3:2-Sieg gegen Bayern

Bochumer Triumph: Momente, für die wir ins Stadion gehen

Kein Eventmanager dieser Welt käme auf die Idee, die größte Party des Jahres auf einen Sonntagabend zu legen, wenn die Gäste am nächsten Morgen wieder arbeiten müssen. Doch im Fußball muss man die Feste so feiern, wie sie fallen – beim VfL Bochum erst recht. „Ein Gläschen Wein sei uns gegönnt“, sagte Sportdirektor Marc Lettau nach dem furiosen 3:2-Triumph seiner Bochumer im Heimspiel gegen den FC Bayern zur Getränkeauswahl. Torschütze Keven Schlotterbeck bevorzugte dagegen „ein Bier in der Kabine“, während Trainer Thomas Letsch in der Pressekonferenz nach dem Spiel noch bei einem Glas Wasser blieb. „Aber im Laufe des Abends ist sicher noch was anderes drin“, sagte Letsch mit einem Lächeln im Gesicht.

Zwei lange Spielunterbrechungen

Weit mehr als zwei Stunden mussten die Fans und Zuschauer im nasskalten Bochumer Ruhrstadion ausharren, ehe sie den fünften Saisonsieg bejubeln durften. Erneut protestierten die Fans aus beiden Lagern gegen die Investorenpläne der DFL, von beiden Seiten flogen etliche Tennisbälle aufs Feld. Rund zwölf Minuten war die Partie in der ersten Halbzeit unterbrochen, weitere acht im zweiten Durchgang. Die Partie stand zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Abbruch, ehe VfL-Kapitän Anthony Losilla zu den eigenen Ultras lief und genau darauf hinwies. Einen Abbruch wollte in Bochum schließlich niemand. Denn schon da kündigte sich Historisches an. Der VfL führte mit 2:1 und alle spürten: Hier und heute ist Außergewöhnliches möglich.

Die Spieler waren zwar sichtlich genervt von den Unterbrechungen, doch die Bochumer profitierten auch davon. Die Bayern führten verdient mit 1:0, drängten den VfL tief in die eigene Hälfte und hatten durch Harry Kane mindestens eine vorzügliche Gelegenheit, bereits früh für eine mögliche Vorentscheidung zu sorgen. Die dann folgende Pause, an der Heim- und Gästefans gleichermaßen beteiligt waren, half in erster Linie dem Underdog. Thomas Letsch nutzte die Zeit und nahm taktische Korrekturen vor. „Ein bisschen hat uns die Pause geholfen“, gab Schlotterbeck später zähneknirschend zu. Der Verteidiger brachte den VfL nach einer Ecke in Führung, kurz davor erzielte Takuma Asano nach einem Konter den Ausgleich.

Bayern weiter in die Krise gestürzt

Das 0:7 aus dem Hinspiel? Längst vergessen. Die Bochumer sind widerstandsfähiger geworden. Bereits gegen Stuttgart steckten sie eine längere Unterbrechung problemlos weg, schon in Frankfurt und Dortmund kamen sie nach einem Rückstand postwendend zurück. An diesem Sonntagabend lief es noch besser: Zum ersten Mal seit knapp zwei Jahren, seit dem furiosen 4:2-Erfolg gegen die Bayern, drehte und gewann der VfL ein Heimspiel nach einem Rückstand. „Die Magie des Ruhrstadions hilft immer“, schwärmte Schlotterbeck nach der Partie. „Hier kannst du zurückliegen und weißt: Da geht noch was.“ Leidenschaftlich warf sich der VfL in jeden Ball, blieb bei seiner mutigen Vorwärtsverteidigung und war mit drei Treffern so effektiv wie lange nicht mehr. 

Spätestens mit dem Elfmetertor durch Kevin Stöger und dem Platzverweis gegen Dayot Upamecano setzte an der Castroper Straße die große Feierstimmung ein. Dass die Bayern kurz vor Schluss noch den Anschlusstreffer erzielten, blieb aus Bochumer Sicht zum Glück eine Randnotiz. Manuel Riemann parierte die letzten Angriffsversuche glänzend und stürzte die Bayern noch tiefer in die Krise. Vor allem die Art und Weise, wie der VfL das Starensemble niederrang, begeisterte die Massen. Selbst den kurzfristigen Ausfall von Patrick Osterhage, den muskuläre Probleme plagten, steckte die Mannschaft mühelos weg. Erinnerungen wurden wach an das historische und in dieser Form auch immer einmalige 4:2 gegen die Bayern im Februar 2022.

Zu Hause nur einmal geschlagen

Schon da war der Erfolg gegen den Rekordmeister die Grundlage für den Klassenerhalt. Wiederholt sich die Geschichte? Gut möglich. Neun Punkte beträgt momentan der Vorsprung auf den Relegationsplatz, seinerzeit waren es nur sechs – jeweils nach dem 22. Spieltag. Die Parallele: Der VfL stand damals und steht auch heute auf Platz elf. Vor allem zu Hause sind die Bochumer eine Macht: Von elf Heimspielen in dieser Saison ging nur eines verloren. Die Magie des Ruhrstadions lässt sich also auch in Zahlen ausdrücken – genauso wie die Vorliebe für Festtage zu Beginn des Jahres. Dreimal hat der VfL die Bayern in diesem Jahrtausend geschlagen, dreimal Mitte Februar. Für diese Momente gehen Fußballfans ins Stadion.


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(Foto: Imago / Eibner)