Persönliche Jahresvorschau

Plädoyer: Was der VfL Bochum 2020 ändern muss

„Schreiben Sie doch mal was Positives!“ Nach dem Pokalspiel Ende Oktober des vergangenen Jahres hatte Hans-Peter Villis einen Wunsch. An diesem Abend konnte ich seiner Bitte sogar nachkommen. Nicht nur der Vorsitzende sah in den 90 Minuten zuvor, wie der kleine VfL die großen Bayern fast geärgert hätte. Doch ganz grundsätzlich lasse ich mich von einzelnen Spielen nur ungern blenden. Also machte ich Villis klar, wie ich wirklich über die Lage des Klubs denke: „Viel Positives gibt es leider nicht zu berichten.“

Wachwerden oder…

Zugegeben: Natürlich gab es auch im Jahr 2019 erfreuliche Entwicklungen. Die Fanarbeit wurde gestärkt, die Digitalisierung vorangetrieben, Traditionen gepflegt. Im wirtschaftlichen wie im sozialen Bereich gab es klare Fortschritte und teils vorzügliche Arbeit – ein Verdienst ganz besonders von Ilja Kaenzig und seinem Team. Doch all das rückt schnell in den Hintergrund. Zumindest dann, wenn der Klub an entscheidender Stelle nicht vorwärtskommt. Eine enttäuschende Rückrunde, ein halbherziger Umbau der Mannschaft im Sommer – und schließlich beinharter Abstiegskampf seit dem ersten Spieltag der neuen Saison. Sportlich hätte das Jahr 2019 für den VfL Bochum kaum schlechter laufen können.

Die Frage, die sich zum Jahreswechsel nun stellt: Lernen die Verantwortlichen aus ihren Fehlern? Sind sie zur schonungslosen Analyse bereit? Klar ist doch: Das, was in den letzten 12 Monaten passiert ist, war der allerletzte Warnschuss. Die Gewissheit, dass der VfL jeden Abstiegskampf überstehen wird, gibt es nicht. Vor allem: Geht es so weiter, dann wird der VfL von Klubs wie Osnabrück oder Regensburg, Kiel oder Aue, Fürth oder Sandhausen nicht nur in der Tabelle überholt. Was das bedeutet, sollte allen klar sein: Die 3. Liga ist näher als die Bundesliga, und schlimmstenfalls wird sie in naher Zukunft zur Realität. Das alles ist auch längst keine Momentaufnahme mehr.

In den Jahren nach der verlorenen Relegation betrug der Abstand zum ersten sicheren Aufstiegsplatz im Schnitt mehr als 20 Punkte. Zum ersten endgültigen Abstiegsplatz waren es durchschnittlich nur 10 Punkte. Das allein mit der Stärke einiger Top-Klubs und mit der Ausgeglichenheit der Liga zu erklären, wäre naiv und kurzsichtig. Bei der Analyse muss der VfL vor allem auf sich selbst schauen und das große Ganze im Blick haben: die eigene Vereinsentwicklung, fokussiert auf den sportlichen Bereich. Vor allem darf sie nicht abhängig sein von kurzfristigen Erfolgen oder Misserfolgen. Denn auch 2019 orientierten sich Fans, Spieler und Verantwortliche häufig nur an den letzten Ergebnissen.

…weiterwurschteln?

Was dem Klub in diesem Zusammenhang ganz sicher auch fehlt, sind mehr Kontroversen und eine kritische Anhängerschaft, die in der Lage ist, Themen anzustoßen und der Vereinsführung noch viel genauer auf die Finger zu schauen. Ein passendes Beispiel lieferte die Jahreshauptversammlung im September. Ein Mitglied fragte, warum der VfL nicht mehr ins Scouting investiere. Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz erklärte, das sei geplant, aus finanziellen Gründen aber zurückgestellt worden. Doch der Manager erntete keinen Widerspruch – sondern Dank für seine freundliche Auskunft. Allein diese Geschichte verrät so viel über Versäumnisse und den Stillstand beim VfL.

Vor allem wird deutlich, dass die Verantwortlichen falsche Prioritäten setzen. Die Mittel, die für ein anständiges Scouting benötigt werden, sind ja grundsätzlich da. Sie fließen nur in andere Abteilungen. Das ist mehr als verwunderlich, denn: Ein (Profi-)Fußballverein lebt davon, gute Fußballer zu haben. Sie sind das Kapital, nicht nur auf dem Platz, sondern auch auf dem Transfermarkt. Also ist es doch die absolute Kernaufgabe, sie zu finden. Das Argument, es fehle das Geld, ist deshalb nur eine schlechte Ausrede. Genau das muss erst recht ein Grund, schneller zu sein als andere Klubs.

Spätestens, aber wirklich spätestens in diesem neuen Jahr bedarf es konkreter Maßnahmen, verbesserter Strukturen, echter Innovationen und mehr Personal im sportlichen Bereich. Dass ein Investor, der all diese Veränderungen beschleunigen könnte, nicht in Sicht ist, mag einige Fans beunruhigen – mich (fürs Erste) aber nicht. Denn vielleicht ist das gar nicht schlecht. Denn so werden sämtliche Hoffnungen nicht auf schnelle Hilfe von außen gelenkt. Fortschritte müssen aus eigener Kraft erfolgen. Passiert das, dann wird 2020 hoffentlich ein erfolgreiches Jahr für den Klub. Positive Berichterstattung gibt es dann natürlich auch.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Spielersuche beim VfL Bochum

Schindzielorz plant mehr Scouting – aber nicht sofort

Eine solche Vorlage nutzt er wie ein Profi. Für Sebastian Schindzielorz, einst Bundesliga-Spieler und heute Geschäftsführer des VfL Bochum, ist diese Frage wie ein Geschenk. „Sie haben Ende August Cristian Gamboa verpflichtet. Haben Sie den überhaupt mal live gesehen?“, fragt der Autor dieser Zeilen im Jahresabschluss-Interview. Schindzielorz antwortet sofort: „Natürlich. Im Oktober 2018, beim Duell RB Leipzig gegen Celtic Glasgow.“ Gamboa spielte damals für den schottischen Meister. Der VfL Bochum scoutet offensichtlich auch in der Europa League.

Schindzielorz nutzt dieses Beispiel, um zu erklären, was er eigentlich meint, wenn er davon spricht, „den Markt genau zu beobachten.“ Wohl kein anderer Satz geht ihm so häufig über die Lippen wie dieser. Dass Gamboa jemals für den VfL interessant werden könnte, habe er seinerzeit noch nicht gewusst, sagt Schindzielorz. Doch den Verteidiger kannte er nun, hat seinen Weg weiter verfolgt. Gamboa erhielt in Glasgow keinen Anschlussvertrag, hatte Pläne, kam aber nirgendwo unter. Schindzielorz wusste das und schlug zu – weil er den Markt genau im Blick behielt.

Kritik an der Kaderplanung

Trotzdem und gerade deshalb stellt sich die Frage, ob der VfL Bochum vor allem auf Zufälle setzt. Warum wartet man bis zum Ende der Transferperiode? Kommen die Spieler, die sich verbessern wollen, nicht viel eher, nämlich schon im Frühsommer auf den Markt? Ob späte Transfers, kurze Leihgeschäfte oder Lücken, die nicht geschlossen wurden – die Kaderplanung sorgt für Diskussionen. Und ist sicher auch ein Grund dafür, warum der VfL Bochum im Abstiegskampf der 2. Liga steckt. Ein Blick auf die personelle Besetzung im Hintergrund liefert einen ersten Erklärungsansatz.

Tatsächlich besteht die Scouting-Abteilung, die für Transfervorbereitungen zuständig ist, nur aus zwei Mitarbeitern: Uwe Leifeld und Christos Orkas. Das ist seit 2007 so, als der damalige Sportdirektor Stefan Kuntz den Bereich aufgebaut hat. Nur unter Christian Hochstätter, der auf das Duo nicht mehr setzen wollte, gab es eine Neueinstellung. Er verpflichtete Schindzielorz als Chefscout. Der wurde mit Hochstätters Beurlaubung vor zwei Jahren befördert. Sein vorheriger Posten ist seither unbesetzt. Einen Chefscout hat der VfL also nicht, und das Vertrauen in Leifeld und Orkas ist eher gering.

Kein Geld für mehr Scouting

Perspektivisch könnte Patrick Fabian in die Rolle als Kaderplaner hineinwachsen. Doch das Bochumer Urgestein gehört in dieser Saison noch zur Profimannschaft. Dass die Personaldecke zu dünn ist, hat Schindzielorz jedenfalls erkannt. Auf Nachfrage bekräftigt er: „Wir wollen die Scouting-Abteilung personell stärken. Ein gutes Konzept, die richtigen Leute und die Finanzen: Das sind die drei Kernkomponenten, um die es geht. Dieser Prozess läuft seit geraumer Zeit, auch in Abstimmung mit dem Präsidium. Im ersten Schritt brauchen wir die wirtschaftlichen Mittel dafür.“

Abhängig sei der Klub vor allem von Fernsehgeldern. Doch ist das nicht ein Teufelskreis? Angenommen, der VfL landet am Saisonende relativ weit unten in der Tabelle – dann fehlt doch erst recht das Geld für intensiveres Scouting. Schindzielorz weiß um die Bedeutung, betont aber auch: „Natürlich ist das eine Investition, aber keine, die mit ein paar tausend Euro erledigt wäre. Wir reden hier von anderen Summen.“ Auch ihm sei klar, dass eine verbesserte Spielersuche „ein Hebel ist, um zusätzliche Gelder, also Transfereinnahmen zu generieren.“

VfL setzt auf Daten und Software

Trotzdem wehrt sich Schindzielorz gegen den Vorwurf, der VfL würde bei der Sichtung und Transfervorbereitung zurzeit unprofessionell arbeiten. „Wir nutzen viele Daten, eine Art virtuelle Transferbörse zum Austausch mit anderen Klubs und moderne Software, mit der wir Zugriff auf Videos von Spielern aus aller Welt haben“, erklärt der Manager. „Das hilft uns enorm, spart Zeit und Reisekosten. Wichtig ist natürlich auch ein gutes Netzwerk.“ Genau darauf lassen sich einige Verpflichtungen tatsächlich zurückführen.

Vor allem Verbindungen zu Spielerberatern waren hilfreich, um herauszufinden, wer für einen Vereinswechsel infrage kommt. Saulo Decarli etwa wird von derselben Agentur betreut wie Ex-Trainer Robin Dutt, Milos Pantovic vom ehemaligen VfL-Profi Maurizio Gaudino, den Schindzielorz von früher kennt. Das war auch bei Patrick Drewes ein Vorteil, der in Wolfsburg noch Mitspieler seines heutigen Vorgesetzten war. Den Transfer von Chung Yong Lee hat wiederum Ilja Kaenzig in die Wege geleitet – ebenfalls über gute Verbindungen.  

Wenige Spieler aus der Region

Auffällig dagegen ist, dass der VfL vor allem sein direktes Umfeld aus den Augen verloren hat. Eine Recherche zeigt: Allein in der Regionalliga West waren zwischen 2015 und 2019 38 Spieler aktiv, die heute bei einem Erst- oder Zweitligisten in Deutschland unter Vertrag stehen. Doch keiner von ihnen trägt das Trikot des VfL. Lediglich Janni Serra spielte für wenige Monate in Bochum. Die Frage, ob VfL-Scouts in dieser Liga ausreichend präsent sind und – wenn ja – ob die Einschätzungen dann passen, ist also durchaus berechtigt.

Ein Paradebeispiel für regionales Scouting ist spätestens seit dem Bundesliga-Aufstieg der finanziell sogar schwächere SC Paderborn. Leistungsträger wie Kai Pröger, Luca Kilian oder Christopher Antwi-Adjej haben zuvor in Essen, Dortmund und Sprockhövel gespielt. Um Spieler wie diese zu entdecken, setzen die Ostwestfalen auf Honorarscouts, meist für 450 Euro im Monat zuzüglich Fahrtkosten. Ebenfalls ein Ansatz, den nur wenige Klubs verfolgen: Sie binden Ex-Spieler aus dem Ausland in ihrer Heimat als Experten ein. Gutes Scouting muss nicht zwingend teuer sein.

(Foto: Imago / Baumann)

Zu viele Gegentore

Desolate Defensive: Viel Arbeit für VfL-Trainer Reis

Knapp zwei Wochen dürfen die Profis des VfL Bochum durchschnaufen. „Abschalten und die Feiertage genießen“, das ist der Wunsch von Trainer Thomas Reis. Erst am 6. Januar bittet er zur ersten Einheit im neuen Jahr, ein Trainingslager in Spanien und mindestens zwei Testspiele sollen folgen. Insgesamt bleiben nur knapp drei Wochen Vorbereitungszeit auf das erste Pflichtspiel, das ausgerechnet in der Fremde bei Tabellenführer Arminia Bielefeld steigt.

Suche nach Stabilität

Bis dahin will und muss Bochums Cheftrainer ganz besonders das Defensivverhalten verbessern. Die Dringlichkeit lässt sich allein von der Tabelle ablesen: Mit 34 Gegentreffern stellt der VfL die drittschlechteste Hintermannschaft der Liga, nur Karlsruhe und Wiesbaden sind noch anfälliger. Eine weitere Statistik verdeutlicht das Problem: In 20 Pflichtspielen stand lediglich einmal die Null auf der richtigen Seite. Oft war es nur der Treffsicherheit der eigenen Offensive zu verdanken, dass der VfL trotz konfuser und sorgloser Abwehrarbeit überhaupt gepunktet hat.

Die Aufgabenliste für Trainer Thomas Reis ist jedenfalls lang. „Es liegt natürlich auch an mir, die Fehler abzustellen“, stellt sich der Fußballlehrer seiner Verantwortung. „Vor allem das individuelle Zweikampfverhalten sollten wir verbessern.“ Taktisch wird Reis ebenfalls Lösungen entwickeln müssen. Zuletzt hat er nur selten passende Antworten auf Ideen oder Anpassungen des Gegners gefunden. Mannschaften wie Osnabrück, Hannover in der zweiten Halbzeit, und Regensburg nutzten Lücken und Schwächen im Bochumer System immer wieder aus.

„Die Anzahl der Einschläge ist definitiv zu hoch. Es ist viel zu leicht, gegen uns zu treffen“, legt Reis zunächst einmal die Fakten dar, um dann konkreter zu werden: „Wir brauchen deutlich mehr Aggressivität. Jeder muss sich hinterfragen, ob er dazu bereit ist und wirklich alles hineinwirft.“ Zumindest auf dem Platz haben die Spieler darauf noch keine klare Antwort gegeben. Denn immer dann, wenn sie sich auf dem Wege der Besserung sahen, gab es Rückschläge. „Wir fallen zu oft in alte Muster zurück“, gibt auch Reis offen zu.

Suche nach Selbstkritik

Das betrifft allerdings nicht nur die Abwehrreihe, sondern die gesamte Mannschaft. „Wir sitzen alle in einem Boot, jeder ist für die Defensive mitverantwortlich. Es muss sich jeder an die eigene Nase fassen“, sagt Flügelstürmer Danny Blum. Wenn er diesen Worten auch Taten folgen lässt, dann wäre Selbstkritik ein erster Ansatz. Denn nicht nur bei der 2:3-Pleite gegen Regensburg begann die Defensivproblematik schon in den vorderen Reihen. Oftmals fehlte den Außenverteidigern, die am Samstag völlig neben sich standen, die notwendige Unterstützung.

Vor allem Blum fiel immer wieder negativ auf, weil er nach Ballverlusten nicht direkt den Rückwärtsgang eingelegt hat. Ein Mangel an Bereitschaft? Oder an Spielintelligenz, Situationen schneller zu erfassen? Das aber war auch zum Jahresabschluss nur eines von zahlreichen Defiziten. Oft genügten einfach vorgetragene Angriffe – bevorzugt in die Schnittstelle der Abwehr – um die Bochumer Hintermannschaft zu überwinden. Speziell im Zentrum mangelte es an Stabilität und Ordnung.

Ein Teil des Problems: Neuzugang Saulo Decarli, eigentlich als Abwehrchef verpflichtet, ist seiner Rolle noch nicht gerecht geworden. Ihm fehlt – ähnlich wie seinen Nebenleuten – nicht nur die körperliche Wucht. Stellungsfehler und Abstimmungsprobleme wiederholen sich. In diese Kritik müssen allerdings auch die defensiven Mittelfeldspieler einbezogen werden. Während Robert Tesche vor allem das Tempo fehlt, ist Anthony Losilla so umtriebig, dass er seine Kernaufgaben vernachlässigt. So entstehen oft riesige Räume und die Verteidiger sind auf sich allein gestellt.

Suche nach Verstärkung

Die Qualitätsfrage, die sich nach einer missratenen Halbserie zwangsläufig stellt, wird von den Verantwortlichen trotzdem umschifft – allerdings nur öffentlich. Denn intern wurde der Handlungsbedarf tatsächlich erkannt. Begrenzte Mittel für einen Transfer stehen zur Verfügung, mindestens für einen Innenverteidiger. Doch die Suche im Winter gestaltet sich schwierig, zumal andere Klubs ebenfalls aktiv sind. „Wenn wir was machen“, sagt Thomas Reis, „dann muss uns ein neuer Spieler sofort weiterhelfen.“ Am besten schon dann, wenn der Weihnachtsurlaub vorbei ist.

(Foto: Imago / Sven Simon)

Rückkehr ausgeschlossen

VfL sucht Verstärkung – Bastians kein Thema

Ein Foto aus dem Bochumer Stadtpark führt unweigerlich zu Fragen. Felix Bastians, bis Januar 2017 Profi beim VfL, ist zurück in der Heimat – pünktlich zur Weihnachtszeit. Das hat er am Donnerstag auf Instagram gepostet. Der Weg vom Park zum Stadion wäre nicht weit. Das wissen auch die Fans, die deshalb über eine Rückkehr zum VfL diskutieren. Doch ein Comeback für den Verein, für den Bastians gerne noch einmal spielen würde, wird es in diesem Winter definitiv nicht geben. „Die Frage stellt sich aktuell nicht und ist bei uns auch kein Thema“, sagt Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz. „Der letzte Kontakt zu Felix liegt schon länger zurück.“

Mögliche Wintertransfers

Dabei halten die Verantwortlichen in diesen Wochen ganz besonders Ausschau nach einer Verstärkung für die Defensive. Die oft anfällige Abwehr könnte einen Stabilisator gut gebrauchen, im Idealfall einen Linksfuß, der innen wie außen spielen kann. Bastians würde diese Kriterien erfüllen. Da sein Vertrag bei Tianjin Teda in China zum Jahresende ausläuft, wäre er ablösefrei zu haben. Dass Bastians den Verein und die Stadt kennt, dass er sich mit dem Klub identifiziert und bis zu seinem Wechsel auch einer der Leistungsträger war, wären weitere Argumente für eine Verpflichtung.

Doch für Schindzielorz kommt eine Rückkehr des 31-Jährigen nicht infrage. Ein möglicher Grund: Bastians und der VfL waren im Januar 2018 im Streit auseinandergegangen. Eine monatelange Fehde zwischen ihm und Christian Hochstätter, dem damaligen Manager, mündete in einer Trennung. Intern soll es an einigen Stellen noch Vorbehalte gegenüber Bastians geben. Die Personalsuche geht also weiter. Schindzielorz hält sich auf Nachfrage bedeckt, bestätigt nicht einmal, dass der VfL im Winter überhaupt nachbessern möchte. Den bereits vorhandenen Spielern stärkt er den Rücken.

Das liegt vielleicht auch daran, dass die Verhandlungsposition im Winter ohnehin eine sehr schwierige ist. Zum einen gibt es nur wenige Spieler, die überhaupt für einen Wechsel infrage kommen. Zum anderen suchen auch die übrigen Zweitligisten nach Verstärkung, vor allem für die Defensive. Dazu zählen der 1. FC Nürnberg und Hannover 96. Die beiden Bundesliga-Absteiger sind dem VfL finanziell klar überlegen – bei Ablösesummen und bei Gehältern. Auch Dynamo Dresden verfügt noch über Reserven in Millionenhöhe. Zu hören ist außerdem, dass Darmstadt 98 in der Abwehr ebenfalls nachbessern möchte.

Heimspiel gegen Regensburg

Bevor beim VfL Bochum allerdings intensive Personaldiskussionen beginnen, möchten die Verantwortlichen gerne etwas schaffen, was im Kalenderjahr 2019 noch kein einziges Mal gelungen ist – nämlich zwei Siege in Folge. Die letzte Gelegenheit dazu besteht an diesem Sonntag, wenn Jahn Regensburg an der Castroper Straße gastiert. „Wir wollen die zuletzt positive Tendenz unterstreichen und mit einem guten Gefühl in die Pause gehen“, hofft Schindzielorz auf drei Punkte. Personell kann Trainer Thomas Reis fast aus dem Vollen schöpfen. Auch Torjäger Silvere Ganvoula, der zuletzt angeschlagen war, ist wieder fit. Die Startelf bleibt im Vergleich zum 2:1-Erfolg gegen Hannover wohl unverändert.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Bilanz

VfL Bochum: Gewinner und Verlierer der Hinrunde

Beendet ist das Fußballjahr noch nicht. Erst nach dem Heimspiel und Rückrundenstart gegen Jahn Regensburg zwei Tage vor Weihnachten verabschieden sich die Profis des VfL Bochum in die Winterpause. Ein erstes Zwischenfazit lässt sich trotzdem schon ziehen. Denn die Hinrunde ist beendet, die ersten 17 Partien absolviert. Welche Spieler haben überzeugen können? Und für wen verlief das Halbjahr enttäuschend?

Die internen Gewinner

Ein Gewinner ist zweifellos Manuel Riemann. Der Torhüter war bei den Anhängern lange umstritten, seine extrovertierte Art kam nicht bei allen gut an. Hinzu kam, dass er in der Vorsaison kein sicherer Rückhalt war. Doch Riemann hat in den letzten Wochen gleich doppelt gepunktet: Sowohl mit guten Leistungen als auch mit klaren Ansagen. Riemann ist zum Sprachrohr der Mannschaft geworden, der auch den Dialog mit Fans und Medien nicht scheut. 

Vor allem sportlich haben auch Silvere Ganvoula und Danny Blum fast durchweg überzeugen können. Die Zahlen zeigen: Ligaweit gibt es kaum ein besseres Angriffsduo. An den allermeisten Toren waren sie direkt beteiligt, insgesamt kommen sie auf 15 Treffer und 13 Vorlagen. Blum punktet vor allem mit Tempo und einem präzisen Schuss, Ganvoula ist ebenfalls schnell und körperlich präsent. Beide haben alle Skeptiker überrascht. Auch mangels Alternativen sind sie für das Team unverzichtbar geworden. 

Ganz persönlich können auch Simon Lorenz und Armel Bella Kotchap auf eine ordentliche Hinrunde zurückblicken. Beide haben die Personallücke in der Abwehr für sich genutzt, gehörten regelmäßig zur Startformation und haben Wettkampfpraxis auf hohem Niveau gesammelt. Unsicher ist allerdings, ob sie auch die Verantwortlichen überzeugt haben. Denn bei 31 Gegentreffern kann von einer stabilen Abwehr keine Rede sein. 

Die internen Verlierer

Zur anfälligen Defensive gehörte anfangs auch Jordi-Osei-Tutu. Der Leihspieler vom FC Arsenal zeigte aber schnell, dass er den Anforderungen nicht gewachsen ist. Sein Vorwärtsdrang ist beeindruckend, doch sein Stellungsspiel und Zweikampfverhalten wurden rasch zum Problem. Weitere Einsätze und kleinere Fortschritte folgten zwar, doch die Erwartungen hat er nicht erfüllt. Die Zeit, die der junge Engländer für seinen Reifeprozess braucht, hat der VfL nicht. Das Leihgeschäft endet im Sommer. 

Spätestens dann wird sich wohl auch Görkem Saglam vom VfL verabschieden. Das Bochumer Eigengewächs kam in der gesamten Hinrunde nicht zum Einsatz, seine Entwicklung ist somit ins Stocken geraten. Wenn alle Spieler fit waren, stand er gar nicht im Kader. Auch der Trainerwechsel zu Thomas Reis brachte ihm keine Vorteile – genauso wie den Jungprofis Jan Wellers und Maxim Gyamfi. Sie werden den Klub in absehbarer Zeit ebenfalls verlassen. 

Das wiederum ist bei Tom Weilandt und Thomas Eisfeld nicht geplant. Doch bei ihnen ist eine deutliche Leistungssteigerung vonnöten, wenn sie in der Rückrunde häufiger spielen wollen. Speziell bei Weilandt ist diese Entwicklung verwunderlich. In der Vorsaison gehörte er zum Stammpersonal, traf regelmäßig und avancierte zum Publikumsliebling. In dieser Hinrunde stand er nur dreimal in der Anfangsformation. Auf diese Bilanz kommt auch Teamkollege Eisfeld, der weder vor der Abwehr noch weiter vorne wirklich überzeugt hat.

(Foto: Imago / eu-images)

Abgang naht

Soares wie Hinterseer: Dem VfL fehlen Argumente

Ihr Werdegang ist ähnlich. Erst waren sie Gegner in Österreich, dann gemeinsam beim FC Ingolstadt und später – ebenfalls als Teamkollegen – beim VfL Bochum. Während der eine, nämlich Lukas Hinterseer, den Revierklub bereits verlassen hat, denkt der andere, nämlich Danilo Soares, über diesen Schritt nach. Wobei das noch harmlos formuliert ist. Die Chancen des VfL, den auslaufenden Vertrag mit seinem Linksverteidiger zu verlängern, sind verschwindend gering. Das ist keine neue Erkenntnis, seit dieser Woche aber auch Gegenstand öffentlicher Diskussionen.

Offiziell sei noch keine Entscheidung gefallen, Gespräche würden schon seit geraumer Zeit laufen, sagt Bochums Manager Sebastian Schindzielorz auf Nachfrage. Doch nicht nur er sieht Parallelen zu einem Fall aus dem Vorjahr: zu Lukas Hinterseer. Auch der Stürmer zählte zu den Leistungsträgern beim VfL, ähnlich wie jetzt sein früherer Teamkollege. Mit 28 Jahren, so alt ist Soares übrigens auch, sah Hinterseer die letzte Chance auf einen größeren Vertrag – und wechselte im Sommer ablösefrei zum HSV. Obwohl der VfL ein Angebot vorlegte, das die Schmerzgrenze der Verantwortlichen erreichte. „Wir werden uns auch bei Danilo strecken“, versichert Schindzielorz.

Soares ist Leistungsträger

Doch der Manager wird wissen, dass ihm gute Argumente fehlen, um den Brasilianer von einem Verbleib zu überzeugen. Denn wirtschaftlich kann der Klub mit der Ligaspitze nicht mithalten. Und auch sportlich gibt es bislang keine Sicherheit, in welcher Spielklasse der VfL künftig antritt. „Sein Vertrag läuft aus. Da ist es naheliegend, dass er das Interesse anderer Vereine weckt“, schätzt Schindzielorz die Lage realistisch ein und schiebt ein Lob hinterher: „Danilo ist ein sehr wichtiger, ein erfolgsorientierter Spieler.“ Ärger hat der Familienvater in Bochum noch nie gemacht, er gilt als fleißig und professionell, ist unumstrittener Stammspieler.

Soares ist auch deshalb so wichtig, weil es die Verantwortlichen im Sommer verpasst haben, einen weiteren Linksverteidiger zu verpflichten. Moritz Römling und Stelios Kokovas, zwei Youngster aus der U19, waren zwar fest eingeplant, spielen bei den Profis aber noch keine Rolle. Und Maxim Leitsch, der theoretisch auch auf dieser Position spielen könnte, hat sein letztes Pflichtspiel vor mehr als einem Jahr absolviert. An mehrere Wochen Mannschaftstraining am Stück ist bei ihm nicht zu denken, der Körper macht nicht mit. „Er würde uns definitiv weiterhelfen“, weiß Trainer Thomas Reis, „aber zurzeit können wir nicht fest mit ihm planen.“

Ostrzolek sucht Klub

Ob der VfL schon im Winter reagiert, um einen möglichen Nachfolger für Soares aufzubauen, ist offen. Im Sommer muss ein Ersatz in jedem Fall her. Eine Spur könnte zu Derrick Köhn aus der Reserve von Bayern München führen. So schreibt es die Bild-Zeitung. Naheliegend wäre auch die Rückkehr eines ehemaligen Bochumer Jugendspielers. Matthias Ostrzolek, der bei Hannover 96 fast keine Rolle mehr spielt, sucht einen neuen Verein. Aus seinem Umfeld ist zu hören, dass er nicht abgeneigt ist, eines Tages in seine Heimatstadt zurückzukehren. Doch mit Spielern, die sich schon im Herbst ihrer Karriere befinden, hat der VfL zuletzt nicht immer gute Erfahrungen gemacht. 

(Foto: Imago / Philipp Szyza)

Bochum unterliegt Regensburg

„Das ist der Wahnsinn“: Frostiges Fest beim VfL

Vor dem Spiel hatten sich die Verantwortlichen noch geziert. Eine vorläufige Jahresbilanz wollte niemand ziehen. Zähneknirschend musste Manager Sebastian Schindzielorz nach der 2:3-Heimpleite gegen Regensburg eingestehen, dass der Abschluss gründlich misslungen ist. Und dennoch ist er irgendwie passend: Denn auch im letzten Anlauf ist es nicht gelungen, in diesem Jahr zwei Spiele in Folge zu gewinnen. Allein diese Statistik beschreibt das Auf und Ab beim VfL ganz gut. Zugleich ist sie ein Beleg dafür, dass von einem echten Aufwärtstrend keine Rede sein kann.

Defensiv desaströs

Vor allem das Defensivverhalten war an diesem Sonntag nicht ansatzweise zweitligatauglich. Die Bochumer Abwehr öffnete den Gästen Tür und Tor – im wahrsten Sinne des Wortes. Beim 0:1 gab es allenfalls Begleitschutz, vor dem 0:2 funktionierte die Abseitsfalle nicht. Und das 1:3, das die Regensburger sogar in Unterzahl erzielten, war schließlich die Krönung. Ein langer Abschlag, ein gewonnenes Kopfballduell und ein einfacher Pass in den Laufweg von Doppeltorschütze Sebastian Stolze genügten, um die Bochumer Hintermannschaft zu düpieren.

„Es ist schwierig, dazu noch Worte zu finden“, kommentierte Kapitän Anthony Losilla die eigene Leistung. „Defensiv ist das einfach schlecht, schon die ganze Saison. Wir kassieren die Gegentore viel zu einfach.“ Was der Routinier speziell zum Auftritt gegen clevere und effektive Regensburger sagte, lässt tief blicken: „Wir sind gar nicht erst in die Zweikämpfe gegangen, ohne echten Körperkontakt. Wie sie die Tore machen können, das ist der Wahnsinn.“ Teils katastrophale Stellungsfehler erwähnte Losilla nicht, gehören zur vollständigen Analyse aber dazu.

Auch offensiv gab sein Team zwei Tage vor Heiligabend keine gute Figur ab. Das 1:2 durch Silvere Ganvoula resultierte aus einer verunglückten Abwehrreaktion der Regensburger, das 2:3 durch Losilla kam nach einer Ecke zustande. Den Ausgleich hatte Jordi Osei-Tutu sogar noch auf dem Fuß, doch der Youngster drosch den Ball in der Nachspielzeit aus kurzer Distanz auf die Tribüne. Wirklich Druck entfachte der VfL nur in der ersten und letzten Viertelstunde. Echtes Aufbäumen war nach dem dritten Gegentreffer lange Zeit nicht zu spüren.  

Echter Abstiegskampf

Trainer Thomas Reis wollte die Niederlage deshalb auch nicht schönreden: „Auch wenn der Punkt möglich gewesen wäre, bei drei Gegentoren ist die Niederlage verdient.“ Und sie bedeutet, dass der VfL mit nur 20 Punkten tief im Tabellenkeller überwintert. Der untere Relegationsplatz ist nur einen Zähler entfernt, was die Abstiegsangst nicht mindert und allen Beteiligten kein frohes, sondern ein frostiges Weihnachtsfest beschert. „Es wird eine schwere Saison“, vermutet Reis, während Losilla hofft, dass „2020 vieles besser wird.“ Doch mit Hoffnung allein ist es wohl nicht getan.

(Foto: Imago / Weihrauch)