Edu, der VfL Bochum und die Nachspielzeit – das ist gewiss keine Erfolgsgeschichte. Doch 18 Jahre nach dem wohl tragischsten Moment der jüngeren Vereinsgeschichte sind die Erinnerungen ein wenig verblasst und der Spitzname „Edu“ wurde neu vergeben. Auf den hört beim VfL mittlerweile Eduard Löwen. Eben jener sorgte am vergangenen Wochenende in Stuttgart für den Ausgleichstreffer in der 94. Minute. Für Löwen war es das erste Bundesliga-Tor im VfL-Trikot, nachdem er gegen Mainz schon im Pokal getroffen hatte.
Qualität und Erfahrung auf Leihbasis
Eigentlich gehört die Hertha-Leihgabe zum Kreis der Stammspieler. Doch Trainer Thomas Reis setzte Löwen nach zwei Corona-Infektionen binnen weniger Wochen in Stuttgart nur als Joker ein. Zum ersten Mal in dieser Saison stand somit keiner der drei Leihspieler in der Anfangsformation. Das lag auch daran, dass Elvis Rexhbecaj, der ansonsten gesetzt ist, wegen einer Gelbsperre pausieren musste. Konstantinos Stafylidis, der Dritte im Bunde, wurde gemeinsam mit Löwen eingewechselt. Der griechische Außenverteidiger pendelt ähnlich wie sein Teamkollege zwischen Startelf und Reservebank, verpasste bislang aber nur fünf Bundesliga-Spiele.
Die Einsatzzeiten zeigen, dass der Plan von Manager und Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz aufgegangen ist. Mit Löwen, Rexhbecaj und Stafylidis hat er im Sommer drei bundesligaerfahrene Spieler verpflichtet, die für den VfL Bochum nur auf Leihbasis erschwinglich waren. Der Aufsteiger lockte das Trio mit Spielpraxis, die für Löwen in Berlin, für Rexhbecaj in Wolfsburg und für Stafylidis in Hoffenheim nicht in Sicht war. Weil die Ligakonkurrenten zu Kompromissen bereit waren, konnte der VfL die Qualität im Kader kurzerhand erhöhen. Eine Strategie, die zum Beispiel auch Vorjahres-Aufsteiger Arminia Bielefeld zum Klassenerhalt verholfen hat.
Fester Bestandteil der Mannschaft
In Bochum überzeugt vor allem Elvis Rexhbecaj in seiner Rolle als laufstarker und aggressiver Balleroberer. Trainer Thomas Reis bezeichnet ihn gerne als „Mentalitätsspieler“, der als Mittelfeldmotor fester Bestandteil der Mannschaft ist. Mehr Ruhe am Ball fehlt dem 24-Jährigen allerdings noch, genauso wie ein Tor. Da hat ihm Eduard Löwen seit wenigen Tagen also etwas voraus. Wobei der Standardspezialist trotz der gleichen Position ein anderer Spielertyp ist. Er ist weniger agil als Rexhbecaj, gehört dafür an guten Tagen zu den spielstärksten Bochumern. „Edu versucht leider noch zu oft, etwas Besonderes zu zeigen. Das muss er aber gar nicht“, sagte Thomas Reis neulich.
Löwen hat sein Potenzial also angedeutet, allerdings noch Luft nach oben. Was sicher auch daran liegt, dass ihn im Sommer zunächst die Olympia-Teilnahme etwas aus der Spur gebracht hat, und zuletzt zwei Corona-Infektionen. Ähnlich erging es auch Konstantinos Stafylidis, der zum Jahresbeginn infiziert war, sich aber schnell erholt hat. Der Defensivspezialist ist die Bochumer Allzweckwaffe. Mal wird er als Linksverteidiger gebraucht, also auf seiner Stammposition, hin und wieder im defensiven Mittelfeld, häufiger auch als Rechtsverteidiger. Mit seiner resoluten Zweikampfführung, seiner Leidenschaft und Erfahrung braucht er keine große Anlaufzeit.
Keine Kaufoptionen vereinbart
Klingt also alles wunderbar. Einen Haken gibt es allerdings: Dass das Trio über den Sommer hinaus gemeinsam in Bochum spielen wird, ist eher unwahrscheinlich. Den Klassenerhalt vorausgesetzt, werden die Bochumer in allen drei Fällen natürlich die Möglichkeiten einer Weiterverpflichtung ausloten. Dann geht es aber nicht nur darum, was der VfL und was die Spieler wollen, sondern auch, wie Wolfsburg, Hertha und Hoffenheim planen. Rexhbecaj ist noch bis 2023 an Wolfsburg gebunden, ebenso wie Stafylidis an Hoffenheim. Bei Eduard Löwen läuft der Vertrag sogar bis 2024. Bei ihm wäre theoretisch sogar eine Verlängerung der Leihe denkbar, konkrete Pläne gibt es aber noch nicht.
Frühestens im Mai, wenn klar ist, wer in welcher Liga spielt und wer wo Trainer ist, sind Entscheidungen zu erwarten. Kaufoptionen hat der VfL in allen drei Fällen nicht vereinbart. Das hätte wirtschaftlich auch gar nicht funktioniert. Selbst als Bundesligist wird der VfL im kommenden Sommer nur kleinere Investitionen tätigen können. Nur ein Entgegenkommen der abgebenen Vereine könnte einen Verbleib der Leihspieler möglich machen. Stand jetzt ist das bei Löwen oder Stafylidis eher denkbar als bei Rexhbecaj. Denn für ihn hat Wolfsburg in der Vergangenheit schon bis zu sieben Millionen Euro verlangt.
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