Sie jammern nicht. Die Verantwortlichen des VfL Bochum positionieren sich nicht gegen die bundesweiten Corona-Regeln, die ab dem 2. November bis zum Ende des Monats gelten sollen. Das wäre nicht hilfreich, sagt Geschäftsführer Ilja Kaenzig. In den kommenden Wochen ist Profisport grundsätzlich nur noch ohne Zuschauer erlaubt. Auch danach gelten etwa in Nordrhein-Westfalen strenge Regeln. So legte die Landesregierung schon jetzt fest, dass bundesweite Teamwettbewerbe ab einem Inzidenzwert von 35 am Austragungsort als Geisterspiele stattfinden müssen. Der VfL muss sich wohl noch länger auf Partien ohne Zuschauer einstellen, sollte es keine überraschende Trendwende geben. Selbst Spiele vor 300 oder 3.000 Fans, wie zuletzt gesehen, wird es vorerst nicht geben.
VfL akzeptiert die neuen Regeln
Doch wieso nimmt Ilja Kaenzig die neuen Regeln lediglich zur Kenntnis? „Weil wir uns an dem Fortgang der Pandemie orientieren müssen. Natürlich bedauern wir, dass wir keine Zuschauer zulassen dürfen. Aber wir sehen den Spielraum nicht. Das Virus bestimmt die Entwicklung, es gibt Verordnungen und Maßnahmen. Wir sehen das nicht als Diskussionsgrundlage, sondern akzeptieren die politische Entscheidung.“ So wie die Bochumer bewerten das aber nicht alle Vereine. Borussia Dortmund veröffentlichte in dieser Woche einen offenen Brief, in dem die Politik für ihre neuen Maßnahmen kritisiert wird. „Es hat sich an der frischen Luft niemand angesteckt“, schreiben sie. „Gerade vor diesem Hintergrund ist es schwierig zu akzeptieren, dass Fakten nicht zählen.“
Bochums Reviernachbar bezieht sich dabei auf offizielle Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Das RKI hat bislang keine Corona-Infektionen im Zusammenhang mit einem Bundesligaspiel verzeichnet. Es ist die einzig verfügbare Datengrundlage. Und die hat eine Schwäche: Denn 75 Prozent der Neuinfektionen sind nicht nachvollziehbar. Wo es zu einer Ansteckung gekommen ist, ob vielleicht auch beim Fußball, weiß niemand. Angesichts aufwendiger Hygienekonzepte, die von den allermeisten Fans vorbildlich eingehalten wurden, dürfte die Bundesliga aber zumindest kein großer Pandemietreiber gewesen sein. Mit dieser Meinung stehen die Dortmunder auch nicht alleine da. Klub-Verantwortliche aus Frankfurt, Köln oder Berlin gaben zuletzt ähnliche Statements ab.
Der VfL weiß aber auch, dass der Profifußball trotzdem immer noch Privilegien genießt. Denn eigentlich ist Teamsport ab Montag verboten. Kaenzigs Äußerung passt deshalb zur allgemeinen Haltung des Vereins seit Beginn der Pandemie. Demut pägt die Kommunikation und auch das konkrete Handeln – wohlwissend um die gesellschaftliche Akzeptanz des Profifußballs, die schon während der ersten Corona-Welle gelitten hat. Auf forsche Töne aus der Hauptstadt, wo Union Berlin mit kontroversen Ideen in die Offensive geht, reagiert auch Kaenzigs Geschäftsführer-Kollege Sebastian Schindzielorz mit Vorsicht. „Die Gesundheit muss immer im Vordergrund stehen“, betonte der Sportchef zuletzt. Von Schnelltests am Stadioneinlass oder gut gefüllten Stehplätzen spricht in Bochum derzeit niemand.
Amateursport ruht komplett
Allgemein schaltet der Klub in der Pandemie eher einen Gang zurück. Im Frühjahr wurden zwar Sondertrikots und Geisterspieltickets an die Frau und den Mann gebracht, viel weiter wollten Kaenzig und seine Mitstreiter aber nicht gehen. So verkaufte der VfL zu Beginn dieser Saison bewusst keine neuen Dauerkarten, ganz im Gegensatz zu anderen Klubs. „Unsere Fans sind keine Bank, von der wir uns Geld leihen wollen. Wir wollen ihre Liebe zum Verein nicht ausnutzen“, sagt Kaenzig, dem vermutlich bewusst ist, dass sich der Profifußball noch in einer vergleichsweise komfortablen Situation befindet. Während die Berufsfußballer weiterspielen dürfen, ruht ab Montag der Ball im gesamten Amateursport. Wer also jammert, der tut das auf einem ziemlich hohen Niveau.
(Foto: Firo Sportphoto)