3:2 gegen Hoffenheim

VfL kämpft, zittert und jubelt: „Das Trauma ist besiegt“

Im Umgang mit Superlativen ist Vorsicht geboten, sie nutzen sich leicht ab. Aber an diesem Wochenende darf man einen riskieren: Das 3:2 des VfL Bochum gegen die TSG Hoffenheim ist schon jetzt der emotional wichtigste Sieg in dieser Saison. Denn an der Castroper Straße ist die Hoffnung auf den Klassenerhalt zurückgekehrt. Neue Hoffnung nach zuletzt acht sieglosen Spielen in Folge und reichlich Untergangsstimmung im Umfeld des Klubs. 

Hochverdienter Sieg

Wie schnell sich die Lage drehen kann, war am Freitagabend spätestens gegen 22.30 Uhr zu sehen. Gemeinsam feierten Fans und Mannschaft den hochverdienten Heimsieg, den ersten Dreier seit Mitte Februar. Doch die Atmosphäre im Ruhrstadion war schon in den Stunden davor definitiv erstklassig. Und mit jedem der drei Tore wurde es lauter im Bochumer Hexenkessel. Nur einer zeigte verhaltende Freude: Doppeltorschütze Kevin Stöger. Er jubelte allenfalls innerlich über seinen sehenswerten Freistoßtreffer zum 1:0 und über das vorentscheidende 3:0. Mit weit ausgestreckten Armen stand er vor den eigenen Fans als wollte er sagen: Seht her, ich gebe Gas!

Stöger war nach dem Spiel nicht zu sprechen, jedenfalls nicht für die Bochumer Journalisten. Wobei der Grund für seine Zurückhaltung eigentlich auf der Hand liegt: Einige Fans warfen Bochums Top-Scorer unter der Woche vor, angesichts seines bevorstehenden Wechsels zu Union Berlin nicht mehr mit voller Kraft für seinen aktuellen Arbeitgeber zu spielen. Diese Theorie widerlegte er eindrucksvoll – wie die gesamte Mannschaft. „Sie hat das Herz auf dem Platz gelassen“, sagte Sportdirektor Marc Lettau voller Anerkennung. Von Beginn an waren die Bochumer engagierter, druckvoller und disziplinierter als die Gäste aus dem Kraichgau und belohnten sich dafür noch vor der Pause mit zwei Treffern.

Gleich mehrere Bochumer zeigten ihre vielleicht beste Saisonleistung: Torschütze Felix Passlack, der nach schwierigen Monaten doch noch einmal in Fahrt kommt. Oder Matus Bero, der endlich mal wieder auf seiner angestammten Position im zentralen Mittelfeld auflaufen durfte. Aber auch Maximilian Wittek und Moritz Broschinski, die erfolgreich zu offensiven Flügelspielern umfunktioniert wurden. Ivan Ordets, der in die Innenverteidigung zurückgekehrt war, überzeugte ebenfalls. 36 Torschussversuche gaben die Hausherren an diesem Abend ab – so viele wie noch nie in der Bochumer Bundesliga-Geschichte. Offenbar haben die zahlreichen teaminternen Diskussionen und Aussprachen unter der Woche geholfen. „Wir müssen nicht jeden Abend zusammen Essen gehen, aber als Mannschaft müssen wir funktionieren“, sagte Defensivallrounder Bernardo.

Führung verteidigt

Im Gegensatz zu den vergangenen Wochen hatte der VfL auch das notwendige Spielglück. Schiedsrichter Tobias Stieler zeigte nach einem Foul von Philipp Hofmann im eigenen Strafraum auf den Elfmeterpunkt. Der Video-Assistent korrigierte die Entscheidung allerdings, weil ein Hoffenheimer zuvor knapp im Abseits stand. Anschließend drehte der VfL auf, zittern musste er später aber trotzdem noch. Auch eine 3:0-Führung genügte nicht für einen entspannten Fußballabend. Hoffenheim traf doppelt, kurz vor Schluss stand es plötzlich nur noch 3:2. Die Fans im Stadion erstarrten kurz, in den Köpfen der Spieler ratterte es. Torhüter Manuel Riemann lief zur Trainerbank, forderte von Heiko Butscher weitere Wechsel und bekam sie schließlich auch. 21 Punkte hat der VfL in dieser Saison schon nach einer Führung verspielt – diesmal aber hielt er durch. „Das Trauma ist besiegt“, glaubt Bernardo. „Dieser Sieg ist nicht nur gut für die Tabelle, sondern auch für den Kopf. Endlich hat es geklappt.“

Halbwegs entspannt können alle Bochumer am Samstag und vor allem am Sonntag die Spiele der Konkurrenz verfolgen. Mit Mainz und Köln treffen zwei Verfolger direkt aufeinander. Der direkte Abstieg ist für den VfL dank des eigenen Erfolgs ohnehin unwahrscheinlicher geworden. Auch Bochums nächster Gegner muss wieder um den Klassenerhalt zittern. Verzichten muss der VfL gegen Union Berlin aber auf Anthony Losilla. Der Kapitän sah gegen Hoffenheim bereits seine zehnte Gelbe Karte und ist für das Gastspiel an der Alten Försterei gesperrt. Patrick Osterhage kehrt dagegen wieder zurück – und auch Kevin Stöger wird wahrscheinlich wieder zur Startformation gehören. Auch gegen seinen wohl künftigen Arbeitgeber.


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