Höchste Auswärtspleite

Ohne Gegenwehr: Bochumer 0:7-Tradition gegen die Bayern

Der VfL Bochum füllt sein Dasein als Traditionsverein in jeder Hinsicht mit Leben. Schon im September 2021 und im August 2022 unterlag der VfL dem FC Bayern mit 0:7. Dass sich der Revierklub von den Münchnern abschießen lässt, hat also schon eine gewisse Tradition. Diese Serie setzten die Bochumer nun fort und kassierten auch im dritten Jahr in Folge sieben Gegentreffer im Hinspiel – ein grotesker und zugleich historischer Hattrick. Höher als 0:7 haben die Bochumer in der Bundesliga noch nie verloren.

Partie früh entschieden

Jedes einzelne Gegentor aufzuarbeiten, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Die Bayern eröffneten den Torreigen bereits nach vier Minuten, 0:4 stand es zur Halbzeitpause, das Spiel war folglich früh entschieden. Riesige Lücken im Bochumer Abwehrverbund und haarsträubende Fehler einzelner Spieler ließen die Bayern in 90 Minuten insgesamt siebenmal jubeln. „Ich weiß nicht, wie es sich in der Vergangenheit angefühlt hat, da war ich noch nicht hier. Aber heute war es ziemlich schmerzhaft“, sagte Bochums Sportdirektor Marc Lettau nur wenige Minuten nach dem Abpfiff. „Ich glaube, so hoch habe ich noch nie verloren“, ergänzte Trainer Thomas Letsch, dessen Mannschaft sich schon früh ihrem Schicksal fügte, ohne noch vehement dagegenzuhalten.

Der VfL lief stets hinterher, schaute oft nur zu, wirkte mehrfach schläfrig und ließ große Räume entstehen, die die Münchner selbstverständlich nutzten. Selbst Leistungsträger der vergangenen Wochen, zum Beispiel Ivan Ordets oder Bernardo, wirkten ungewohnt unkonzentriert, beide leisteten sich schwere individuelle Fehler. Und vorne? Nennenswerte Torchancen gab es keine – vielleicht auch, weil Letsch ausnahmsweise auf einen klassischen Mittelstürmer verzichtet hat. 

Taktische Herangehensweise

Womöglich war die taktische Herangehensweise angesichts der hohen Qualität des Gegners generell etwas naiv. Letsch setzte in der Theorie auf das, was gegen Dortmund, Augsburg und Frankfurt so gut funktionierte: Aggressives Anlaufen und viele direkte Duelle. Doch das klappte in München überhaupt nicht. Der VfL stand viel zu hoch und bekam die Bayern nicht zu packen, die sich mit ihrer herausragenden Technik und ihrem hohen Tempo clever aus den nur selten konsequent geführten Zweikämpfen lösten.

„Wir haben bewusst diesen mutigen Ansatz gewählt, und ich stehe dazu, dass es der richtige war. Eine passive Grundausrichtung passt nicht zu uns“, sagte Letsch in der Pressekonferenz nach dem Spiel und erklärte, dass er seine Spieler im Vorfeld in seine Überlegungen miteinbezogen hatte. Doch hätte eine andere Taktik zu einem klar besseren Ergebnis geführt? Die frühen Wechsel und der deutlich defensivere Ansatz, den der VfL in der zweiten Halbzeit umzusetzen versuchte, mündeten in drei weiteren Gegentreffern.

„Wir sind in jeder Phase des Spiels nur hinterhergelaufen. Und wenn die Bayern einmal ins Rollen kommen, dann sind sie kaum noch aufzuhalten“, sagte Marc Lettau, der mitansehen musste, dass es „kaum noch gelungen ist, das Ergebnis in Grenzen zu halten.“ Wobei der VfL ohne Torhüter Manuel Riemann wahrscheinlich zweistellig verloren hätte. Der Keeper war nicht nur bei allen sieben Gegentreffern machtlos, sondern mehrfach zur Stelle, um weitere Einschläge zu verhindern. 

Gegen Gladbach unter Zugzwang

Das erneut klar negative Torverhältnis geht somit nicht auf seine Kappe. In fünf Spielen hat der VfL schon wieder 16 Gegentreffer kassiert, die Tordifferenz liegt bei minus zwölf. Und was sagt das Punktekonto? Drei Zähler nach fünf Spielen sind angesichts des Startprogramms noch akzeptakel, zumal die Leistungen zuletzt deutlich mehr hergegeben hätten. Allzu lange sollte der erste Saisonsieg aber nicht mehr auf sich warten lassen.

Im Grunde steht der VfL am kommenden Samstag gegen die ebenfalls noch sieglose Borussia aus Mönchengladbach schon unter Zugzwang. Denn das Folgeprogramm hat es in sich: Zwei Auswärtsspiele in Leipzig und Freiburg. Sollte der VfL auch dort an die Ergebnisse aus den vergangenen Jahren anknüpfen, stehen eher keine erfolgreichen Dienstreisen bevor. Aber man muss ja nicht jede Tradition pflegen…


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