Was genau Philipp Hofmann mit den eigenen Fans regeln sollte, war nicht ersichtlich. Kurz vor einem Eckstoß der Bremer in der 56. Spielminute lief der Angreifer zur Kurve, drehte aber sofort wieder ab. Schiedsrichter Felix Brych hatte ihn dorthin geschickt. Hofmann rannte zurück in den Strafraum, und senkte Sekunden später enttäuscht den Kopf. Völlig freistehend erzielte Jens Stage per Kopf das spielentscheidende 0:1. „Nachdem Philipp raus musste, war unsere Zuordnung dahin“, merkte Trainer Dieter Hecking nach der Partie an, ohne die Schuld fürs erneute Scheitern auf den Unparteiischen oder gar auf die eigenen Fans schieben zu wollen. Werder ging glücklich in Führung und brachte den knappen Vorsprung über die Zeit, während der VfL auch im 13. Anlauf den ersten Saisonsieg verpasste.
Fast hoffnungslos
Die Hoffnung auf den Klassenerhalt schwindet bei vielen Fans und mittlerweile auch bei einigen Verantwortlichen weiter. Immerhin: Der Rückstand auf Heidenheim und den Relegationsplatz beträgt unverändert acht Punkte. Zwei Tage vor Heiligabend gastiert das Team von Trainer Frank Schmidt im Ruhrstadion. Es ist die allerletzte Chance für den VfL, nicht komplett abgeschlagen in die kurze Winterpause zu gehen. Nur: Ist diese Bochumer Mannschaft überhaupt in der Lage, ein Spiel zu gewinnen? Ja, sagte Trainer Hecking trotz der Niederlage gegen Bremen, schränkte aber ein: „Wenn wir keine Tore schießen, wird es schwierig.“ Die Defensive hat er sichtbar stabilisiert, doch in der eigenen Offensive läuft nach wie vor wenig zusammen. Heckings Zwischenbilanz ist ernüchternd: Vier Spiele, nur ein Treffer.
Wieder mal torlos
Diese Torarmut ist längst kein Zufall oder Pech mehr, sondern deutet auf ein generelles Qualitätsproblem hin. Mittelstürmer Philipp Hofmann hat dieser Saison erst ein einziges Mal getroffen, Moritz Broschinski noch gar nicht. Auch saisonübergreifend ist ihre Bilanz lausig schlecht. Allein verantwortlich für die Offensiv-Misere beim VfL sind sie aber nicht. Dass die Bochumer nach 14 Pflichtspielen erst zehn Tore erzielt haben, ist ein vielschichtiges Problem, das sich im Kern auf zu viele Fehleinschätzungen bei der Kaderplanung in diesem und bereits im vergangenen Jahr zurückführen lässt. Zahlreiche Spieler erfüllen nicht die Erwartungen. Auch im Mittelfeld fehlt die nötige Qualität – zum einen, um selbst das Tor zu treffen, zum anderen, um die Stürmer mit passenden Zuspielen und Flanken zu füttern.
Vorne zu kopflos
Trotzdem: Unterlegen war der VfL gegen Bremen keineswegs. Dieter Hecking hatte deutlich mutiger aufgestellt als zuletzt gegen Augsburg, setzte auf Gerrit Holtmann und Koji Miyoshi für ein besseres Flügelspiel und erkannte, dass auch Bernardo und Ibrahima Sissoko zwingend in die Startelf gehören. „Die erste Halbzeit war die beste unter meiner Leitung“, lobte Hecking die druckvolle Herangehensweise seiner Mannschaft, die allerdings nur selten in echter Torgefahr mündete. „Die Intensität in den Zweikämpfen war gut, und wir haben auch mit dem Ball Lösungen gefunden. Es gab einige Situationen, die gefährlich hätten werden können.“ Hecking nutzte den Konjunktiv ganz bewusst, denn im Strafraum fehlte immer wieder die nötige Präzision, wahrscheinlich auch das Selbstvertrauen.
Am Ende planlos
Das sank nach dem 0:1 immer weiter, eine Schlussoffensive blieb aus. „Am Ende war viel Hektik drin. Da hat uns vielleicht auch der Glaube gefehlt. Aber wenn wir resignieren, ist die Sache gelaufen“, bemerkte Hecking, der den Teufelskreis natürlich kennt: Mit jeder Niederlage mehr wird es noch schwieriger, wieder in die Spur zu kommen. „Wir brauchen einen Sieg, danach ist der Druck weg und wir können vielleicht Punkte sammeln“, erklärte Bernardo, der dazu beiträgt, dass die Gegentorflut eingedämmt wurde. Und offensiv? Hoffnungsträger Myron Boadu, der trotz seiner langen Verletzungspause immer noch der erfolgreichste Torschütze in dieser Saison ist, arbeitet akribisch an seinem Comeback. Ein Kandidat für die Startelf ist er aber wahrscheinlich erst wieder im neuen Jahr – womöglich zu spät.
Seit Mai sieglos
Das Problem: Fast jeder Offensivspieler hat von Hecking nun eine Chance bekommen. Mit Abstrichen überzeugt haben allenfalls Holtmann und Miyoshi. Doch torgefährlich sind die beiden auch nicht. Mutmachend ist deshalb höchstens noch das Restprogramm bis Weihnachten. Das letzte Auswärtsspiel des Jahres führt den VfL am kommenden Samstag zu Union Berlin, anschließend gastiert wie erwähnt Heidenheim in Bochum. Union wartet seit Oktober auf einen Sieg in der Liga, Heidenheim sogar seit September; der VfL allerdings schon seit Mai. Den letzten Bundesliga-Dreier gab es ausgerechnet an der Alten Försterei. Von vier Toren, die seinerzeit gelangen, können die Bochumer dieser Tage wohl nur träumen. Wobei ein 1:0-Erfolg ja auch schon genügen würde, um den Glauben nicht zu verlieren…
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(Foto: Marc Niemeyer)