Technischer Direktor

Neuzugang von Union: Lettau wird beim VfL viel Einfluss haben

Die Fans des VfL Bochum warten dieser Tage gespannt auf Neuzugänge. Die einen hätten gerne einen Verteidiger, die anderen lieber einen neuen Stürmer. Vermutlich waren sie ein wenig enttäuscht, als der VfL Bochum am Dienstag keinen Spieler, sondern einen Technischen Direktor präsentierte. Marc Lettau wird diese Aufgabe künftig übernehmen. Der 37-Jährige kommt von Union Berlin. Dabei sind Relativierungen, dass der VfL lediglich einen zusätzlichen Mitarbeiter auf der Funktionsebene verpflichtet hat, gar nicht angebracht. Denn Lettau wird beim VfL eine Schlüsselposition besetzen und großen Einfluss auf die weitere sportliche Entwicklung nehmen.

Unterstützung für Patrick Fabian

Direktoren auf der Ebene unter der Geschäftsführung gibt es beim VfL bereits seit einigen Jahren im außersportlichen Bereich – mit Ronald Bauer für die Finanzen, Knut Keymer für die Organisation und Christoph Wortmann für Marketing und Vertrieb. Wortmann wird zum 1. Januar Geschäftsführer bei Arminia Bielefeld. Sein Nachfolger steht schon fest und soll in Kürze vorgestellt werden. Im sportlichen Bereich ist ein Direktoren-Posten hingegen neu. Lettau wird dort ab dem neuen Jahr der wichtigste Mitarbeiter sein. Zu seinen Aufgaben zählt insbesondere die Kaderplanung. Lettau soll zum Beispiel Verhandlungen mit Beratern genauso wie Gespräche mit den Spielern führen.

Während Fabian künftig vor allem Termine und strategische Aufgaben als Geschäftsführer übernimmt und auch in der Öffentlichkeit das Gesicht der sportlichen Leitung bleibt, kümmert sich Lettau um die Transfervorbereitung und Abwicklung. Fabian bleibt aber der Entscheider und ist in alle Abläufe eingebunden. Darüber hinaus soll Lettau das Bindeglied zwischen Geschäftsführung, Trainerteam und Mannschaft sein. Die Jobbeschreibung ähnelt im Grunde der von Fabian bis zum 31. August, als der Ex-Profi noch Leiter der Lizenzspielerabteilung war. Lettaus Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich ist jedoch weiter gefasst, weil Fabian freiwillig Aufgaben abgibt.

Teil der Berliner Erfolgsgeschichte

Mehr Teamarbeit scheint ihm ohnehin ein wichtiges Anliegen zu sein. „In meiner turbulenten Anfangszeit überlagerte das Tagesgeschäft alles andere. Jetzt geht es darum, auch strategische Themen voranzutreiben“, sagte Fabian bereits im November. „Der Wettbewerb um die Spieler ist größer geworden. Viele Klubs, mit teilweise größeren finanziellen Mitteln, zielen auf dieselben Märkte ab. Es ist wichtig ein Ohr dafür zu haben, wo welcher Spieler nicht zufrieden ist oder sich eine Veränderung wünscht. Das alles ist mit entsprechendem Aufwand verbunden.“ Lettau soll ab sofort auch eng mit Carsten Schüpmann-Haase zusammenarbeiten, den bereits Sebastian Schindzielorz als Chefscout verpflichtet hat.

Mit Lettau wächst also das Team, das an der Kaderplanung beteiligt ist. „Marc hat durch seine Arbeit einen Beitrag zur höchst erfolgreichen Geschichte von Union Berlin leisten können“, betont Fabian. Brancheninsider bestätigen, dass dem VfL ein kleiner Coup gelungen ist. Lettau war viereinhalb Jahre der engste Vertraute und wohl wichtigste Mitarbeiter von Manager Oliver Ruhnert. Er gilt als fleißig und sehr verlässlich, verfügt über ein belastbares Netzwerk und war bei den Köpenickern nicht nur für organisatorische Abläufe zuständig, sondern auch an sämtlichen Spielertransfers beteiligt. Die Berliner stehen schon seit einigen Jahren für eine clevere und erfolgreiche Einkaufspolitik.

Lettau kennt das Ruhrgebiet

Doch warum verlässt Lettau das Überraschungsteam der Liga, um zu einem Abstiegskandidaten zu wechseln? Der VfL habe davon profitiert, dass sich der Ex-Schalker beruflich verändern wollte und das Ruhrgebiet bereits kennt, erklärt Fabian. Zudem übernimmt Lettau in Bochum mehr Verantwortung, wird dabei allerdings im Hintergrund agieren. Die Berliner bedauern den Abgang jedenfalls sehr. „Marc hat seinen Job all die Jahre sehr professionell ausgeübt und war ein zuverlässiger Baustein unserer Abteilung“, sagt Ruhnert zum Abschied seines langjährigen Wegbegleiters. „Dass er in Bochum einen weiteren Schritt gehen kann, ist ihm zu gönnen.“

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(Foto: VfL Bochum 1848)

Spielerkarriere geht weiter

Anschlussvertrag als Trainer: Losilla könnte Esser folgen

Schnell waren sich Michael Esser und der VfL Bochum einig. Als vor wenigen Wochen eine konkrete Anfrage vom 1. FC Nürnberg ins Haus flatterte, mussten der Torhüter und Manager Patrick Fabian nicht lange überlegen. Der Zweitligist, der auf der Suche nach einem neuen Schlussmann in Vertretung für die verletzte Nummer eins war, erhielt eine Absage. Weder für Esser noch für den VfL hätte ein Wechsel Sinn ergeben. Fern der Heimat wäre Esser lediglich ein Lückenfüller ohne Perspektive gewesen. Zugleich hätte der VfL für die Rückrunde einen neuen Ersatzkeeper benötigt. Schon da zeichnete sich ab, dass der im Sommer 2023 auslaufende Vertrag von Esser noch einmal verlängert werden könnte – was an diesem Mittwoch auch geschehen ist.

Der 35-Jährige bleibt mindestens ein weiteres Jahr beim VfL Bochum; wenn es der Verein und der Spieler wollen, sogar bis 2025. „Bruno ist ein Top-Teamplayer. Er ist als Typ wichtig und bringt immer seine Leistung, im Training wie im Wettkampf“, sagt Patrick Fabian, der mit Esser noch selbst zusammengespielt hat. Für den Familienvater, der aus Castrop-Rauxel stammt, ist der VfL die sportliche Heimat. Esser ist 2021 an die Castroper Straße zurückgekehrt, wo er von 1999 bis 2001 als Jugendspieler sowie von 2008 bis 2015 als Profi schon zweimal aktiv war.

Esser erhält Anschlussvertrag beim VfL

Seit Beginn der vergangenen Saison ist er die klare Nummer zwei beim VfL – eine Rolle, die Esser voll und ganz akzeptiert. Er gilt als überaus loyal und ist sportlich eine verlässliche Größe, wenn er gebraucht wird. Die große und gegenseitige Wertschätzung drückt sich auch dadurch aus, dass Esser spätestens ab 2025 als Torwarttrainer in die Nachwuchsabteilung des VfL wechseln wird. Das wurde in dieser Woche ebenfalls vertraglich vereinbart. Und vielleicht erhält er dabei sogar prominente Gesellschaft. Denn auch Kapitän Anthony Losilla wird seinen Vertrag in absehbarer Zeit verlängern. „Ich würde mich freuen, wenn ich noch ein weiteres Jahr spielen könnte“, sagte Losilla bereits vor einiger Zeit im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin.

Die Verantwortlichen haben nichts dagegen. Eine Startelfgarantie wird es für ihn im fortgeschrittenen Fußballeralter zwar nicht mehr geben, doch einen Vereinswechsel schließt Losilla, der im März 37 Jahre alt wird, praktisch aus: „Ich glaube nicht, dass ich noch zu einem anderen Verein wechseln würde, selbst wenn ich dort mehr spielen könnte. Ich habe beim VfL viel erlebt, das verbindet.“ Deshalb wird es in den Gesprächen auch um eine Perspektive für die Zeit nach der aktiven Karriere gehen. Losilla spielt seit 2014 für den Klub und gilt als Identifikationsfigur der Gegenwart.

Losilla will Trainerausbildung fortsetzen

Für den Mittelfeldspieler ist jedenfalls klar, dass er dem Fußball verbunden bleiben möchte: „Ich habe Fußball im Blut und kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Aktuell würde ich sagen, dass ich mich später eher als Trainer sehe, vor allem im Jugendbereich. Ich habe schon damals in Frankreich mit den ersten Trainerscheinen begonnen. Diese Ausbildung möchte ich nach meiner Karriere auf jeden Fall fortsetzen.“ Ob in Bochum oder doch wieder in der Heimat, lässt er offen: „Die Familie spielt dabei eine wichtige Rolle. Ich habe noch eine Tochter, die in Frankreich lebt. Aber ich habe auch schon betont, dass ich mich mit meiner Familie in Bochum sehr wohl fühle und mir gut vorstellen kann, auch nach der aktiven Zeit hier zu leben.“

(Foto: Imago / RHR-Foto)

Teures Missverständnis

Problemfall Mousset: Der Profi, der kein Profi ist

Dass im Umfeld des VfL Bochum bisweilen mehr über Spieler gesprochen und diskutiert wird, die kaum oder gar nicht zum Einsatz kommen, gefällt den Verantwortlichen naturgemäß nicht. Gertjan Verbeek, der knurrige Holländer, lehnte Fragen über Reservisten manchmal sogar ab oder blaffte die neugierigen Reporter wenigstens kurz an. Auch wenn Thomas Letsch zuletzt zwei Jahre in den Niederlanden gearbeitet hat: Unhöflich reagiert der Cheftrainer des VfL Bochum nie. Aber auch bei ihm ist zu spüren, ob ihm eine Frage gefällt oder nicht. Letsch, der in der Regel sofort eine Antwort parat hat, zögerte nach dem Testspiel gegen PEC Zwolle ein paar Sekunden, als er auf den Fitnesszustand von Angreifer Lys Mousset angesprochen wurde. Dann antwortete er nur kurz: „Da ist noch sehr viel Luft nach oben.“ Wenige Worte und dennoch vielsagend.

Debüt ohne Erfolg

Wer den Angreifer bei seinem VfL-Debüt beobachtete, konnte Thomas Letsch nicht widersprechen. Mousset trat nur selten in Erscheinung, blieb (auf ungewohnter Position) fast unsichtbar. Dem 26-Jährigen gelang keine nennenswerte Aktion am Ball, er fiel läuferisch nicht auf. Es lag auch nicht allein an der winterlichen Garderobe, dass der Boulevard im Nachgang über ein Gewichtsproblem spekulierte. Neu wäre das ja nicht. Schon kurz nach seiner Verpflichtung im August wurde Mousset vom damaligen Cheftrainer Thomas Reis ein Fitness- und Ernährungsprogramm verordnet – ohne Erfolg. Thomas Letsch läutete nach seiner Ankunft im Herbst deshalb eine zweite Extrarunde für den Franzosen ein. Mousset durfte wochenlang nicht mit der Mannschaft trainieren. Die Verantwortlichen dürften ihm klargemacht haben, dass er in der langen Winterpause endlich liefern muss.

Thema im Team

Doch die Hoffnung schwindet, dass Mousset dem VfL eines Tages doch noch helfen kann. Letsch verzichtete im zweiten Testspiel bereits auf die Dienste des früheren Premier-League-Profis, ließ ihn trotz einer kompletten Personalrotation in der Halbzeitpause auf der Bank schmoren. Wobei die Frage erlaubt sein muss, ob Profi an dieser Stelle wirklich das richtige Wort ist. Denn Mousset ist immer noch nicht fit, von Bundesliga-Niveau weit entfernt. Trainingsbeobachter attestieren ihm eine eher laxe Berufseinstellung, in der Mannschaft ist das fehlende Engagement des Franzosen ebenfalls ein Thema. Das bleibt auch den Verantwortlichen nicht verborgen, die im Abstiegskampf niemanden gebrauchen können, der nicht mitzieht und ständig für Negativ-Schlagzeilen sorgt. Der VfL lebt insbesondere von seiner Mentalität.

Vertrag bis 2024

Das Problem ist nur: Mousset vor seinem Vertragsende im Jahr 2024 loszuwerden, wie es einige Fans in den Foren fordern, dürfte eine mittelschwere Herausforderung werden. Schließlich wird sich für einen unaustrainierten Vertragsfußballer, der zuletzt im Februar 2019 90 Minuten gespielt hat, kaum ein passender Verein finden, sportlich wie finanziell. Passiert nichts Unerwartetes – auf dem Transfermarkt oder im Kopf des Spielers – dann wird Mousset ein teures Missverständnis bleiben, aus dem der VfL seine Lehren ziehen muss. Einen vertragslosen Spieler zu verpflichten, über dessen Fitnesszustand offensichtlich zu wenig bekannt war, dessen mangelhafte Berufsauffassung aber mindestens in England ein offenes Geheimnis war, ist rückblickend als naiv zu werten – auch wenn der VfL schon so manchen Spieler zurück in die Spur gebracht hat. Die wollten aber auch.

(Foto: Imago / kolbert-press)

Rückrunde im Blick

„Würde uns guttun“: Letsch spricht über Wintertransfers

Die Unzufriedenheit war VfL-Trainer Thomas Letsch nicht anzusehen, doch mit der Leistung im Testspiel gegen den niederländischen Zweitligisten PEC Zwolle am Mittwochnachmittag war er ganz und gar nicht einverstanden. „Wir hatten keine Struktur, keine Kompaktheit. Wir haben nicht mutig gespielt“, analysierte der Fußballlehrer das erste Testspiel nach knapp zwei Wochen Urlaub und einer Woche Training. „Natürlich haben wir intensiv gearbeitet, und für einige Spieler war es der erste Einsatz nach längerer Zeit. Ein schlechtes Spiel war es trotzdem.“

Gerrit Holtmann hatte den VfL zwar in Führung gebracht, doch nach einer guten Anfangsphase war vom Bundesligisten nur noch wenig zu sehen. Die nicht sattelfeste Defensive ließ drei Gegentreffer zu, wobei Letsch zur Pause alle Feldspieler wechselte und somit jedem fitten Akteur Einsatzzeit schenkte. „Diejenigen, die zuletzt weniger gespielt haben, sollen auf sich aufmerksam machen. Jeder hat die Möglichkeit zu zeigen, ob er eine Alternative ist.“ Dafür sollten vermeintliche Reservisten speziell den ersten Trainingsblock bis Weihnachten nutzen.

Letsch wünscht sich Losilla-Ersatz

Denn diese Zeit mit insgesamt drei Testspielen sieht Thomas Letsch als gute Gelegenheit, um die Kaderqualität noch einmal zu überprüfen. „Die Frage ist: Brauchen wir noch Qualität oder sind wir durchgängig so besetzt, dass wir auch dann gut aufgestellt sind, wenn im Saisonverlauf etwas Unerwartetes passiert.“ Dass die Aussagekraft von Testspielen begrenzt ist, weiß der Trainer natürlich auch – und will mögliche Transferaktivitäten nicht allein davon abhängig machen. „Auf der einen oder anderen Position“ schaue man sich ohnehin nach Verstärkung um.

Vor allem im defensiven Mittelfeld. „Wenn Anthony Losilla ausfällt, haben wir keinen, der seinen Fähigkeiten nahekommt. Da noch jemanden zu haben, würde uns guttun“, erklärte Letsch auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Patrick Osterhage sei „ein anderer Spielertyp“, Konstantinos Stafylidis „eigentlich Außenverteidiger“, Kevin Stöger und Philipp Förster offensiver ausgerichtet. Jacek Goralski nannte er in diesem Zusammenhang gar nicht; mutmaßlich, weil sich der Sommerneuzugang noch in der Reha befindet.

Mainz blockt bei Leitsch-Transfer

Auch gegen einen schnellen Innenverteidiger würde sich Thomas Letsch sicher nicht wehren. Dass im Transfermonat Januar eine Rückholaktion von Maxim Leitsch gelingt, ist nicht ausgeschlossen, nach jetzigem Stand aber nicht zu erwarten. Der Linksfuß hat sich in Mainz bislang nicht wie erhofft einleben können, im Herbst kamen außerdem gesundheitliche Probleme dazu. Dennoch planen die Rheinhessen weiter mit Leitsch. „Ein Wechsel nach Bochum war und ist kein Thema“, stellte Sportdirektor Martin Schmidt in dieser Woche klar.

Sein Amtskollege in Bochum wird also Alternativen prüfen müssen. Für Patrick Fabian ist es die erste Transferperiode in verantwortlicher Position. Weil sein Vorgänger im Sommer den Lizenzspieleretat nicht vollständig ausgeschöpft hat und der VfL für diese Saison mit einem satten Gewinn plant, gibt es noch finanzielle Spielräume. „Das Transferfenster ist im Winter immer speziell. Wir haben die Möglichkeiten, um aktiv zu werden“, bestätigte Fabian jüngst über die Vereinsmedien. „Es muss aber auch inhaltlich Sinn ergeben und nicht bloß Aktionismus sein.“

(Foto: Firo Sportphoto)

Rekorde in Sicht

Bochums große Ü30-Fraktion: VfL setzt weiter auf Erfahrung

Mit knapp über 30 gelten Arbeitnehmer in der Regel noch als Jungspunde. Im Fußball, zumindest beim kickenden Personal, werden die Spieler vom Boulevard oft schon als „Opas“ betitelt – was zuletzt auch in Bochum der Fall war. Beim letzten Spiel vor der langen Winterpause kamen die Profis im Schnitt auf 31,5 Lebensjahre. Noch nie war ein Bochumer Bundesliga-Team älter. Seit Gründung der Spielklasse 1963 bot lediglich Arminia Bielefeld eine ältere Startformation auf – noch. Die Spieler des VfL werden im Saisonverlauf schließlich nicht jünger.

Trend seit Jahren erkennbar

Der zu erwartende Eintrag in die Bundesliga-Geschichtsbücher käme dann keineswegs zufällig zustande. Jede Bochumer Startelf in dieser Saison kam im Schnitt auf mindestens 29 Jahre, das jüngste Team des VfL war immer noch älter als das älteste Team der 17 Konkurrenten. Kein Wunder, schließlich stellt der VfL auch den ältesten Kader der Liga. In der vergangenen Saison war es genauso. Auch im Aufstiegsjahr brachte der Revierklub deutlich mehr Erfahrung auf den Platz als die Konkurrenz. Interessant ist der Trend in der Kaderentwicklung: In der Saison 2018/19 waren die Spieler im Schnitt noch drei Jahre jünger als heute.

Heute sind die Profis im Schnitt 27,6 Jahre alt, knapp jeder Dritte jenseits der 30. Doch woran liegt das? Die externen Neuzugänge waren in den vergangenen fünf Jahren stets jünger als der bestehende Kader. Aber: Der Altersschnitt der Neuen stieg über die Jahre kontinuierlich an. Ganz bewusst haben die Verantwortlichen um den damaligen Manager Sebastian Schindzielorz und Ex-Trainer Thomas Reis auf Routine gesetzt, gerade Reis hat dies immer wieder betont, zuletzt im Sommer: „Nur mit jungem Gemüse werden wir nicht erfolgreich sein.“

Letsch hatte oft junge Teams

Doch sehen ihre Nachfolger – Patrick Fabian und Thomas Letsch – das genauso? Kurzfristig können sie an der Kaderstruktur ohnehin wenig ändern. Und ein grundsätzliches Problem sieht Letsch, der in der Vergangenheit meist mit deutlich jüngeren Teams gearbeitet hat, mit Blick auf den Altersschnitt auch nicht. „Die Struktur muss stimmen, die Ausgeglichenheit im Kader, die Mentalität – dann ist es egal, ob du 32 oder 19 Jahre alt bist“, sagte der Coach kurz nach seinem Amtsantritt. Im Abstiegskampf kann die Ü30-Fraktion sogar vorteilhaft sein: „In kritischen Situationen hat Erfahrung noch nie geschadet.“

Hinzu kommt, dass die älteren Spieler mit ihrer Vereinstreue auch für eine Verlässlichkeit sorgen, die es im Profifußball nur noch selten gibt. Kapitän Anthony Losilla ist seit mehr als acht Jahren fester Bestandteil der Mannschaft, Danilo Soares seit 2017, auch Cristian Gamboa und Simon Zoller sind länger dabei als andere. Manuel Riemann, der noch in dieser Saison sein 250. Pflichtspiel für den VfL absolvieren könnte, lehnte im Sommer sogar Angebote von zwei Mitbewerbern ab – während viele Jungspunde den Verein wechselten.

Losilla direkt hinter Hasebe

Riemann verlängerte bis 2025. „Und das wird hoffentlich nicht mein letzter Vertrag sein. Ich habe nichts dagegen, mit 44 noch im Tor zu stehen”, sagt der Keeper, der bis mindestens 2024 auch mit Soares, Gamboa und Zoller zusammenspielen wird. Spielen ist hier vermutlich wörtlich zu nehmen. Denn wenn sie fit waren, gehörten sie immer zum Stammpersonal. Auch Anthony Losilla, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft, denkt noch nicht ans Aufhören. Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung sollen bald starten. Hinter Makoto Hasebe von Eintracht Frankfurt ist er aktuell der zweitälteste Spieler der Liga.

(Foto: Firo Sportphoto)

Wintertransfers

Esser, Osterhage, Kunde: Bewegung im Kader des VfL

Am Dienstag feierte Michael Esser seinen 35. Geburtstag – vermutlich im Kreise seiner Familie. Auch deswegen war der Schlussmann im Sommer 2021 ins Ruhrgebiet zurückgekehrt. Dass ihm der VfL Bochum einen Zweijahresvertrag als Ersatzkeeper in der Bundesliga anbot, machte den heimatverbundenen Familienvater ziemlich glücklich. Viermal kam Esser seit seiner Rückkehr nach Bochum zum Einsatz, zuletzt im Mai beim Auswärtsspiel gegen Union Berlin. Esser gilt als loyal, verlässlich und äußerst mannschaftsdienlich, er nimmt die Rolle als Nummer zwei voll an. Nun könnte sich für ihn aber eine neue Tür öffnen.

Wie der kicker am Donnerstag berichtete, zeigt der 1. FC Nürnberg starkes Interesse an einer Verpflichtung des Torhüters. Weil Stammkeeper Christian Mathenia verletzungsbedingt wohl bis zum Saisonende ausfällt, ist der Zweitligist auf der Suche nach einer neuen Nummer eins. Esser soll auf der Wunschliste ganz oben stehen. Die Nürnberger wollen ihm einen Vertrag bis zum Sommer anbieten. Die Frage ist nur: Will er das überhaupt – und wie steht der VfL Bochum dazu? Für einen Wechsel nach Nürnberg spräche, dass Esser im Herbst seiner Karriere noch einmal Spielpraxis erhalten würde. Einsätze wären praktisch garantiert.

Da Esser seinen Lebensmittelpunkt aber langfristig im Ruhrgebiet sieht, könnte eine Vertragsverlängerung beim VfL Bochum für ihn mindestens genauso attraktiv sein. Esser ist nur noch bis zum Sommer an den Bundesligisten gebunden, eine weitere Zusammenarbeit scheint aber nicht ausgeschlossen. Zumal die Verträge von Marko Johansson und Paul Grave ebenfalls enden. Ein Wechsel von Esser nach Nürnberg ist auch ihretwegen keinesfalls sicher. Denn Johansson ist vom Hamburger SV nur ausgeliehen (allerdings mit Kaufoption), Paul Grave nach einer Schulter-OP in der Reha und noch etwas länger außer Gefecht gesetzt.

Osterhage verlängert bis 2026

Während die Entscheidungen auf der Torhüter-Position noch ausstehen, ist Geschäftsführer Patrick Fabian im zentralen Mittelfeld schon einen Schritt weiter. Patrick Osterhage hat seinen Vertrag zu Beginn der Woche um zwei Jahre bis 2026 verlängert. Der 22-Jährige war kurz nach dem Bundesliga-Aufstieg aus der Regionalliga-Mannschaft des BVB zum VfL gekommen und hat sich dort wie erhofft entwickelt. Osterhage pendelt zurzeit zwischen Startelf und Ersatzbank. Perspektivisch trauen ihm die Verantwortlichen die Nachfolge von Anthony Losilla zu, dessen Vertrag in wenigen Monaten ausläuft. Wie es für den Routinier weitergeht, ist noch offen.   

Gleiches gilt für Jacek Goralski, der sich vor der Abwehr ebenfalls am wohlsten fühlt. Der polnische Nationalspieler hat nach seiner Verpflichtung in diesem Sommer bislang kaum gespielt. Erst hinderte ihn eine dringend notwendige Augen-Operation an Training und Wettkampf, aktuell leidet er unter muskulären Problemen und verpasst deshalb auch die Weltmeisterschaft. Goralski wird im neuen Jahr Werbung in eigener Sache betreiben müssen. Denn nur im Falle des Klassenerhalts würde er dem VfL über das Saisonende hinaus erhalten bleiben. Anderenfalls endet sein Vertrag und Goralski würde den Klub wieder verlassen.

Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass der VfL in diesem Winter noch einen weiteren Mittelfeldspieler verpflichten wird. So könnte etwa Pierre Kunde von Olympiakos Piräus noch einmal zum Thema werden. Der 27-Jährige war schon im Sommer ein Kandidat beim VfL, ein Wechsel kam aber nicht zustande. Kunde gehört aktuell dem WM-Kader seines Heimatlandes Kamerun an. Für Piräus hat er zuletzt Anfang September ein Ligaspiel absolviert, ansonsten kam er lediglich in der Europa League zum Einsatz. Aus diesem Wettbewerb sind die Griechen aber ausgeschieden. Der Kader umfasst zurzeit 39 Spieler, Kunde darf im Winter gehen.

Auf welcher Position sollte sich der VfL Bochum in diesem Winter am ehesten verstärken?

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(Foto: Firo Sportphoto)

WM 2022

Erster VfL-Torschütze bei einer WM: Asano schafft Historisches

Schon seit April wusste Bundestrainer Hansi Flick, dass er auf Takuma Asano Acht geben muss. Beim Bochumer Auswärtssieg in Hoffenheim schnürte der Japaner einen Doppelpack – und der DFB-Coach war live dabei. Nach der Partie gab Asano allerdings zu, den prominenten Tribünengast gar nicht zu kennen. „Hansi Flick, was ist das?“, entgegnete der 28-Jährige im Sportstudio-Interview.

Eingewechselter Siegtorschütze

Seit diesem Mittwoch geht diese kurze Videosequenz im Internet viral. Denn während Flick und die Deutschen bei der WM in Katar eine bittere Auftaktniederlage hinnehmen mussten, feierten die Japaner ausgelassen und herzten den Angreifer vom VfL Bochum dabei besonders. Asano, der in der 57. Minute eingewechselt wurde, erzielte in der Schlussphase das spielentscheidende 2:1. Ein langer Ball genügte, um die deutsche Abwehr auszuhebeln. Takuma Asano setzte sich gegen Dortmunds Nico Schlotterbeck durch, rannte ihm davon und traf aus spitzem Winkel. Schon an den Offensivaktionen davor war Asano entscheidend beteiligt. „Ich habe mich viereinhalb Jahre auf diesen Tag vorbereitet“, schrieb er am Abend auf Twitter. „Die frustrierenden Dinge und die glücklichen sind alle mit diesem Moment verbunden.“ Für Asano ist es die erste WM-Teilnahme in seiner Karriere.

Rechtzeitig fit geworden

Dass der schnelle Offensivallrounder überhaupt in Katar auflaufen kann, freut ihn besonders. Asano verletzte sich im September beim Derby gegen Schalke am Knie, fiel mit einem Innenbandanriss wochenlang aus und absolvierte seitdem kein Bundesligaspiel mehr. Erst im November kehrte er ins Mannschaftstraining zurück und wurde schließlich auch für den WM-Kader seines Heimatlandes nominiert. Trainer Thomas Letsch spricht mit Blick auf den Rehaverlauf von einer „Punktlandung“ und freut sich in absehbarer Zeit auf einen gefühlten Neuzugang, den er verletzungsbedingt bislang kaum kennengelernt hat. Womöglich werden sich die beiden auch erst im neuen Jahr wieder begegnen. Mit dem Sieg gegen Deutschland sind die Chancen der Japaner auf ein Weiterkommen deutlich gestiegen. Und der Marktwert von Asano, der bis 2024 an den VfL gebunden ist, sicher auch.

Novum beim 22. WM-Turnier

Zumal der im Sommer 2021 verpflichtete Angreifer für ein Novum in der Bochumer Vereinsgeschichte gesorgt hat. Noch nie ist es einem Spieler des VfL gelungen, bei einer Fußball-Weltmeisterschaft ein Tor zu erzielen. Eine offizielle Statistik gibt es dafür zwar nicht, doch Recherchen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin ergaben bei insgesamt 22 Weltmeisterschaften keinen Treffer.