Applaus gab es trotzdem, und nicht zu knapp. Rund 10.000 VfL-Fans sahen am Sonntagnachmittag gegen RB Leipzig den nächsten mutmachenden Auftritt ihrer Mannschaft – auch wenn es dafür keine Punkte gab. Christopher Nkunku, Leipzigs Top-Scorer, erzielte nach 82 Minuten das einzige Tor des Tages, der VfL verlor unglücklich mit 0:1. Der Siegtreffer kam praktisch aus dem Nichts. Denn eigentlich war Bochum gefährlicher, aktiver, bissiger. „In solchen Szenen sieht man die Qualität, die sie haben“, sagte VfL-Trainer Thomas Reis anerkennend. „Wir treffen stattdessen die Latte, den Pfosten oder schießen über das Tor.“ Die mangelhafte Chancenverwertung sei aber der einzige Vorwurf, den er seiner Mannschaft machen könne. „Stolz bin ich dennoch, wie wir wieder gegen ein Top-Team aufgetreten sind.“
Bochum stärker nach der Pause
Nach dem furiosen 4:2-Erfolg gegen die Bayern und dem 1:1 gegen Dortmund hätte der VfL also beinahe den nächsten großen Klub geärgert. „Wir sind ligaweit erst die dritte Mannschaft, die hier gewinnt“, stellte RB-Coach Domenico Tedesco hinterher fest. „Das wundert mich nicht: Bochum hat auch uns viel abverlangt.“ Wobei die Trainer in ihren Analysen wohl eher an das Geschehen in der zweiten Halbzeit gedacht haben dürften. In den ersten 45 Minuten kam nur wenig Spielfluss auf. Vor allem die Leipziger gingen nach intensiven Zweikämpfen mehrfach zu Boden, was Thomas Reis tierisch aufregte: „Wir waren etwas zu fair in einigen Momenten. Die Leipziger lagen oft auf dem Boden, und jedes Mal haben wir den Ball ins Aus gespielt. Sie haben uns clever aus dem Rhythmus gebracht.“
Echte Torchancen blieben gänzlich Mangelware. Beide Mannschaften hatten vor allem in der Offensive im großen Stil rotiert, Bochum viermal, Leipzig noch mehr. Die vielleicht stärksten Kräfte saßen zunächst auf der Bank. Nach der Pause nahm das Spiel dann aber Fahrt auf, wobei der VfL plötzlich die bessere Mannschaft war. Mit einer fast schon Bochum-typischen Energieleistung verteidigte der Aufsteiger leidenschaftlich, gewann viele Duelle und erspielte sich auch gute, gefährliche Torchancen. Doch Milos Pantovic setzte den Ball aus knapp 15 Metern über das Tor, Anthony Losilla traf nur die Latte, Christopher Antwi-Adjei den Pfosten. Der VfL kam dem Führungstreffer also deutlich näher, verdient wäre er auch gewesen. Doch dann schlug der Europa-League-Teilnehmer aus Leipzig eiskalt zu.
Der eingewechselte Benjamin Henrichs spielte den Ball geschickt durch eine Schnittstelle der Abwehr zum ebenfalls eingewechselten Christopher Nkunku, und der Franzose erzielte das späte 0:1. Die Statistik verrät, warum dieser Gegentreffer aus VfL-Sicht so bitter war: Es war der einzige Leipziger Schuss auf das Bochumer Tor. Ein großer Rückschlag dürfte diese Niederlage indes nicht sein. Denn zuletzt hat der VfL fleißig gepunktet, sich also einen durchaus komfortablen Vorsprung auf die Abstiegsränge erarbeitet. Zumal an diesem Wochenende kein einziger Verfolger dreifach gepunktet hat. „Wenn wir so weitermachen, dann werden wir auch in den kommenden Partien bestehen und den Klassenerhalt schaffen“, sagte Thomas Reis.
Jetzt das Pokal-Viertelfinale
Vor dem Aufsteiger-Duell gegen Greuther Fürth am kommenden Samstag steht aber zunächst das Pokalspiel gegen den SC Freiburg auf dem Programm. Mit einer ähnlich engagierten Leistung winkt den heimstarken Bochumern der erste Halbfinaleinzug seit 1988, also seit 34 Jahren. Damals stand der VfL sogar im Endspiel. Ein Vorteil für den Revierklub heute: Leistungsträger wie Gerrit Holtmann oder Jürgen Locadia haben gegen Leipzig nur rund 20 Minuten gespielt und dürften als frische Alternativen in die Startelf zurückkehren. Weitere Wechsel sind wahrscheinlich, auch Konstantinos Staylidis, Patrick Osterhage oder Christopher Antwi-Adjei drängen ins Team. Klar ist: Die Vorfreude auf dieses besondere Spiel ist schon jetzt zu spüren, die Chance auf einen historischen Erfolg vielleicht einmalig.
(Foto: Imago / Team 2)