Fairplay-Wirrwarr in Braunschweig

Bochumer Bewerbung für den Friedensnobelpreis

Für Fairplay gibt es keine Punkte. Das muss die Mannschaft des VfL Bochum offensichtlich noch lernen. Mit einer ehrenwerten, aber nicht zwingend notwendigen Aktion hat sich die Mannschaft am Samstag bei der 1:2-Niederlage in Braunschweig selbst geschadet. Nach einem Platzverweis gegen den Ex-Bochumer Felix Dornebusch, der den Ball als Torwart außerhalb seines Strafraums mit dem Arm berührte, verzichtete der VfL auf den fälligen Freistoß. 80 Sekunden später fiel nach einer Braunschweiger Ecke das 1:2. Und die gab es nur, weil Torhüter Manuel Riemann in der Szene zuvor völlig falsch postiert war. Angreifer Simon Zoller erklärte später, warum seine Kollegen den Freistoß nach der Roten Karten nicht richtig ausgeführt haben.

„Wir wollten den Ball nach einer anderen Fairplay-Aktion zurückgeben. Ich mache also den Einwurf, sie spielen den Ball vom Verteidiger zurück zum Torwart, aber Silvere Ganvoula attackiert direkt. Das wollten wir nicht und haben deshalb versucht, dass der Schiedsrichter die Karte zurücknimmt, aber das ging nicht. Das war maximal unglücklich“, sagte Zoller. Allerdings kann Ganvoulas Aktion unterschiedlich bewertet werden. Denn der Ball ging nach dem Einwurf bereits zum Gegner, der dann ungestört einen verunglückten Rückpass spielte und seinen Torwart in Gefahr brachte. Ganvoula sah darin eine neue Spielsituation. Sein Einsatz war grenzwertig, aber nicht komplett unfair. Es folgte eine längere Rudelbildung, bei der es dem schlichtenden Dornebusch und Robert Zulj zu verdanken war, dass nicht auch noch ein Bochumer vom Platz flog.

Zu passiv und ohne Elan

Diese wilden fünf Minuten inklusive Bewerbung für den Friedensnobelpreis waren allerdings nicht der einzige Grund für die erste Bochumer Saisonniederlage. Spielbestimmend war das Team von Trainer Thomas Reis lediglich in der ersten Viertelstunde, als Simon Zoller nach einem feinen Zuspiel von Robert Zulj das 1:0 erzielte. Als sich die Hausherren davon erholt hatten, waren sie deutlich engagierter. Dem VfL dagegen fehlte völlig der Elan. Von mehr Torgefahr, die Reis zuletzt gefordert hatte, war wenig zu sehen; auch nicht von Danny Blum, der neu ins Team gekommen war. Die Bochumer Passivität führte schon in der ersten Halbzeit zum Ausgleich. Ein ausgeprägter Siegeswille war irgendwie nicht erkennbar. So ist der VfL noch weit von der guten Form des Frühlings entfernt.

Die von den Verantwortlichen oft erwähnte personelle Kontinuität scheint jedenfalls kein Vorteil in dieser frühen Saisonphase zu sein. Beim VfL stand kein einziger Neuzugang in der Startelf. Automatismen und Aktionen, die auf Eingespieltheit hindeuten, waren nicht zu erkennen. Dass Trainer Reis trotz der schwachen Vorstellung erneut sehr spät wechselte, kann zwei Gründe haben: Entweder, dass der Fußballlehrer damit überfordert ist, während einer Partie die richtigen Impulse zu setzen. Oder aber, dass die sechs Sommerneuzugänge offensichtlich noch keine große Hilfe sind. Einzig Soma Novothny und Gerrit Holtmann kamen am Ende noch in die Partie. Doch trotz der Überzahl wurde der VfL nur noch selten gefährlich.

Vier Spiele, fünf Punkte

War Thomas Reis zuletzt noch einigermaßen zufrieden mit dem Saisonstart, muss er nach vier Spieltagen konstatieren, dass fünf Punkte und nur vier eigene Treffer eindeutig zu wenig sind. Zumal der VfL Bochum zum Auftakt absolut schlagbare Gegner erwischt hat, die nicht deshalb gepunktet haben, weil sie so gut waren, sondern weil der VfL zu harmlos blieb oder Geschenke verteilt hat. Das war nicht nur in Braunschweig so. Gegen St. Pauli gaben die Bochumer leichtfertig eine Zwei-Tore-Führung her, gegen Osnabrück hatten Trainer und Spieler keinen Mut, konsequent auf Sieg zu spielen. In dieser Verfassung hat der VfL nur im Fairplay-Ranking Chancen auf einen Spitzenplatz, nicht aber in der Zweitligatabelle.

(Foto: Firo Sportphoto)