2:2 gegen Mainz

„Ich könnte heulen“: Über dieser VfL-Saison liegt noch kein Segen

Die Arme waren schon fast in die Höhe gereckt, um über den ersten Saisonsieg zu jubeln, als der Mainzer Tom Krauß mitten ins Bochumer Fußball-Herz traf. Die Hände beim VfL gingen trotzdem nach oben – um sich fassungslos an den Kopf zu packen. Bis zur fünften Minute der Nachspielzeit lag der VfL in Führung, die drei Punkte im Kellerduell waren zum Greifen nah. Doch dann, nach der allerletzten Aktion, waren zwei davon plötzlich wieder verschwunden. „Ich könnte heulen“, sagte Keven Schlotterbeck nach dem 2:2, und war mit diesem Gefühl sicher nicht allein. Stimmungskiller statt Brustlöser – im Stadion wurde es binnen weniger Augenblick mucksmäuschenstill. 

Weiter ohne Sieg

Der Schock sitzt tief, und die Lage beim VfL Bochum bleibt durchaus prekär. Der erhoffte Befreiungsschlag gegen den Tabellennachbarn ist am Freitagabend ausgeblieben. Neun Spiele sind in der Bundesliga-Saison nun absolviert, fünf Punkte hat der Revierklub auf dem Konto – aber noch keinen Sieg eingefahren. „Mit Unentschieden kommst du nicht vorwärts“, weiß nicht nur Trainer Thomas Letsch. Und die Anschlussfrage ist naheliegend: Gegen wen will der VfL gewinnen, wenn nicht gegen harmlose und ebenfalls noch sieglose Mainzer? „Wenn wir so weiterspielen, dann werden wir noch genügend Punkte holen“, ist sich Kevin Stöger sicher.

Der Mittelfeldspieler erzielte vom Elfmeterpunkt das 1:0, nachdem der Video-Assistent eingegriffen hatte und ein Foul an Schlotterbeck im Strafraum erkannte. Bochums Innenverteidiger blieb im Mittelpunkt des Geschehens: Erst lenkte er den Ball unglücklich zum 1:1 ins eigene Tor, in der Schlussphase erzielte Schlotterbeck dann aber das vielumjubelte 2:1. Zum Sieg gereicht hat es nicht. „Wir haben über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht“, meinte der Torschütze später in den Katakomben. „Aber ich habe das Gefühl, der Fußballgott sah zu uns herunter und dachte sich: Die machen wir heute noch kaputt.“ Aktuell scheint (noch) kein Segen über der VfL-Saison zu liegen.

Kaum Torgefahr

Aber ist es nur fehlendes Spielglück? „Sicher nicht“, betonte auch Schlotterbeck. Bislang hat der VfL weder die Gegentorflut noch das Offensivproblem in den Griff bekommen. Das Torverhältnis von 8:23 nach neun Spielen ist der beste Beweis dafür. Während es in der Defensive immerhin erfreuliche Tendenzen gibt – beginnend mit dem Spiel in Leipzig – ist eine Weiterentwicklung in der Vorwärtsbewegung kaum bis gar nicht zu erkennen. Aus dem Spiel heraus gelangen dem VfL gegen Mainz nur wenige Torchancen, fast keine davon war das Ergebnis eines ansehnlichen Spielzugs. Die „feine Klinge“ sei in dieser Situation, in der der VfL steckt, ohnehin nicht zu erwarten, erklärte Letsch.

Der Trainer sah gegen Mainz mit fortschreitender Spieldauer eine schlechter werdende Leistung. „Wir haben das Spiel in den ersten 35 Minuten mit und gegen den Ball kontrolliert“, analysierte Letsch. „Wir haben bis zum Ende praktisch nichts zugelassen, aber die Kontrolle mit dem Ball haben wir in der zweiten Halbzeit verloren.“ Zwei abgefälschte Schüsse der Gäste fanden schließlich den Ball ins Bochumer Tor, jeweils nach schlecht verteidigten Standardsituationen. Zusätzlich bitter: Der VfL hat nicht nur zwei Punkte verloren, sondern auch Ivan Ordets. Der Abwehrchef hatte schon früh in der Partie mit muskulären Problemen zu kämpfen und musste den Platz verlassen.

Ordets verletzt

„Es wäre ein Wunder, wenn er im nächsten Spiel schon wieder auf dem Platz stünde“, sagte Letsch nach der Partie, ohne schon eine genauere Diagnose nennen zu können. Ärgerlich: Eine Auswechslung von Ordets war schon angedacht, bevor er sich im einem Zweikampf um den Ball folgenschwer verletzte und nicht mehr weiterlaufen konnte. Auch Keven Schlotterbeck klagte gegen Ende des Spiels über Schmerzen im Oberschenkel, und mit Erhan Masovic verletzte sich ein dritter Innenverteidiger am Ellbogen. Viel Zeit, die vielen Wunden zu lecken, auch mental, bleibt indes nicht. Am kommenden Freitag in Darmstadt steht das nächste Kellerduell bevor.

Fraglich ist, ob Letsch dort erneut den Spielern vertraut, die er eigens für das Spiel gegen Mainz in die Startelf beordert hat. Erstmals in dieser Saison begann Philipp Förster, erstmals überhaupt in der Bundesliga startete Moritz Broschinski. Glänzten konnten sie nicht. Die Suche nach dem passenden Mittelstürmer und seinen Nebenleuten geht somit weiter. Philipp Hofmann sammelte nach seiner Einwechslung durchaus Pluspunkte; Goncalo Paciencia, der in Freiburg traf und trotzdem zunächst nur auf der Bank Platz nahm, war kein Aktivposten. Moritz Kwarteng, diesmal immerhin im Kader, und Christopher Antwi-Adjej blieb ein Einsatz verwehrt. Sie sahen nur zu, bis zum bitteren Ende.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)