Andachten

Beten für den VfL: Heimspiele starten im Bochumer Fan-Dom

Göttlichen Beistand hätte der VfL Bochum in der ersten Saisonhälfte oft gut gebrauchen können. Doch ist es gerechtfertigt, für ein Fußballergebnis den lieben Gott um Unterstützung zu bitten? Besuche in einem Fußballstadion und in der Kirche könnten auf den ersten Blick gegensätzlicher nicht sein. Wer Stille und Inspiration sucht, findet sie vielleicht in einem der Gotteshäuser, nicht aber auf den Tribünen zwischen zigtausenden Menschen. Dort wird gegrölt, gefeiert oder geflucht. Jedoch: Fußballvereine wie Kirchengemeinden bieten gleichermaßen einen Raum für Gemeinschaft und Hingabe. Stadien verwandeln sich bisweilen in Tempel, in denen Rituale zelebriert werden. Der Fußball ist für viele Fans eine Ersatzreligion – und deshalb wird im Stadion mitunter sogar gebetet.

Das sieht Henri Krohn ganz ähnlich. „Was Menschen in der Kirche und einer Gemeinde finden, ist Akzeptanz und Wertschätzung. Das finden sie beim VfL auch“, sagt der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in Bochum und zieht weitere Vergleiche: „Im Fußball gehören viele biblische Begriffe zum üblichen Sprachgebrauch: Glaube, Liebe, Treue, Heimat. Auch die Abläufe im Stadion haben Ähnlichkeit zu einem Gottesdienst: Es gibt einen Vorbeter, und die Gemeinde antwortet. Der große Unterschied ist nur: Was sich im Stadion abspielt, ist Religion, was sich in der Kirche und im Gottesdienst abspielt, ist Glaube.“ Krohn trägt das mit einer Überzeugung vor, die annehmen lässt, als würde er seinen Talar jedes Wochenende gegen ein Trikot eintauschen – von wegen. „Ich hatte mit Fußball bis zum vergangenen Sommer wenig am Hut. Das hat sich durch unser Projekt aber geändert und ich sehe, wie karitativ der Verein und seine Fans tätig sind. Das ist beeindruckend.“

Krohn ist einer der Initiatoren hinter dem Bochumer Fan-Dom, der seit August 2024 in der Lutherkirche am Stadtpark und damit in unmittelbarer Stadionnähe beheimatet ist. Das Projekt soll Fußballfans an den Spieltagen und im Idealfall auch darüber hinaus in die Kirche locken. Vor jedem Heimspiel öffnet der Fan-Dom für zwei kurze ökumenische Andachten, die von Pfarrer Krohn und seinem katholischen Kollegen Michael Diek gestaltet werden. „Willkommen ist selbstverständlich jeder, Fans aus Bochum genauso wie Auswärtige“, wirbt Krohn für einen Besuch in der Kirche. Passend zum jeweiligen Gegner sucht er vor den Heimspielen nach passenden biblischen Referenzstellen. „Gegen Leverkusen haben wir uns zum Beispiel auf David und Goliath bezogen.“ Musikalische Gruppen oder Fanclubs unterstützen die beiden Pfarrer dabei.

Abgerundet wird das Programm des Fan-Doms durch Sonderveranstaltungen wie einem Gedenkgottesdienst für verstorbene Fans. „Der Fan-Dom entstand in einem Kreativ-Workshop. Unterschiedliche Menschen aus der Leitungsebene der Gemeinde schwitzten einen Tag gemeinsam und brüteten dieses innovative Angebot aus. Die Idee des Fan-Doms konnte sofort alle begeistern“, erklärt Maike Siebold von der Kommunikationsagentur Beckdesign, die den Workshop geleitet hat und selbst von der Idee angetan ist: „Nur wenige Schritte von der Lutherkirche an der Klinikstraße entfernt liegt das Stadion. Tausende Fans strömen an jedem Spieltag an dem altehrwürdigen Gebäude vorbei. Nun öffnet es seine Türen für alle, die Schatten oder Wärme suchen.“

Krohn und einige Ehrenamtliche kümmerten sich in den Sommermonaten um die konkrete Umsetzung. Vor der Kirche blühen Pflanzen in den Vereinsfarben. Den Kirchturm ziert ein großes Banner, auf dem der Fan-Dom beworben wird. Im Inneren der Kirche sind blau-weiße Fußbälle, ein VfL-Trikot und sogar eine Flagge des Bundesligisten zu entdecken. „Wir verfolgen mit dem Fan-Dom zwei Ziele“, erklärt Krohn. „Zum einen wollen wir einen unserer Kirchtürmer wieder mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stellen. Zum anderen wollen wir die Leidenschaft für Glaube und Hoffnung, also für den lieben Gott, mit der Leidenschaft für den Fußball verbinden.“ Krohn berichtet ohne Umschweife und Nachfrage von der sinkenden Akzeptanz und Relevanz der Kirche innerhalb der Stadtgesellschaft. „Wir werden nicht mehr, sondern immer weniger. Deshalb ist der Fan-Dom auch eine Art Zukunftsprojekt, um Menschen zurück in die Kirche zu bringen.“

Krohn weiß, wovon er spricht. „Ich hatte als Konfirmand eine völlig misslungene Begegnung mit einem Kirchenvertreter und bin erst später wieder in die Kirche zurückgekehrt“, berichtet der engagierte Pfarrer, der sich demnächst in den Ruhestand verabschieden wird, den Fan-Dom bis dahin aber noch bekannter machen möchte. Dabei kann er zum Glück auch auf die Hilfe des VfL setzen. Der Verein, insbesondere der langjährige Fanbeauftragte Dirk ‚Moppel‘ Michalowski, unterstützt das Projekt tatkräftig. „Wir haben dort offene Türen eingerannt“, berichtet Krohn, der mit dem bisherigen Zuspruch der Fans an Spieltagen zufrieden ist, aber zugleich noch Potenzial nach oben sieht: „Der Traum wären natürlich Kölner Verhältnisse.“ Dort marschieren am ersten Spieltag jeder Saison tausende Fans in und an den Dom. In Bochum ist das Projekt zunächst bis zum Saisonende befristet. „Anschließend schauen wir, wie es sich entwickelt hat“, sagt Krohn. Und bis dahin? „Wir beten weiter für den VfL.“ Göttlichen Beistand kann der Klub im weiteren Saisonverlauf sicher gut gebrauchen.

Vor dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt an diesem Sonntag (16.3.) wird es um 13 und 14 Uhr jeweils eine kurze Andacht unter dem Motto Äbbelwoi im Bembel trifft Fiege mit Bügel“ geben.

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Der Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen und wurde durch aktuelle Informationen ergänzt. Auf 100 Seiten bietet das Magazin viele Interviews, ausführliche Portraits und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare der aktuellen Ausgabe sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend gibt es auch eine Download-Option.


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(Foto: Evangelischer Kirchenkreis Bochum)

Debatte

VfL-Kolumne: Corona hat den Fußball nicht verändert

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Dreimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Lehren aus der Corona-Pandemie.

Neulich auf dem Weg zum Stadion fühlte ich mich wie ein Atheist in der Kirche. In der Bahn war ich der Einzige mit einer Maske im Gesicht. Viele Menschen in einem geschlossenen Raum – gerade im Winter ist das die beste Gelegenheit, krank zu werden. Zugegeben: Abseits von öffentlichen Verkehrsmitteln mache ich das auch nicht mehr. Aber alles, was wir während der Pandemie gelernt haben, zu verdrängen, halte ich für falsch.

Das gilt auch für den Fußball. Heute vor fünf Jahren, am 13. März, sagte die DFL den anstehenden Spieltag kurzfristig ab, darunter das Duell des VfL Bochum gegen Heidenheim. Das neuartige Corona-Virus versetzte nicht nur die Fußballligen, sondern das ganze Land in Angst und Schrecken. Doch war die Reaktion richtig? Eine faire Beurteilung gelingt nur auf Basis des damaligen Wissens. Die Übertragungswege waren noch nicht klar, eine Impfung oder Medikamente gab es nicht. Es war vernünftig, Vorsicht walten zu lassen. Erst später folgten Maßnahmen, die widersinnig waren, etwa, als die Stadien leer bleiben mussten, Kneipen mit Fans aber öffnen durften.

Das Verrückte ist: Der VfL hat von der Pandemie sportlich sogar profitiert. Die Auszeit im Frühjahr 2020, als der Abstieg in die 3. Liga drohte, kam zum richtigen Zeitpunkt. In dieser Phase wuchs ein Team zusammen, dem anschließend der souveräne Klassenerhalt gelang. Dieser war die Grundlage für den Bundesliga-Aufstieg, den der VfL ein Jahr später feierte – leider vor leeren Rängen. Doch die Fans kehrten bald zurück. „Der Fußball wird wieder boomen“, versprach VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig. Er behielt Recht.  

Ohnehin hat sich die Fußballwelt nicht verändert. Viele Klubs jammerten und bettelten ihre Fans zu Beginn der Pandemie regelrecht an, weil ihre Budgets trotz jahrelang prosperierender Einnahmen derart auf Kante genäht waren, dass sie ohne Spiele Zahlungsschwierigkeiten hatten. Kaenzig, der den VfL mit Weitsicht und Würde durch die Krise führte, prognostizierte damals, dass „die Summen, die für Spieler gezahlt werden, geringer werden“ und „alles etwas demütiger“ werden würde. Doch ein genereller Lerneffekt ist in der Branche fünf Jahre später nicht zu erkennen. Dabei kommt die nächste Pandemie ganz bestimmt.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Aufwärtstrend

Wende mit Hecking: VfL nimmt direkten Klassenerhalt ins Visier

Etwas mehr als vier Monate ist es her, da nahm Dieter Hecking zum ersten Mal auf dem Trainerstuhl des VfL Bochum Platz. Der Revierklub hatte gerade eine 2:7-Pleite bei Eintracht Frankfurt kassiert und stand mit nur einem Punkt nach neun Spielen abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Selbst Optimist Hecking wollte und konnte die Rettung am Saisonende nicht zusichern: „Das kann ich nicht versprechen. Ich bin kein Messias, kein Zauberer. Im Moment sind wir nicht bundesligareif. Die Tabelle lügt nicht. Meine Aufgabe ist es, dieses Urteil zu revidieren.“

Rettendes Ufer im Blick

Das ist ihm eindrucksvoll gelungen. In der sogenannten Hecking-Tabelle steht der VfL vor dem Rückspiel gegen Frankfurt auf Platz zwölf, punktgleich mit Borussia Dortmund und RB Leipzig. 19 Punkte haben die Bochumer unter der Leitung des erfahrenen Fußballlehrers gesammelt; sieben mehr als Holstein Kiel und sogar 13 mehr als der 1. FC Heidenheim in diesem Zeitraum. Beide Klubs hat der VfL in der Gesamt-Tabelle bereits hinter sich gelassen und sich auf den Relegationsplatz geschoben. Auch der erste Nicht-Abstiegsplatz ist nur noch zwei Punkte entfernt.

„Wir sind jetzt das erste Mal seit meiner Ankunft in der Ausgangssituation, dass wir den direkten Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen können“, freut sich Hecking über die positive Entwicklung. Ausgerechnet am letzten Spieltag reist der VfL zum Auswärtsspiel ans Millerntor und könnte dort – wenn es nicht schon vorher gelingt – am Aufsteiger vorbeiziehen. So oder so: Der Glaube an den Klassenerhalt, sogar ohne eine erneute Relegationsteilnahme, ist bei den allermeisten Fans, in der gesamten Mannschaft und der Vereinsführung gleichermaßen zurückgekehrt.

VfL kämpft sich zurück

Das ist auch deshalb erwähnenswert, weil sogar intern die Skepsis zeitweise groß war, ob dem VfL nach seinem Horror-Start in die Saison die Wende noch gelingen kann. Auch vor gut einem Monat war sich Trainer Hecking noch fast sicher, dass seine Bochumer höchstens Platz 16 erreichen werden. „Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass es ein Dreikampf um den Relegationsplatz wird“, sagte Hecking, als der VfL gerade nur ein 2:2 bei Holstein Kiel erkämpft hatte. An der Castroper Straße hätte zu diesem Zeitpunkt wohl jeder Rang 16 als Endplatzierung zugestimmt.

Nun nehmen sie sogar wieder Platz 15 und damit den direkten Klassenerhalt ins Visier, natürlich beflügelt vom historischen 3:2-Erfolg auswärts bei Bayern München. „Nach der Niederlage gegen Hoffenheim waren hier alle noch todtraurig und viele haben gesagt: Jetzt kommen vier schwere Gegner. Ich habe meiner Mannschaft aber gesagt, dass wir in jedem Spiel eine Chance haben – vor allem, wenn wir so auftreten, wie wir das in München schlussendlich getan haben. Es ist uns jetzt schon mehrfach gelungen, in verloren geglaubten Spielen zu punkten.“

In keinem Spiel chancenlos

Sogar seine Auswärtsschwäche scheint der VfL abgelegt zu haben. Zuletzt haben die Bochumer in der Fremde dreimal nicht verloren. „Natürlich“, weiß Hecking, „müssen wir jetzt auch gegen Mannschaften punkten, die wir ungefähr auf Augenhöhe sehen.“ Der Spielplan bietet alle Möglichkeiten. Neben St. Pauli trifft der VfL auch noch auf Union Berlin und Heidenheim, die nach aktuellem Stand zu den direkten Konkurrenten zählen. Auch die auf dem Papier komplizierten Aufgaben sind lösbar, zumal die nächsten drei Gegner vor herausfordernden Wochen stehen.

Eintracht Frankfurt tritt drei Tage vor dem Gastspiel im Ruhrstadion in der Europa League an. Bayer Leverkusen kann mit seinen vielen Nationalspielern erst einen Tag vor dem Spiel gegen Bochum wieder gemeinsam trainieren, zudem fällt Top-Star Florian Wirtz aus. Und der VfB Stuttgart kämpft drei Tage vor dem Auftritt in Bochum um den Einzug ins DFB-Pokalfinale. Dass der VfL von solchen Konstellationen profitieren kann, hat er gegen die Bayern bewiesen, die zwischen zwei wichtigen Champions-League-Spielen einen Gang herunterschalten wollten und dafür bestraft wurden.


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(Foto: Marc Niemeyer)

3:2 in München

VfL feiert Sensationssieg: „Moment für die Ewigkeit“

Auswärtsfahrten nach München sind für die Fans des VfL Bochum meist nur aus touristischer Sicht ein Highlight. Bei frühlingshaften Temperaturen und Sonnenschein schlenderten etliche Bochumer am Samstagmorgen über den Marienplatz oder Viktualienmarkt, trafen sich zu Hunderten im Glockenbachviertel beim in München ansässigen Fanclub Bavaria Bochum oder feierten die seit Jahrzehnten bestehende Freundschaft mit den Anhängern des FC Bayern. Da ahnten sie noch nicht, dass sie nur wenige Stunden später Zeuge eines Sensationssiegs werden sollten. Mit 3:2 gewann der VfL in der Allianz-Arena, obwohl die Bochumer schon recht früh mit 0:2 in Rückstand lagen. Nach zwei 0:7-Pleiten in den vergangenen drei Jahren schwante den rund 5.000 mitgereisten VfL-Fans schon Böses.

Doch ihre Mannschaft kämpfte sich zurück. „Wir sind zu Beginn fast nur hinterhergelaufen“, merkte Trainer Dieter Hecking kritisch an. „Aber nach dem Anschlusstreffer und dem Platzverweis war der Glaube zurück.“ Die Bayern waren durch einen Doppelpack von Raphael Guerreiro in Führung gegangen, und wäre der Elfmeter von Serge Gnabry nicht am Pfosten, sondern im Tor gelandet, dann hätten die Bochumer wohl nur noch Schadensbegrenzung betreiben können. Weil Jakov Medic den Rückstand aber prompt verkürzte, keimte beim VfL wieder Hoffnung auf, die umso größer wurde, als Joao Palhinha nach seinem Foul gegen Georgios Masouras die Rote Karte sah. Die Bochumer kamen mit neuem Mut aus der Kabine, und glaubten spätestens nach dem Ausgleich durch Ibrahima Sissoko an einen Punktgewinn.

Zuletzt 1991 in München gewonnen

Dass Matus Bero die Partie in der 71. Spielminute sogar komplett drehte, sorgte für Verwunderung bei den erfolgsverwöhnten Bayern und für Ekstase bei den Bochumern. Doch bis zum Abpfiff war es da noch weit. Die Bayern, die zwischen den Champions-League-Duellen gegen Leverkusen im Grunde ihre B-Elf ins Rennen geschickt haben, wechselten bereits nach dem 2:2 ihre Top-Stars ein. Aber für echte Torgefahr konnten auch Harry Kane oder Jamal Musiala nur selten sorgen. Eher waren es die Bochumer, die mit zwei, drei gefährlichen Kontersituationen sogar an einer Vorentscheidung schnupperten. „Für meine Nerven hätten wir gerne das vierte Tor erzielen dürfen“, beklagte sich Hecking mit einem Schmunzeln, lobte aber zugleich die leidenschaftlich-disziplinierte Defensivleistung.

Das oft zitierte Bayern-Glück blieb aus, der VfL brachte das Ergebnis über die Zeit und bejubelte einen gefühlt einmaligen Erfolg. „Wir haben gerade nachgeguckt, wann der VfL zuletzt bei den Bayern gewonnen hat“, verriet Torhüter Timo Horn kurz nach dem Abpfiff. Vor 34 Jahren, 1991, gewann der VfL das bislang einzige Mal beim Rekordmeister. „Da waren die meisten von uns noch gar nicht geboren. Auch deshalb ist das ein Moment für die Ewigkeit“, betonte Horn, der nach seinem Patzer gegen Hoffenheim eine gute Leistung zeigte. Hecking schickte diesselbe Startelf ins Rennen, und sie zahlte das Vertrauen zurück. Kleiner Wermutstropfen: Bernardo sah die fünfte Gelbe Karte und wird am kommenden Sonntag gegen Frankfurt fehlen. Dafür könnten Ivan Ordets und Myron Boadu zurückkehren.

Erster Auswärtssieg der Saison

So oder so: Der VfL hat längst ein Faible für die Duelle gegen Top-Teams entwickelt. Gegen Leverkusen und Leipzig gelang jeweils ein Unentschieden, gegen Dortmund und nun auch gegen die Bayern sogar ein Sieg. „Ich weiß, was solche Momente im Abstiegskampf bedeuten“, sagte Bayerns Trainer Vincent Kompany voller Anerkennung. Der erste Auswärtssieg der Saison im 13. Anlauf ist doppelt hilfreich, emotional wie tabellarisch. „Alle sind glückselig“, stellte Hecking nach einem Kabinenbesuch mit einer kurzen Ansprache fest. „In München ein Spiel zu drehen und zu gewinnen, ist herausragend. Das ist Balsam für die Seele, für uns Spieler wie für die Fans. Es fühlt sich so an, als gäbe es für diesen Sieg zehn Punkte“, scherzte Horn. Aber auch die errungenen drei helfen dem Revierklub ungemein.

Nur noch zwei Zähler beträgt der Abstand auf den ersten Nicht-Abstiegsrang. „St. Pauli ist in Sichtweite, wir haben den direkten Klassenerhalt in der eigenen Hand“, betonte Hecking, dessen Freude aber zwischenzeitlich ein wenig getrübt wurde. Während der ersten Halbzeit musste ein junger VfL-Fan im Gästeblock reanimiert werden. Beide Fanlager stellten daraufhin ihren Support ein. Am Abend teilte der Verein mit, dass der Anhänger wieder stabil und ansprechbar sei. Die Erleichterung im Bochumer Fanlager war spürbar, und sie ließ auch wieder Feierstimmung aufkommen. Denn es ist die Hoffnung auf einen seltenen Tag wie diesen, die tausende Anhänger antreibt, ihrer Mannschaft Jahr für Jahr nach München zu folgen. Diesmal hatte die Reise nicht nur touristischen, sondern auch historischen Wert.


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(Foto: Imago / MIS)

Geschäftsführung

Im März, aber nicht Mutzel: So läuft die Sportchef-Suche

Für eine Lageanalyse Ende Oktober, als sich der VfL Bochum gerade von Trainer Peter Zeidler und von Sportdirektor Marc Lettau getrennt hatte, präsentierte Geschäftsführer Ilja Kaenzig dem siebenköpfigen Präsidium seine Erkenntnisse und Ideen. Das Motto für die nachfolgenden Tage und anstehenden Entscheidungen war klar formuliert: „Tempo, Tempo, Tempo!“ So haben es die Verantwortlichen auch in einer Medienrunde kommuniziert. Nach heutiger Auskunft des Präsidiums galt dies aber nur für die Suche nach einem neuen Trainer. Immerhin: Dieter Hecking wurde zügig präsentiert. Ein neuer Sportchef ist allerdings auch mehr als vier Monate später noch nicht im Amt. Erst mit Abschluss der Winter-Transferperiode hat das Präsidium die Suche forciert. Doch warum nicht früher?

„Wie bereits mehrfach betont, war nach der Benennung des Trainers und der Absprache mit allen Beteiligten klar, dass Ilja Kaenzig und Dieter Hecking die wichtige und intensive Transferphase im Winter abwickeln, kein neuer Mann“, teilt das Bochumer Präsidium auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin mit und skizziert die eigene Vorgehensweise: „Dennoch lief aufgrund der Bedeutung dieses Postens die Suche bereits parallel im Hintergrund an, der Markt wurde sondiert, Profile und Kandidatenlisten erstellt, Gespräche geführt, Meinungen ausgetauscht. Es wurde seitens des VfL dabei stets kommuniziert, dass nach Schließung des Transferfensters und spätestens im Verlaufe des März ein neuer Sportverantwortlicher gefunden werden soll. Daran hat sich nichts geändert.“

VfL läuft die Zeit davon

Dass nicht unmittelbar nach Schließung des Transferfensters Anfang Februar ein neuer Sportchef präsentiert wurde, liegt auch in der Tatsache begründet, dass neben dem Präsidium auch Geschäftsführer Ilja Kaenzig maßgeblich am Suchprozess beteiligt ist. Im Dezember und Januar war Kaenzig vor allem mit Transfers, aber auch mit vielen weiteren Aufgaben in seiner Rolle als alleiniger Geschäftsführer beschäftigt. Das Problem: Dadurch ist bereits wertvolle Zeit für die künftige Kaderplanung verstrichen, mindestens mal der Monat Februar und die ersten Tage im März. In der Regel finden bereits zu diesem Zeitpunkt wichtige Vorgespräche mit potenziellen Neuzugängen für die neue Saison statt, gerade mit ablösefreien Kandidaten, auf die der VfL nach wie vor angewiesen ist, ligaunabhängig.

Ohnehin gibt es zahlreiche Themen, für die es einen eindeutigen Ansprechpartner und Verantwortlichen braucht. Elf Spielerverträge laufen im Sommer aus, darunter mehrere Leistungsträger wie Bernardo und Gerrit Holtmann sowie vier Leihspieler. Darüber hinaus warten Anthony Losilla und Cristian Gamboa auf eine Entscheidung, wie mit ihnen künftig abseits des Platzes geplant wird, ebenso wie Ex-Interimstrainer Markus Feldhoff, der seit November praktisch beurlaubt ist, aber wieder eingebunden werden könnte. Zudem soll die Scouting-Abteilung umgebaut werden. Nicht zuletzt liegt auch die Trainerwahl für die neue Saison in den Händen des Sportchefs, wobei sich Kaenzig bereits klar für Hecking ausgesprochen hat und somit fast ausgeschlossen ist, dass jemand eingestellt wird, der anders denkt. 

Kaenzig und das Präsidium suchen deshalb einen Teamplayer, der außerdem schon nachgewiesen hat, auch mit einem vergleichsweise kleinen Budget arbeiten und trotzdem Transfereinnahmen erzielen zu können. Zudem soll der neue Mann möglichst keine Einarbeitungszeit benötigen. Das wäre insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich die Suche weiter in die Länge zieht. Doch wer kommt überhaupt infrage? Prominente Kandidaten wie Sebastian Schindzielorz oder Jonas Boldt haben längst abgewunken. Auch Nils-Ole Book und Benjamin Weber, die bei erfolgreichen Zweitligisten unter Vertrag stehen, werden es wahrscheinlich eher nicht. Oliver Ruhnert, der ehemalige Erfolgsmanager von Union Berlin, möchte laut Medienberichten zwar zurück in den Westen, Kontakt zum VfL gab es bislang aber keinen.

Mutzel bestätigt Treffen

Die Suche dürfte sich also vor allem auf vereinslose Kandidaten oder auf Manager konzentrieren, die fernab der großen Öffentlichkeit gute Arbeit leisten. Gesprochen wurde unter anderem mit Michael Mutzel von Drittligist Arminia Bielefeld, der mit Hecking schon beim HSV zusammengearbeitet hat. Der Name Mutzel wird gerade in diversen Medien genannt, zuerst in der WAZ. Nach Recherchen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin wird die Wahl aber nicht auf ihn fallen. „Ich wurde vom VfL Bochum kontaktiert und hatte vor einiger Zeit ein Gespräch. Dabei ging es um ein Kennenlernen und mehr nicht. Seither gab es keinen Kontakt mehr“, sagt Mutzel. Bevorzugt wird ohnehin ein eher erfahrener, moderativer Manager, der sich bei Bedarf noch einen (jungen) Kaderplaner dazuholen dürfte. Eine heiße Spur gibt es aktuell nicht.

Grundsätzlich gilt: Trotz der prekären Lage im Abstiegskampf ist der Job bei einem Bundesligisten für viele Manager attraktiv, aktuell allerdings mit kleineren oder größeren Einschränkungen verbunden, die bei einigen Kandidaten zu Skepsis und gar Absagen führen. Neben dem im Branchenvergleich eher niedrigen Gehalt, das der VfL seinen Sportchefs zuletzt gezahlt hat, schreckt auch die Tatsache ab, dass das Präsidium, das für die Anstellung verantwortlich ist, im Juni neu gewählt wird. Ob Verabredungen dann noch gelten, ist vom Wahlausgang abhängig. Zudem soll der neue Sportchef hierarchisch zwar in der Geschäftsführung angesiedelt sein, aber offenbar unterhalb von Ilja Kaenzig, der nach Auskunft des Präsidiums „auch in Zukunft der Hauptverantwortliche des VfL bleiben wird.“


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(Foto: Marc Niemeyer / Imago / Nordphoto)

Rechtsstreit um Spielwertung

„Beinahe endgültiges Urteil“: Union zerrt VfL vor dritte Instanz

Ilja Kaenzig raucht zwar gerne eine Zigarette, aber so viele Feuerzeuge wie er seit Dezember per Post erhalten hat, braucht der Geschäftsführer des VfL Bochum sicher nicht. Immer wieder erhielt Kaenzig Zusendungen von Fans aus Berlin-Köpenick. Es zeigt, was die juristische Auseinandersetzung zum Spielausgang der Partie Union Berlin gegen den VfL Bochum samt Feuerzeug-Wurf ausgelöst hat. Obwohl das DFB-Bundesgericht am vergangenen Freitag die Entscheidung des Sportgerichts bestätigt hat, ist der Rechtsstreit noch nicht beendet. Die Berliner haben bereits angekündigt, vor das Ständige Schiedsgericht der Lizenzligen zu ziehen. Erst im April wird eine Entscheidung erwartet, vermutlich kurz vor dem Rückspiel, das mit jeder weiteren Gerichtsverhandlung brisanter werden dürfte.

Zwei Punkte sind schon gutgeschrieben

Wobei die Bochumer Verantwortlichen mit ihrem renommierten Sportanwalt Christoph Schickhardt der dritten Verhandlung relativ entspannt entgegenblicken können. Durch das in zweiter Instanz bestätigte Urteil des DFB-Bundesgerichts wird ein nachträglicher Sieg immer wahrscheinlicher. Kaenzig sprach am vergangenen Freitag von einem „beinahe endgültigen Urteil.“ Demnach wird das sportlich errungene 1:1 zwischen Berlin und Bochum in ein 2:0 mit drei Punkten für den VfL umgewertet. In der offiziellen Bundesliga-Tabelle wurden die Punkte bereits gutgeschrieben. Richter Oskar Riedmeyer sah keinen Grund, die Entscheidung des Sportgerichts zu revidieren. Der VfL sei durch die notwendige Auswechslung des getroffenen Patrick Drewes eindeutig benachteiligt worden.

Der Feuerzeug-Wurf sei klar den Berlinern zuzurechnen, weil es sich bei dem Täter um ein Vereinsmitglied von Union handelt, argumentierte Riedmeyer in seiner Urteilsbegründung. „Rechtlich hat das Sportgericht damit den Täter mit der gastgebenden und von der Handlung des Täters ebenfalls betroffenen Mannschaft gleichgesetzt“, schreiben die Berliner in einer Stellungnahme. Kaenzig stimmt ihnen sogar zu, bezeichnet Union ebenfalls „Opfer“. Aber: „Wir wissen leider aus eigener Erfahrung, wie ärgerlich solch ein Strafmaß für den betroffenen Klub ist, sind aber der Auffassung, dass eine weitere Häufung dieser Unsitte nur mit maximaler Konsequenz verhindert werden kann.“ Kaenzig nimmt damit Bezug auf den Becherwurf anno 2022, als ein VfL-Fan den Linienrichter traf und das Spiel abgebrochen wurde.

Union Berlin akzeptiert das Urteil nicht

Im Gegensatz zur Partie im Dezember 2024. Deshalb ging es in dem Berufungsverfahren hauptsächlich um die Frage, ob das Gericht ein Spiel umwerten darf, obwohl es regulär beendet wurde. Vor dem Sportgericht und auch in ihren Schriftsätzen hatten die Berliner zunächst noch die Verletzung von Drewes angezweifelt. In zweiter Instanz ging es ihnen einzig um die Rechtsfolgen. Das Schiedsgericht soll nun prüfen, ob der DFB sein eigenes Regelwerk fehlerhaft interpretiert hat. Die Chancen, dass das Urteil in dritter Instanz gekippt wird, stehen aus Berliner Sicht allerdings nicht gut. Die Sportgerichtsbarkeit sieht keine weitere Instanz vor, ein Gang vor den Europäischen Sportgerichtshof ist mangels internationalen Bezugs nicht möglich. Aufgeben und das Urteil akzeptieren möchten die Berliner jedoch nicht.

Unions Präsident Dirk Zingler zieht nach eigener Aussage sogar zivilrechtliche Schritte in Erwägung. „Wir waren Zeuge eines Verfahrens, in dem erstmalig das Fehlverhalten eines Zuschauers zu einer Spielumwertung geführt hat. Und das trotz einer ordnungsgemäßen Beendigung des Spiels durch den Schiedsrichter“, beschwert sich Zingler nach dem neuerlichen Urteil. „Die Schaffung dieses Präzedenzfalls war aus unserer Sicht Ziel des Kontrollausschusses. Das Gericht ist vom VfL Bochum und vom Kontrollausschuss aufgefordert worden, ein politisches Signal zu senden. Dies war nur möglich unter fehlerhafter Anwendung der Rechts- und Verfahrensordnung“, behauptet der Präsident der Köpenicker, der für ein Wiederholungsspiel am gleichen Ort, also im Stadion an der Alten Försterei, plädiert.

Hecking lehnt Wiederholungsspiel ab

Das fände VfL-Trainer Dieter Hecking selbstverständlich gar nicht gut. „Das würde ich nicht akzeptieren können. Dann müssten wir sogar unseren gewonnenen Punkt aufs Spiel setzen“, sagte er bei seinem Besuch im Sportstudio und wurde deutlich: „Wenn Spieler oder Schiedsrichter beworfen werden dürfen, ohne dass es Folgen hat, dann können wir den Laden schließen.“ Weniger emotional, inhaltlich aber sehr ähnlich sieht es DFB-Bundesrichter Riedmeyer: „Eine von außen verursachte Verletzung eines gegnerischen Spielers darf nicht dazu führen, dass der Verursacher daraus einen möglichen Vorteil durch ein Wiederholungsspiel ziehen kann.“ Klar ist mittlerweile: Der Schiedsrichter hätte die Partie abbrechen müssen. Der Nichtangriffspakt, auf den sich die beiden Teams geeinigt haben, war unzulässig.

Dass der VfL um die Punkte am grünen Tisch kämpft, sei nur allzu logisch, erklärt Geschäftsführer Kaenzig: „Es tut uns leid für den Fußball. Aber es ist unsere Pflicht, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Das erwarten auch die Mitglieder und unsere Fans von uns. Ich unterstelle, dass jeder andere Verein auch so handeln würde. Jeder versucht, seine Position bestmöglich darzulegen und sieht sich sicherlich auch im Recht“, sagte Kaenzig kurz nach der zweiten Urteilsverkündung mit seiner ihm typischen Gelassenheit und war bemüht darum, die Emotionen aus dem Spiel zu nehmen: „Unter den Funktionsträgern wird es kein böses Blut geben. Wir stehen alle nur für unsere Sache ein.“ Viele Fans sehen das anders, und so dürfte Kaenzig auch in den kommenden Wochen wieder Post aus Berlin erhalten.


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(Foto: Imago / Eibner)

0:1 gegen Hoffenheim

VfL patzt vor harten Wochen: Gefällig, aber mit Gefälle

Timo Horn wusste sofort, was er falsch gemacht hat. Nach dem spielentscheidenden Treffer von Hoffenheims Tom Bischof fasste sich der Bochumer Schlussmann direkt an den Kopf. Einen eigentlich harmlosen und haltbaren Schuss aus gut 20 Metern lenkte der Keeper unglücklich ins eigene Tor. Horn, der erst kürzlich von Trainer Dieter Hecking zur neuen Nummer eins gekürt wurde, hatte somit einen beträchtlichen Anteil an der unglücklichen 0:1-Heimniederlage. Denn der VfL war keineswegs die schlechtere Mannschaft, im Gegenteil: Die Hecking-Elf war leidenschaftlicher, dynamischer, defensiv kompakter und körperlich präsenter als die TSG. „Unsere Leistung war in Ordnung, wir waren besser, müssen dann aber auch Tore erzielen“, übte der erfolglose Philipp Hofmann vermutlich auch etwas Selbstkritik.

Mehrere Ausfälle

Vor allem die Drangphase zu Beginn der zweiten Hälfte blieb ohne Ertrag. Die Bochumer Torabschlüsse waren entweder zu harmlos oder wurden im letzten Moment geblockt, mitunter zögerten einige Spieler auch zu lange. Obwohl der VfL wie auch die TSG auf vier Stammkräfte verzichten musste, bestätigte der Revierklub seine positive Entwicklung der vergangenen Wochen, zumindest in der Abwehr. Die kurzfristigen Ausfälle von Ivan Ordets (Hüftprobleme) und Erhan Masovic (krank) fielen nicht ins Gewicht. Am ehesten wurde noch Gerrit Holtmann (Muskelfaserriss) mit seiner Schnelligkeit vermisst. Hecking setzte in seiner gewohnten 5-3-2-Formation stattdessen auf Jakov Medic, Felix Passlack und Maximilian Wittek. Sie fügten sich nahtlos in das Team ein und ließen kaum Torchancen zu.

Joker helfen nicht

Das Ergebnis passt jedoch zum generellen Trend und untermauert das Leistungsgefälle zwischen Abwehr und Angriff: Zehn von 15 Partien unter der Leitung von Dieter Hecking endeten für den VfL mit höchstens einem Gegentreffer. Umgekehrt erzielte seine Mannschaft in dieser Zeit durchschnittlich weniger als ein Tor pro Spiel. In fast jeder zweiten Partie blieben die Bochumer ohne eigenen Treffer. Top-Torjäger Myron Boadu wird spätestens übernächste Woche gegen Frankfurt ins Team zurückkehren. Holtmann hingegen könnte auch die nächsten beiden Spiele verpassen. In der Offensive fehlen gleichwertige Ersatzspieler, das hat die Schlussphase gegen Hoffenheim abermals bestätigt. Keiner der Eingewechselten, darunter Dani de Wit, Koji Miyoshi und Moritz Broschinski, sorgte für entscheidende Impulse.

Zu oft ohne Treffer

Das erklärt zum Teil auch die Tatsache, dass der VfL schon gegen Augsburg, Bremen und Freiburg mit 0:1 verlor, obwohl er in diesen Partien nicht die schwächere Mannschaft war. Gegen Hoffenheim wiederholte sich dieser Verlauf. „Das ist Abstiegskampf. Solche Rückschläge werden wir immer in Kauf nehmen müssen“, sagte Hecking nach dem Kellerduell, in dem sich die Hoffenheimer mit acht Punkten Vorsprung nun klar vom VfL distanziert haben. Eingerechnet sind dabei schon die Punkte, die den Bochumern am Freitagabend vom DFB-Bundesgericht im Rechtsstreit mit Union Berlin zugesprochen wurden. Das Urteil ist noch anfechtbar, die Köpenicker werden vor das Schiedsgericht der Lizenzligen ziehen. Dass das in zweiter Instanz bestätigte Urteil noch einmal gekippt wird, ist aber ziemlich unwahrscheinlich.

Samstag in München

Die Bochumer stehen momentan also auf dem Relegationsplatz, zwei Punkte vor den an diesem Wochenende erneut erfolglosen Heidenheimern und nur vier Punkte hinter St. Pauli auf dem rettenden Ufer. Dass der VfL dieses bereits in den kommenden Wochen erreicht, wäre eine Überraschung. Am kommenden Samstag geht es zum FC Bayern, die nachfolgenden Gegner heißen Eintracht Frankfurt, Bayer Leverkusen und VfB Stuttgart. „Das ist ein schweres Programm“, weiß nicht nur VfL-Verteidiger Bernardo, aber: „Wir haben da keinen Druck und können nur positiv überraschen.“ Hinter Bernardo wird übrigens weiter Timo Horn das Bochumer Tor hüten. Trainer Hecking hat ihm vor etwas mehr als einer Woche das Vertrauen geschenkt und plant bis zum Saisonende keinen weiteren Torwartwechsel. 


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(Foto: Imago / Sven Simon)