Debatte

VfL-Kolumne zum Präsidium: Wer erzählt die Wahrheit?

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Lage vor der Mitgliederversammlung.

Der Wesenskern journalistischer Arbeit ist es, Vorgänge kritisch zu hinterfragen, dabei auch Verborgenes sichtbar zu machen und sich stets an Tatsachen zu orientieren. Das als Reporter im Umfeld des VfL umzusetzen, ist derzeit kein leichtes Unterfangen. Denn: Zu einem Sachverhalt gibt es oft mindestens zwei Versionen. Person A behauptet jenes, Person B widerspricht. Gegensätzliche Auskünfte sind mittlerweile fast die Regel und zeigen, dass die sportliche Talfahrt nur das Ergebnis grundlegender Probleme ist.

Speziell die Lage im Präsidium ist diffizil. Ende Oktober bekam ich aus einer sehr zuverlässigen Quelle die Info, dass sich innerhalb des Gremiums eine Mehrheit gegen Hans-Peter Villis gebildet haben soll. Das angebliche Ziel: Eine Abwahl des Vorsitzenden. Mehrere Präsidiumsmitglieder dementierten jedoch, dass es derartige Differenzen geben würde. Einen Tag später zog sich Villis aus „gesundheitlichen Gründen“ zurück. Ein Zufall?

Also habe ich zur weiteren Recherche mit zahlreichen Personen aus verschiedenen Vereinsgremien gesprochen. Das Ergebnis: Sie alle haben eine Lagerbildung im Präsidium bestätigt. In einer Medienrunde und bei der Fanclubvertreterversammlung stellten es die dort anwesenden Präsidiumsmitglieder aber nach wie vor anders da. Sie betonten, Villis sei wirklich krank und habe um eine Auszeit gebeten. Wenn er wieder gesund sein sollte, könne er in seine Ämter zurückkehren. Vielleicht ja schon zeitnah? Villis lief am Samstag in augenscheinlich guter Form durch die Bochumer VIP-Lounge, allerdings mit deutlicher Distanz zu seinen Präsidiumskollegen. Auch beim obligatorischen Zusammentreffen mit den Verantwortlichen von Werder Bremen war er nicht dabei.

So oder so: Die Mitgliederversammlung an diesem Donnerstag dürfte spannend werden. Es gibt Anträge von Mitgliedern, geplante Satzungsänderungen, zudem stellt der Klub leicht modifizierte Pläne zum Stadionumbau vor. Und wer weiß, was angesichts der sportlichen und außersportlichen Lage noch passieren wird. Vor allem: Wie kritische Fragen beantwortet werden – auch zum oben genannten Sachverhalt.


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(Foto: Marc Niemeyer)

0:1 gegen Bremen

Ohne Torgefahr im Teufelskreis: Bochumer Glaube schwindet

Manche Menschen lernen einfach nicht dazu. Im Ruhrstadion flogen am Samstag mal wieder Gegenstände auf den Rasen, als die Gäste aus Bremen in der 56. Spielminute einen Eckstoß ausführen wollten. Philipp Hofmann wurde von Schiedsrichter Felix Brych damit beauftragt, die eigenen Fans zu ermahnen. Das erledigte der Ersatz-Kapitän allerdings nur halbherzig und rannte lieber zurück in den Strafraum. Ohne Erfolg. „Nachdem Philipp raus musste, war unsere Zuordnung dahin“, merkte Trainer Dieter Hecking nach der Partie an, ohne die Schuld auf den Unparteiischen oder gar auf die eigenen Fans schieben zu wollen. Völlig freistehend erzielte Jens Stage per Kopf das spielentscheidende 0:1. Damit verpasste der VfL auch im 13. Anlauf den ersten Saisonsieg. 

Fast hoffnungslos

Die Hoffnung auf den Klassenerhalt schwindet bei vielen Fans und mittlerweile auch bei einigen Verantwortlichen weiter. Immerhin: Der Rückstand auf Heidenheim und den Relegationsplatz beträgt unverändert acht Punkte. Zwei Tage vor Heiligabend gastiert das Team von Trainer Frank Schmidt im Ruhrstadion. Es ist die allerletzte Chance für den VfL, nicht komplett abgeschlagen in die kurze Winterpause zu gehen. Nur: Ist diese Bochumer Mannschaft überhaupt in der Lage, ein Spiel zu gewinnen? Ja, sagte Trainer Hecking trotz der Niederlage gegen Bremen, schränkte aber ein: „Wenn wir keine Tore schießen, wird es schwierig.“ Die Defensive hat er sichtbar stabilisiert, doch in der eigenen Offensive läuft nach wie vor wenig zusammen. Heckings Zwischenbilanz ist ernüchternd: Vier Spiele, nur ein Treffer. 

Wieder mal torlos

Diese Torarmut ist längst kein Zufall oder Pech mehr, sondern deutet auf ein generelles Qualitätsproblem hin. Mittelstürmer Philipp Hofmann hat dieser Saison erst ein einziges Mal getroffen, Moritz Broschinski noch gar nicht. Auch saisonübergreifend ist ihre Bilanz lausig schlecht. Allein verantwortlich für die Offensiv-Misere beim VfL sind sie aber nicht. Dass die Bochumer nach 14 Pflichtspielen erst zehn Tore erzielt haben, ist ein vielschichtiges Problem, das sich im Kern auf zu viele Fehleinschätzungen bei der Kaderplanung in diesem und bereits im vergangenen Jahr zurückführen lässt. Zahlreiche Spieler erfüllen nicht die Erwartungen. Auch im Mittelfeld fehlt die nötige Qualität – zum einen, um selbst das Tor zu treffen, zum anderen, um die Stürmer mit passenden Zuspielen und Flanken zu füttern. 

Vorne zu kopflos

Trotzdem: Unterlegen war der VfL gegen Bremen keineswegs. Dieter Hecking hatte deutlich mutiger aufgestellt als zuletzt gegen Augsburg, setzte auf Gerrit Holtmann und Koji Miyoshi für ein besseres Flügelspiel und erkannte, dass auch Bernardo und Ibrahima Sissoko zwingend in die Startelf gehören. „Die erste Halbzeit war die beste unter meiner Leitung“, lobte Hecking die druckvolle Herangehensweise seiner Mannschaft, die allerdings nur selten in echter Torgefahr mündete. „Die Intensität in den Zweikämpfen war gut, und wir haben auch mit dem Ball Lösungen gefunden. Es gab einige Situationen, die gefährlich hätten werden können.“ Hecking nutzte den Konjunktiv ganz bewusst, denn im Strafraum fehlte immer wieder die nötige Präzision, wahrscheinlich auch das Selbstvertrauen. 

Am Ende planlos

Das sank nach dem 0:1 immer weiter, eine Schlussoffensive blieb aus. „Am Ende war viel Hektik drin. Da hat uns vielleicht auch der Glaube gefehlt. Aber wenn wir resignieren, ist die Sache gelaufen“, bemerkte Hecking, der den Teufelskreis natürlich kennt: Mit jeder Niederlage mehr wird es noch schwieriger, wieder in die Spur zu kommen. „Wir brauchen einen Sieg, danach ist der Druck weg und wir können vielleicht Punkte sammeln“, erklärte Bernardo, der dazu beiträgt, dass die Gegentorflut eingedämmt wurde. Und offensiv? Hoffnungsträger Myron Boadu, der trotz seiner langen Verletzungspause immer noch der erfolgreichste Torschütze in dieser Saison ist, arbeitet akribisch an seinem Comeback. Ein Kandidat für die Startelf ist er aber wahrscheinlich erst wieder im neuen Jahr – womöglich zu spät. 

Seit Mai sieglos

Das Problem: Fast jeder Offensivspieler hat von Hecking nun eine Chance bekommen. Mit Abstrichen überzeugt haben allenfalls Holtmann und Miyoshi. Doch torgefährlich sind die beiden auch nicht. Mutmachend ist deshalb höchstens noch das Restprogramm bis Weihnachten. Das letzte Auswärtsspiel des Jahres führt den VfL am kommenden Samstag zu Union Berlin, anschließend gastiert wie erwähnt Heidenheim in Bochum. Union wartet seit Oktober auf einen Sieg in der Liga, Heidenheim sogar seit September; der VfL allerdings schon seit Mai. Den letzten Bundesliga-Dreier gab es ausgerechnet an der Alten Försterei. Von vier Toren, die seinerzeit gelangen, können die Bochumer dieser Tage wohl nur träumen. Wobei ein 1:0-Erfolg ja auch schon genügen würde, um den Glauben nicht zu verlieren…


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(Foto: Marc Niemeyer)

Neuer Vertrag

„Zug nach Nirgendwo“: Chef von Vonovia rügt VfL-Führung

Beim VfL Bochum war mal wieder Tag der offenen Tür. Die Stadiontore standen am Freitagmittag sperrangelweit offen, und für jeden Spaziergänger war auf den Stadionleinwänden schon zu sehen, was eine gute Stunde später offiziell verkündet werden sollte: Hauptsponsor Vonovia hat den Vertrag mit dem Bundesligisten bis 2028 verlängert. Tief im Westen – Das VfL-Magazin hatte darüber bereits am Donnerstag berichtet. Für den Klub handelt es sich zweifellos um einen wichtigen Deal, der Planungssicherheit bietet, und zwar ligaunabhängig. „Für uns ist es ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk“, sagte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig in einer Medienrunde und betonte: „Abschlüsse dieser Art sind angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage nicht selbstverständlich.“ 

Wichtigster VfL-Sponsor

Vonovia hält bereits seit 2016 die Namensrechte am Ruhrstadion. Nach der Bundesliga-Rückkehr im Jahr 2021 stieg der DAX-Konzern mit Sitz in Bochum auch als Haupt- und Trikotsponsor beim VfL ein. Für den Klub ist Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen der mit deutlichstem Abstand wichtigste Partner auf der Sponsorenebene. In Summe überweist Vonovia dem VfL jährlich einen mittleren einstelligen Millionenbetrag. Im Abstiegsfall wäre es naturgemäß weniger. Damit es dazu nicht kommt, hat Vonovia-Vorstand Arnd Fittkau die Vereinsführung bei der Bekanntgabe der Vertragsverlängerung in ungewohnter Deutlichkeit ermahnt und öffentlich kritisiert: „In meiner Rolle als Fan sehe ich zu viele Ereignisse, die nicht für Kontinuität stehen.“ 

Fittkau vermisst Kontinuität

Fittkau zählte die Namen der geschassten Trainer und Manager auf, die er sich zuvor extra notiert hatte. „Und das alles in nur acht, neun Monaten“, fügte er vielsagend hinzu. Statt sich zurückzuhalten, wie es Fittkau in all den Jahren zuvor getan hat, machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube und blickte kritisch auf die sportliche und außersportliche Lage: „Wenn die Erdmännchen-Klasse aus Bochum noch ein neues Lied präsentieren würde, wäre es wahrscheinlich ‚Es fährt ein Zug nach Nirgendwo‘.“ Fittkau sprach eine „herzliche Einladung zu mehr Kontinuität und Nachvollziehbarkeit“ bei der Entscheidungsfindung aus. Der 51-Jährige hatte sich zuletzt unter anderem für eine außergerichtliche Einigung in der Angelegenheit um den ausgemusterten Manuel Riemann eingesetzt. 

Fittkau zur Causa Riemann

Auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin erklärte Fittkau die Gründe dafür: „Manuel Riemann spielt seit neun Jahren für den VfL, er ist ein toller Fußballer mit Verdiensten für den Klub. Die einen mögen ihn, die anderen mögen ihn nicht. Aber für solche Typen gehe ich ins Stadion.“ Dass sich Riemann und der VfL Bochum im November beinahe vor Gericht getroffen hätten, fand er „unglücklich.“ Fittkau betonte: „Kern unseres Vereins sollte ein guter Umgang miteinander sein. Und im Ruhrgebiet setzt man sich bei Differenzen an einen Tisch und versucht eine Lösung zu finden.“ Diese Gesprächsbereitschaft haben Teile der Bochumer Führungsriege über Monate vermissen lassen, ehe es kurz vor dem Gerichtstermin doch noch zur einer Lösung kam.

Viel Planungssicherheit

Hinderlich für den erneuten Vertragsabschluss waren all diese Aspekte jedoch nicht. Trotz der Krisenstimmung gelang dem VfL sogar ein Deal, der nicht nur eine Spielzeit umfasst, sondern gleich drei. Damit hat der VfL mit sämtlichen Sponsoren der ersten Reihe ligaunabhängige Verträge vereinbart, die den ungewissen Saisonausgang überdauern. Bis 2026 läuft der Vertrag für die Namensrechte des Stadions, selbiges gilt für alle Werbeleistungen der Stadtwerke Bochum. Ausrüster Mizuno bleibt bis mindestens 2027 an Bord, Haupt- und Trikotsponsor Vonovia noch ein Jahr länger. Die Zusammenarbeit mit Ärmelsponsor Mtel wurde sogar für fünf Jahre, also bis 2029, geschlossen. Auch die aus Fansicht wichtige Kooperation mit der Fiege-Brauerei ist bis 2026 vereinbart.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Klubführung

Neuer VfL-Sportchef erst 2025 – Millionen-Kosten für Ehemalige

Wer dieser Tage durchs vierte Stockwerk des Bochumer Stadioncenters und damit durch die Chefetage läuft, dem fällt auf, dass in einigen Büros derzeit trotz der dunklen Jahreszeit kein Licht brennt. Der Sport-Geschäftsführer und der Sportdirektor, die sich ein Büro geteilt haben, sind schon länger nicht mehr im Amt, und auch der Direktor für Marketing und Vertrieb hat den VfL Bochum Ende November verlassen. Tim Jost, der erst Anfang 2023 von Holstein Kiel an die Castroper Straße gewechselt war, hat ein verlockendes Angebot erhalten und angenommen. Er arbeitet ab sofort als einer von vier Geschäftsführern für die TSG Hoffenheim. „Tim hat maßgeblichen Anteil an der positiven Geschäftsentwicklung des VfL in der jüngeren Vergangenheit“, sagt VfL-Chef Ilja Kaenzig zum Abschied von Jost.

Vonovia bleibt weiter Hauptsponsor

Der 38-Jährige hat sich mit seiner empathischen und verlässlichen Art sowie mit seiner kreativen Arbeitsweise über die Grenzen von Bochum hinaus einen Namen gemacht hat. Mit Jost verliert Kaenzig einen weiteren wichtigen Zuarbeiter, der vor allem die Gespräche mit den wichtigsten Sponsoren geführt hat, unter anderem mit Hauptsponsor Vonovia. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin und der WAZ ist es Jost und seinem Team gelungen, den am Saisonende auslaufenden Vertrag ligaunabhängig zu verlängern, obwohl der DAX-Konzern die sportliche und außersportliche Lage zuletzt mit großer Skepsis beobachtet hat. Vonovia-Vorstand Arnd Fittkau hatte sich zuletzt unter anderem für einen wertschätzenderen Umgang mit dem lange Zeit aussortierten Torhüter Manuel Riemann eingesetzt.

Zwei Direktoren-Posten unbesetzt

Auch wenn dieses Thema nun geklärt ist, landen mit dem Abgang von Jost weitere Aufgaben auf dem ohnehin schon vollen Schreibtisch von Kaenzig, der seit einem halben Jahr alleiniger Geschäftsführer ist. Direkt unter ihm wurden insgesamt neun Direktoren-Posten geschaffen, neuerdings beispielsweise auch für Kommunikation oder den Frauenfußball. Die vielleicht wichtigsten für Marketing und Vertrieb sowie für die Profiabteilung sind derzeit unbesetzt. Für Neueinstellungen ist Kaenzig verantwortlich, wobei das Präsidium speziell bei der Sportlichen Leitung mitreden möchte. Das Kontrollgremium denkt darüber nach, die erst im Sommer geschaffene Struktur aufzulösen und zusätzlich wieder einen Sport-Geschäftsführer zu installieren – nicht um Kaenzig zu entmachten, sondern um ihn zu entlasten.

Noch keine konkreten Gespräche

Wobei hier Vorsicht geboten ist: Je nach Vereinbarung im Sommer und im Falle einer ungeschickten Vorgehensweise könnte Kaenzig verprellt werden, wenn dieser das Gefühl hat, zum Spielball des Präsidiums zu werden. Kaenzig ist bislang derjenige, der den Klub noch halbwegs zusammenhält, während es auf fast allen Ebenen bröckelt. Kurzfristig wird sich an der bestehenden Struktur ohnehin noch nichts ändern. Der neue Sportchef wird, egal auf welcher Führungsebene, frühestens Anfang 2025 seinen Dienst antreten. Einen aussichtsreichen Kandidaten gibt es nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin noch nicht, konkrete Gespräche wurden bislang auch noch nicht geführt. Bis dahin liegt die Verantwortung für den Sport bei Kaenzig, der bereits Trainer Dieter Hecking ausgesucht hat.

Millionen-Kosten für Ehemalige

Immerhin spart der VfL somit Kosten für weiteres Führungspersonal. Die Liste derer, die beurlaubt wurden und noch bezahlt werden müssen, ist bekanntermaßen ziemlich lang. Allein die Ex-Trainer Thomas Letsch und Peter Zeidler belasten den Etat spürbar, schätzungsweise mit fast zwei Millionen Euro im Jahr. Hinzukommen Zeidlers Assistent Maxime Antonilli, Teammanager Hannes Hahn und Ex-Interimstrainer Markus Feldhoff, für den nach wie vor eine neue Aufgabe innerhalb des Klubs gesucht wird. Auch Ex-Sportdirektor Marc Lettau erhält weiterhin sein Gehalt, ebenso wie der ehemalige Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian. Die Klubführung hat sich mit ihm im Sommer darauf verständigt, dass er weiterhin seinen Grundlohn erhält. Die Trennung erfolgte in beiderseitigem Einvernehmen.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Transferbilanz

Kein Leistungsträger dabei: Bochumer Zugänge enttäuschen

Für Dieter Hecking sind die Profis des VfL Bochum im Grunde alle neu. Seit gut einem Monat trainiert der 60-Jährige den Revierklub. Ob ein Spieler schon länger oder erst seit wenigen Monat das blau-weiße Trikot trägt, ist für ihn nicht relevant. Für viele Fans allerdings schon. Um nach dem ersten Drittel der Saison eine vorläufige Transferbilanz zu ziehen, lohnt vor allem ein Blick auf die Einsatzzeiten. Und da fällt auf: Obwohl mit Kevin Stöger, Takuma Asano, Keven Schlotterbeck und Patrick Osterhage im Sommer mindestens vier Stammkräfte den Verein verlassen haben, spielen die zehn Neuerwerbungen bislang nur eine untergeordnete Rolle. Bei der 0:1-Niederlage in Augsburg gehörten mit Patrick Drewes und Jakov Medic lediglich zwei Neuzugänge zur Bochumer Startelf – so wenige wie noch nie in dieser Saison.

Den Höchstwert erreichte der VfL noch unter Peter Zeidler beim Auswärtsspiel in Freiburg, als neben Drewes und Medic auch Koji Miyoshi, Dani de Wit und Ibrahima Sissoko von Beginn an spielten. Geholfen hat es allerdings nicht: Der VfL ging wie in den meisten Spielen als Verlierer vom Platz – was sicher auch an den enttäuschenden Darbietungen der Sommer-Einkäufe liegt. Zu einem Leistungsträger hat sich bislang keiner von ihnen entwickelt. Nur Patrick Drewes und Ibrahima Sissoko haben überhaupt alle zwölf Bundesliga-Spiele auf dem Rasen miterlebt, wobei Drewes der einzige ist, der stets zur Startelf gehörte, während Sissoko, der von den neuen Feldspielern noch am meisten überzeugte, zuletzt nur eingewechselt wurde. Das ist insofern bemerkenswert, weil Drewes eigentlich nur als Ersatztorhüter geholt wurde.

Viele Fehleinschätzungen

Weil aber mehrere Transferideen scheiterten, darunter Münchens Daniel Peretz und Kölns Marvin Schwäbe, rückte Drewes zur Nummer eins auf, und der VfL verpflichtete Anfang August Timo Horn als Herausforderer. Dass Schwäbe Ende August doch noch hätte verpflichtet werden können, passt ins Bild. In zu vielen Fällen hat sich der ehemalige Sportdirektor Marc Lettau geirrt. Vor allem seine vermeintlichen Königstransfers, die den Verlust wichtiger Stammkräfte auffangen sollten, sind mit Ausnahme von Sissoko bislang noch nicht die erhofften Verstärkungen. Speziell Dani de Wit ist weit davon entfernt, die Rolle von Kreativkopf Kevin Stöger einzunehmen. Dass de Wit kein klassischer Spielgestalter und Passgeber ist, war von Beginn an klar. Doch der Niederländer konnte auch in anderer Rolle noch nicht glänzen.

Erst zwei direkte Torbeteiligungen stehen in der Bilanz des hochgelobten Top-Verdieners, der unter Hecking sogar seinen Stammplatz verloren hat. Seit dessen Amtsantritt darf de Wit nur noch auf der Bank Platz nehmen, in Augsburg wurde er nicht einmal eingewechselt. Aus der Mannschaft ist zu hören, dass de Wit den Wechsel nach Bochum angeblich schon bereut, sogar ein vorzeitiger Abgang ist nicht auszuschließen. Dabei ist sein Vertrag noch bis 2028 datiert, genauso wie bei Koji Miyoshi. Die Einsatzzeiten des Japaners stehen bislang ebenfalls noch nicht im Verhältnis zum vergleichsweise großen Invest am letzten Transfertag. Der agile Mittelfeld-Allrounder, der gegen Leverkusen das bislang einzige Tor unter der Leitung des neuen Trainers erzielt hat, wurde in Augsburg nur eingewechselt.

Zwei Verletzte

Vor Torhüter Drewes durfte sich am vergangenen Wochenende einzig Jakov Medic zeigen, der mit seiner resoluten Verteidigungsweise zu gefallen weiß, sich aber immer wieder Flüchtigkeitsfehler im Spielaufbau erlaubt. Auf ihn muss der VfL jedoch vorerst verzichten. Medic hat in Augsburg eine kleine Fraktur der Augenhöhle erlitten und musste im Krankenhaus behandelt werden. Auch Myron Boadu fällt für das kommende Heimspiel gegen Werder Bremen aus. Nach seiner Schambein-Entzündung befindet sich der schnelle und technisch versierte Angreifer noch im Aufbautraining, wenngleich er noch vor Weihnachten wieder spielen soll. Mit zwei Treffern ist der Leihspieler vom AS Monaco trotz seiner Pause seit Mitte Oktober der gefährlichste VfL-Stürmer und immerhin ein Hoffnungsträger für die Rückrunde.

Boadu ist neben Medic und Balde einer von drei Neuen, die der VfL zunächst nur für eine Saison an sich gebunden hat, anschließend aber eine Kaufoption besitzt. Wobei diese bei Boadu derart hoch angesetzt ist, dass ein Verbleib auch im Falle des Klassenerhalts praktisch ausgeschlossen ist. Ähnliches gilt für Aliou Balde, bei dem es aber keine finanziellen, sondern sportliche wie disziplinarische Gründe sind. Bereits zweimal hat ihn Hecking wegen eines Fehlverhaltens öffentlich ermahnt und daraufhin aus dem Kader gestrichen. Angesichts dieser Umstände ist ein vorzeitiges Ende der Leihe im Winter denkbar. In diesem Zusammenhang muss sich der VfL jedoch die Frage gefallen lassen, wie er zum wiederholten Mal einen Spieler verpflichten konnte, der zwar als Profi bezeichnet wird, sich aber nicht so verhält.

Ohne Perspektive

Nicht wesentlich anders ist der Fall Samuel Bamba gelagert. Nur ein Kurzeinsatz als Joker steht derzeit in den Büchern; weitere werden vorerst nicht dazukommen. Bamba gehört seit Wochen und unabhängig vom Übungsleiter nicht mehr zum Spieltagskader. Peter Zeidler kritisierte mehrfach seinen Fitnesszustand – ein Problem, das schon in Dortmund existierte und somit vor der Verpflichtung hätte bekannt sein müssen. Bamba sammelte zuletzt gemeinsam mit Neuzugang Niklas Jahn Spielpraxis in der U21, fiel dort aber nicht sonderlich auf. Jahn wiederum zeigte zumindest vollen Einsatz, ist von der Klasse eines Bundesliga-Spielers aber noch weit entfernt. Ihm und auch Bamba würde im Winter sicher eine Leihe helfen. Konkrete Anfragen anderer Klubs liegen dem VfL bislang aber noch nicht vor.


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(Foto: Marc Niemeyer)

0:1-Niederlage in Augsburg

„Ordentliches Spiel“? Bochums seichte Selbstanalyse

Viele Spieler haben beim VfL Bochum in dieser Saison bislang nicht überzeugt. Dass ausgerechnet zwei von den etwas Besseren in Augsburg auf der Bank Platz nehmen mussten, war durchaus überraschend. Ibrahima Sissoko und Gerrit Holtmann mussten für Ivan Ordets und Lukas Daschner weichen. Die Idee von Trainer Dieter Hecking, der in taktischer Hinsicht nur Nuancen veränderte, ging nicht auf. Bei einem nominell wie fußballerisch eher schwächeren Konkurrenten verlor der VfL nach einem Elfmetertor mit 0:1 und ließ abermals seine Bundestauglichkeit vermissen. Geradezu verwunderlich sind deshalb Aussagen wie die von Felix Passlack, Philipp Hofmann und Lukas Daschner, die allesamt „ein ordentliches Spiel“ ihrer Mannschaft sahen. Seichte Spielanalysen dieser Art hat es zuletzt häufiger gegeben.

Sonderbare Startelf

Zumindest ist es Dieter Hecking seit seinem Amtsantritt vor gut einem Monat gelungen, die Defensive zu stabilisieren. Die eigene Offensive bleibt dagegen erschreckend harmlos und ist zusammen mit Union Berlin und dem FC St. Pauli die schwächste der Bundesliga. In Augsburg gelang dem VfL nur ein einziger Schuss direkt auf das gegnerische Tor. Generell mangelte es an gefährlichen Strafraumaktionen, an Ballstafetten und zündenden Ideen. „Wir hätten mehr Durchsetzungsvermögen und Überzeugung im letzten Drittel gebraucht. Wir hatten drei, vier Abschlüsse, die knapp vorbeigehen, aber eben nicht aufs Tor kommen“, bemängelte Hecking, der sich erstmals auch selbst kritisieren lassen muss. Seine Startaufstellung war von außen betrachtet nicht nachvollziehbar und ganz offensichtlich die falsche Wahl.

Alternativlose Angreifer

Mit Bernardo und Sissoko saß ein zweikampfstarkes Duo zunächst nur auf der Bank, Ballgewinne blieben folglich Mangelware. Erneut lag auch das Flügelspiel brach, die passenden Kandidaten hierfür blieben ebenso draußen und sorgten erst spät für etwas Belebung. Koji Miyoshi und Gerrit Holtmann waren nach ihrer Einwechslung agiler als zum Beispiel Lukas Daschner, der zwar im Training überzeugt, in den Pflichtspielen aber meist das genaue Gegenteil zeigt. Dass mit Moritz Broschinski und Philipp Hofmann zum wiederholten Mal die beiden Angreifer starten durften, die zusammen erst ein Saisontor erzielt haben, ist Hecking jedoch kaum anzukreiden. Es fehlen Alternativen. Myron Boadu kämpft sich nach seiner Schambein-Entzündung gerade erst zurück, weitere Stürmer gibt der Kader nicht her.

Katastrophale Kaderplanung

Zahlreiche Fehler wurden bereits bei der Kaderplanung im Sommer gemacht. Dass es auch dem erfahrenen und von vielen Spielern geschätzten Dieter Hecking bislang nicht gelungen ist, sicht- und messbare Fortschritte zu erzielen, spricht für ein generelles Qualitätsproblem. Zusätzlich hat auch die Mentalität im vierten Bundesliga-Jahr nachgelassen. Wirklich wehrhaft wirkt aktuell kaum ein Bochumer. Als Jakov Medic kurz vor Spielende nach einem Schlag ins Gesicht minutenlang am Boden lag und anschließend ohne Ersatz das Spielfeld verlassen musste, beschwerte sich nicht einmal Ersatz-Kapitän Philipp Hofmann, dessen negative Körpersprache ohnehin sinnbildlich ist für die Lage beim VfL Bochum. Der Bundesliga-Abstieg lässt sich wohl nur noch mit einer furiosen Aufholjagd stoppen.

Riesiger Rückstand

Doch der Glaube an die Wende schwindet mit jeder weiteren Niederlage. Auf jetzt schon neun Punkte ist der Rückstand zum rettenden Ufer angewachsen. Nach zwölf Spieltagen stehen die Bochumer mit zwei Pünktchen nach wie vor am Tabellenende. In der Bundesliga-Historie war zu diesem Zeitpunkt bislang nur ein einziges Team noch schlechter. „Wir müssen jetzt anfangen, dreifach zu punkten, am besten schon nächstes Wochenende“, meint Passlack. Ein Satz, der in dieser Saison schon häufiger über die Lippen von Spielern oder Verantwortlichen kam, auf den bislang aber nie Taten folgten. Hoffnung macht einzig das Restprogramm mit zwei Heimspielen bis Weihnachten. Die kommenden Gegner Bremen, Berlin und Heidenheim sind grundsätzlich schlagbar. Allerdings nur, wenn der VfL mal wieder das Tor trifft…


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(Foto: Imago / Oryk Haist)

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VfL-Kolumne: So unrealistisch ist der Klassenerhalt gar nicht

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Spiele bis Weihnachten.

Vielleicht hatte der Bochumer Mannschaftsabend am vergangenen Sonntag ja inspirierenden Charakter. Die Truppe des VfL ist gemeinsam nach Köln gereist, um sich das Derby gegen Düsseldorf in der Eishockey-Bundesliga anzusehen. Die heimischen Haie siegten mit 5:1. Ein solches Ergebnis wäre für die Fußballer des VfL der ersehnte Befreiungsschlag. Wobei ein unverdientes 1:0 nach einem Eigentor des Gegners auch schon reichen würde.

So oder so: Bis Weihnachten müssen möglichst viele Punkte her. Das ist zwingend wie dringend erforderlich. Nach gut einem Drittel der Saison steht die Hecking-Elf bei mageren zwei Zählern. Aussichtslos ist die Lage dennoch nicht, ganz im Gegenteil: So unwahrscheinlich ist der vierte Bochumer Klassenerhalt gar nicht. Warum? Weil sich im Tabellenkeller erneut ein Schneckenrennen abzeichnet. So ist der FC St. Pauli auf dem Relegationsplatz nur sechs Punkte entfernt – und der VfL spielt 2025 noch zweimal gegen die Kiezkicker. Der Rückstand auf Heidenheim und den ersten Nicht-Abstiegsplatz ist zwar schon auf acht Zähler angewachsen, doch auch in diesem Fall warten noch auf zwei direkte Duelle auf die Hecking-Elf. Zudem: Heidenheim muss in den kommenden Wochen gegen Frankfurt, Bayern und Stuttgart antreten. Viele Punkte sind da im Normalfall nicht zu erwarten. Umso passender, dass der Vorzeige-Klub von der Ostalb zum Jahresabschluss nach Bochum reisen muss.

Die Adventszeit hat vorentscheidenden Charakter. Pirscht sich der VfL an die Konkurrenz heran oder kann den Abstand zumindest halten, dann hat er in den 19 Partien nach der kurzen Winterpause weiter alle Chancen auf den Klassenerhalt. Das Gute ist: Die kommenden Gegner sind schlagbar. Sie stehen allesamt in der unteren Tabellenhälfte und ihre Formkurve zeigt eher nach unten als nach oben. Grundvoraussetzung für den ersten Saisonsieg ist selbstverständlich eine stabile Defensive. Dass der VfL zuletzt im Januar gegen einen Bundesligisten ohne Gegentreffer blieb, ist Problem Nummer eins. Und dass er in dieser Saison weniger als ein Tor pro Spiel erzielt hat, ist Problem Nummer zwei. Somit werden auch die Wintertransfers entscheidenden Einfluss auf den Saisonausgang nehmen.


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