3:2-Heimsieg gegen Augsburg

Bochum lebt und bebt: „Ich hatte Pipi in den Augen“

Ein bisschen schlägt das Herz von Elvis Rexhbecaj immer noch für den VfL Bochum. In der vergangenen Saison zählte er zu den Lieblingen der Fans, vergessen hat der Mittelfeldspieler des FC Augsburg das keineswegs. Unfreiwillig hat er seine Verbundenheit zum VfL an diesem Samstag noch einmal unter Beweis gestellt. Im Trikot der Gäste fälschte er den Torschuss von Anthony Losilla unhaltbar ins eigene Tor ab – und ermöglichte seinem Ex-Klub damit einen eminent wichtigen und verdienten Heimsieg. Zum Matchwinner avancierte allerdings Christopher Antwi-Adjei, der seine Mannschaft bereits nach 90 Sekunden in Führung brachte und am zweiten Tor entscheidend beteiligt war, als ein Augsburger ins eigene Netz traf. Antwi-Adjei überzeugte schon im Hinspiel, als er den Siegtreffer erzielte.  

Doch der Druck, das Duell gegen die Fuggerstädter auch in der Rückrunde zu gewinnen, war wesentlich größer. „Die ganze Mannschaft wusste, worum es geht“, sagte der Flügelstürmer. Als Tabellenvorletzter war ein Heimsieg praktisch Pflicht – umso größer die Erleichterung am Ende. „Was hier los ist, ist überragend. Es haben alle wieder Hoffnung“, freute sich Antwi-Adjei über den 3:2-Erfolg. Die Fans hatten das Ruhrstadion schon vor dem Spiel in ein blau-weißes Fahnenmeer verwandelt, brachten sich auf Betriebstemperatur und das Stadion zum Beben. Erst weit nach Abpfiff kühlten viele Anhänger allmählich herunter – manche Spieler ebenso. „Ich hatte Pipi in den Augen“, schrieb Gerrit Holtmann am Abend auf Instagram und verlinkte ein Foto von der Choreografie.

Reaktion gezeigt

So schnell kann es also gehen. In der vergangenen Woche, nach der 0:2-Niederlage in Mönchengladbach, hatte Anthony Losilla ebenfalls Tränen in den Augen, allerdings aus einem anderen Grund – weil er befürchtete, dass sein Bundesliga-Traum in wenigen Wochen enden könnte. Doch mit seinem (abgefälschten) Treffer zum 3:1 gegen Augsburg trug Losilla nur sieben Tage später selbst dazu bei, dass sich die Chancen auf den Klassenerhalt wieder erhöht haben. „Es war eine harte Woche für uns. Die Stimmung war nicht so positiv“, berichtete der Kapitän. Ohne Trainer traf sich die Mannschaft zum Grillen, bei dem „viel diskutiert“ wurde. Gegen Augsburg demonstierte sie Geschlossenheit, nicht nur auf dem Platz. Beim Torjubel waren auch die Ersatzspieler mittendrin, bei Verletzungen alle Kollegen in Sorge.

„Es war nicht alles perfekt, aber wenn wir so kämpfen, holen wir die Punkte“, bekräftigte Losilla. Erneut hat es der VfL geschafft, sich aus einem Zwischentief zu befreien. „Nach der Niederlage gegen Schalke wurden wir auch schon abgeschrieben“, erinnerte sich Letsch an den März zurück. Nach dem Rückschlag in Mönchengladbach sei es ähnlich gewesen. „Und wieder haben wir eine Reaktion gezeigt“, sagte er stolz, wohlwissend, dass es ein steiniger Weg dahin war. Die frühe Bochumer Führung hatte zunächst für etwas Sicherheit gesorgt. Doch weil der VfL das 2:0 verpasste, kam Augsburg besser ins Spiel und erzielte den Ausgleich. „Das hat uns ein bisschen aus der Bahn geworfen“, sagte Letsch. „Aber wir haben das Ergebnis in die Pause mitgenommen und sind gut in die zweite Hälfte gestartet.“

Konkurrenz verliert

Mit mehr Mut und einem klaren Chancenplus in der Offensive sowie einer besseren Zweikampfführung in der Defensive kam der VfL schließlich zum Erfolg. Ein Doppelschlag nach knapp einer Stunde brachte die Bochumer wieder auf Kurs. Letsch hatte die Startelf auf vier Positionen verändert – keiner der Neuen enttäuschte. Saidy Janko und Dominique Heintz, die beiden Außenverteidiger, waren zwar jeweils an einem Gegentreffer beteiligt, machten ansonsten aber einen guten Job. Bitter: Konstantinos Stafylidis, ebenfalls neu im Team, musste mit Schulterproblemen ausgewechselt werden. Das Trainerteam schickte Keven Schlotterbeck und Kevin Stöger zum Aufwärmen, entschied sich dann aber für Stöger – „weil wir mehr ins Risiko eingehen wollten“, erklärte Letsch. Die richtige Entscheidung nach nur 36 Minuten.

Augsburgs Anschlusstreffer sorgte zwar für unnötige Spannung, blieb aber Ergebniskosmetik. Bochum lebt also. Erreicht ist noch nichts, doch die Ausgangslage hat sich verbessert. Im Grunde gab es an diesem Wochenende nur Wunschergebnisse: Hertha verlor in Köln, Hoffenheim in Wolfsburg – und Schalke in München. Stuttgart holte am Sonntag lediglich einen Punkt gegen Leverkusen. Der VfL beendet den Spieltag auf Platz 15, hat einen Zähler Vorsprung auf Schalke, zwei auf Stuttgart und den Klassenerhalt wieder in der eigenen Hand. Nicht unwichtig: Die Bayern haben nicht lockergelassen und Schalke mit 0:6 vom Platz gefegt. Das Torverhältnis der Bochumer ist im Vergleich zum Nachbarn nur noch minimal schlechter. Offenbar schlägt auch das Münchner Fußballherz ein bisschen für den VfL…


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(Foto: Imago / Ulrich Hufnagel)