3:2-Sieg gegen Hertha

Bochum lebt! Rösler schenkt neue Hoffnung

Frank Goosen wusste es schon länger: Für den VfL Bochum gibt es keinen sicheren Vorsprung. Das Heimspiel gegen Hertha BSC am Samstagabend gab dem Kabarettisten wieder einmal recht. Selbst eine 3:0-Führung nach 70 Minuten versetzte erfahrene Anhänger nicht in Ekstase. Zehn Zeigerumdrehungen und zwei Gegentore später bibberten sie mal wieder und befürchteten das Schlimmste. „Ich habe die Angst gespürt. Ein Unentschieden wäre wie eine Niederlage gewesen“, sagte Trainer Uwe Rösler nach seinem geglückten Einstand. Der VfL verteidigte den Vorsprung mit großer Willenskraft und sicherte sich den zweiten Saisonsieg am neunten Spieltag. „Das war erst ein kleiner Schritt, aber wichtig für die Mannschaft, den Verein, die Stadt, für unser Selbstvertrauen und die Gemeinschaft“, freute sich Rösler.

Der neue Trainer des VfL zeigt gerne Emotionen. Schon vor dem Spiel, beim Warmmachen der Mannschaften, lief er zur Osttribüne, um die zunächst überraschten Anhänger einzupeitschen. Während des Spiels coachte Rösler lautstark an der Seitenlinie, gab immer wieder Anweisungen und pushte seine Spieler nach gelungenen Aktionen. Nach dem Abpfiff konnte es der 56-Jährige gar nicht abwarten, sie zur Kurve zu schicken. Die Erleichterung war spürbar, auf dem Platz wie auf den Rängen. Rösler wurde nach seinem ersten Spiel sogar namentlich gefeiert, weil er dem angeschlagenen Revierklub neue Hoffnung schenkt – mit einem verbesserten Auftritt, der kämpferisch wie läuferisch vorbildlich und fußballerisch immerhin ganz ordentlich war. Das Entscheidende aber: Am Ende gab es drei ganz wichtige Punkte.

Onyeka glänzt mit Doppelpack

Röslers Bochumer haben das nötige Spielglück förmlich erzwungen. Ein Eigentor brachte den VfL in Führung, dem 2:0 ging eine Einzelaktion des starken Francis Onyeka voraus. Der 18-Jährige avancierte zum Matchwinner, weil er auch das dritte Tor erzielte – und damit den vierten Doppelpack in weniger als zwei Wochen schnürte. Der deutsche Juniorennationalspieler hat zuletzt auch zuverlässig für die U19 des DFB getroffen. Dass Interimstrainer David Siebers diesen feinen Fußballer fast ignorierte, war schon länger unverständlich, ist es nach diesem Auftritt aber umso mehr. Rösler nahm weitere Änderungen vor, setzte auf eine 4-1-4-1-Formation und stabilisierte damit die gesamte Mannschaft. Die Raumverteilung wirkte klarer, die Abstände waren kleiner, auch wenn natürlich noch nicht alles glückte.

Dennoch: Matus Bero mit weniger Offensivaufgaben zu betrauen, erschien ebenso sinnvoll wie der Startelfeinsatz von Mats Pannewig und Kjell Wätjen, die über großes Potenzial verfügen und dieses phasenweise entfalteten. Sogar Philipp Strompf blühte auf, zeigte seine beste Saisonleistung. Wobei eine Schwalbe bekanntlich noch keinen Sommer macht. In jedem Fall aber widerlegte die Mannschaft die These von Ex-Trainer Dieter Hecking, dass eine Viererkette nicht zu ihr passen würde. Auch Angreifer Philipp Hofmann fühlte sich wohler und schüttelte den Frust der vergangenen Wochen ab. Er war an allen drei Treffern beteiligt und bedankte sich beim Trainer für seine neue Rolle als Strafraumstürmer. „Uwe erklärt viel, ist akritibisch, hält das Training häufiger an. Er bringt Emotionen mit, die wir brauchen.“

Spieler loben Trainer Rösler

Hinter Hofmann lag eine turbulente Woche, nachdem seine schon im August vereinbarte Vertragsverlängerung erst am Montag durch medialen Druck vom Verein publik gemacht wurde. Das gefiel ihm nicht, erklärte er auf Nachfrage überraschend deutlich: „Ich finde, es wurde falsch kommuniziert. Man hätte es früher machen sollen. Entweder steht man zu seinem Stürmer oder nicht.“ Rösler schenkt Hofmann sein Vertrauen, verteilte das größte Lob aber an Onyeka und Torwart Timo Horn: „Bei Francis wollten wir das Momentum nutzen: Seine Leichtigkeit, aber auch seine Klasse und seinen Tordrang. Timo wiederum hat uns mit sensationellen Paraden den Sieg festgehalten.“ Horn wiederum gab das Lob an Rösler zurück: „Er kommuniziert viel und motiviert uns, geht sehr ins Detail. Das haben wir gebraucht.“

Auch die taktische Ausrichtung gefiel dem Schlussmann und Vize-Kapitän: „Wir sind keine Pressingmannschaft, weil wir in der letzten Kette nicht das Tempo dafür haben.“ Rösler hat den Kader in knapp zwei Wochen offensichtlich gut analysiert, traf nachvollziehbare Entscheidungen und wagte nichts Verrücktes. Der Lohn: Der VfL hat das rettende Ufer wieder im Blick und den Fans nach langer Durststrecke Freude geschenkt. Erstmals seit Ende der Corona-Pandemie war der Heimbereich nicht ausverkauft. „Die Mannschaft hat die Fans wieder hinter sich geholt“, stellte Horn nach Abpfiff fest, wobei Mitglieder der aktiven Fanszene am Vormittag beim sogenannten Anschwitzen dabei waren und den Spielern ihre Unterstützung zusicherten. Gemeinsam haben sie gezittert – und später zusammen gefeiert.


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(Foto: Imago / Team 2)