand ein 4:4 auf der Anzeigetafel. Ein Entkommen aus der Abstiegszone ist so nicht möglich. Dabei gab der VfL seinen Fans in der Anfangsphase dieser Partie zunächst ein gutes Gefühl.
Frühe Führung…
Denn Danny Blum, der Mann des Tages, traf erst vom Elfmeterpunkt und dann sehenswert per Hacke, nur acht Minuten waren zu diesem Zeitpunkt gespielt. Der VfL erwischte einen Traumstart. Doch der SV Sandhausen, der zuletzt viermal in Folge nicht traf, blieb cool – und drängte die nachlässigen Hausherren immer weiter in die ihre Hälfte. Ein Sonntagsschuss von Julius Biada brachte den schnellen Anschlusstreffer. Die Gäste aus dem Hardtwald provozierten viele einfache Fehler auf Bochumer Seite, auch körperlich war der VfL oft unterlegen. Noch vor der Pause kam Sandhausen zum Ausgleich. Der war keineswegs unverdient, auch wenn der VfL weitere Chancen leichtfertig vergab.
Nach dem Seitenwechsel starteten die Gastgeber erneut furios. Blum traf zum dritten Mal, Jordi Osei-Tutu erzielte das 4:2. Die beiden Flügelspieler brachten Tempo, Technik und Torgefahr in das Spiel ihrer Mannschaft. Vor allem Osei-Tutu überraschte mit seinem Treffer und einer Vorlage positiv. Die offensivere Rolle liegt dem Leihspieler vom FC Arsenal auch deutlich mehr als eine Position in der Abwehr. Beruhigend war der nächste Zwei-Tore-Vorsprung allerdings nicht. Die zweite Halbzeit wurde zu einer ähnlichen Achterbahnfahrt wie die erste. Denn die Hausherren zogen sich so sehr zurück, dass Sandhausen wieder zurück in die Partie kam.
…später Ausgleich
Gleich zweimal zeigte der Schiedsrichter nach Handaktionen im Bochumer Strafraum auf den Elfmeterpunkt – diskussionswürdig, nach aktueller Regelauslegung aber vertretbar. Die Gäste nutzten das aus und bejubelten in der Nachspielzeit den Ausgleich zum 4:4. Für den VfL war es nicht der erste Rückschlag in einer Schlussphase, aber mit Abstand der bitterste. „Überhaupt kriegen wir zu viele Gegentore in der Schlussphase, das kann kein Zufall mehr sein“, legte Kapitän Anthony Losilla den Finger in die Wunde: „Vier Tore müssen reichen, um ein Heimspiel zu gewinnen.“ Sein Trainer kritisierte später die fehlende Cleverness seiner Spieler, immer wieder kam es zu unnötigen Fouls und gefährlichen Standards.
Der Fußballlehrer wird sich aber auch an die eigene Nase fassen müssen. Nicht zum ersten Mal brachten seine Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg. Liegt der VfL zurück, packt er die Brechstange aus, führt sein Team, wird das Ergebnis nur noch verwaltet. Auch sendete er mit der Herausnahme sämtlicher Angreifer offensichtlich das falsche Signal, verunsicherte das gesamte Team, das die Spielkontrolle hergab. Bis auf den eingewechselten Robert Zulj verteidigten am Ende 10 Spieler, Entlastungsangriffe gab es nicht mehr, weil Konter- oder Wandspieler fehlten. Dieser Ansatz ist beim VfL nicht zum ersten Mal gescheitert.
(Foto: Sportfotos Gerd Krause)