Applaus und große Emotionen gab es am Samstag im Bochumer Ruhrstadion nur kurz. Vor dem Duell gegen Borussia Mönchengladbach bedankte sich der VfL bei einigen von denen, die in der Relegation dafür gesorgt haben, dass der VfL auch in dieser Saison in der Bundesliga spielt. Doch die Euphorie konnte der Revierklub nicht mitnehmen ins erste Heimspiel seit exakt 100 Tagen. Mit 0:2 unterlag die Zeidler-Elf der Borussia, blieb erneut ohne Tor und hat mit drei Niederlagen einen Fehlstart hingelegt. Das ist zumindest keine neue Erfahrung für die Bochumer. Wie schon in der vergangenen und der vorvergangenen Saison läuft der VfL dem Geschehen früh hinterher. 2023 gab es den ersten Bundesliga-Sieg erst im November, 2022 im Oktober. Nun muss Fußball-Bochum mindestens bis September warten.
Doppelspitze ohne Gefahr
Vor allem die mangelnde Torgefahr bereitet Sorgen. Weder in Regensburg noch in Leipzig noch gegen Mönchengladbach gelang dem VfL ein Treffer. „Wir müssen mehr Chancen herausspielen“, fordert Trainer Peter Zeidler. Gegen die Borussia waren es nur wenige und die Verwertung unzureichend. Allenfalls nach Balleroberungen wurden die Bochumer gefährlich, längere Ballbesitzphasen mit kreativen Momenten fehlten. Philipp Hofmann hatte die beiden besten Chancen, blieb in seinem gesamten Wirken aber glücklos. Auch Nebenmann Moritz Broschinski enttäuschte erneut. Zeidler reagierte bereits zur Pause, stellte von der Mittelfeldraute auf ein 4-3-3-System um. Die beiden Neuen, Myron Boadu und Aliou Balde, belebten mit Tempo und Technik das Angriffsspiel, agierten aber noch zu kopflos.
Halbherziges Attackieren
Insbesondere Balde zeigte sich spielfreudig, aber ohne taktische Reife. Das ist generell ein Problem beim VfL. Einige Automatismen greifen noch nicht, die Balance fehlt. Das erste Gegentor fiel, weil die Bochumer mit sechs Spielern tief in der gegnerischen Hälfte nur halbherzig das Pressing auslösten, womöglich auch schon mit ihren Kräften am Limit. Spielend leicht drangen die Gäste ins Mittelfeld vor, wo große Räume klafften, und kombinierten sich ohne Gegenwehr bis zum Tor. Eine Bochumer Schlussoffensive blieb aus, stattdessen fiel nach einem fatalen Ballverlust des ansonsten souveränen Jakov Medic das 0:2. „Wir müssen überall ansetzen. Auch müssen wir schauen, wann wir uns zurückziehen und weniger pressen“, kennt nicht nur Philipp Hofmann die Probleme und weiß: „Wir müssen uns einspielen.“
Neuzugänge lernen noch
Eigentlich ist das eine alarmierende Aussage nach dem dritten Pflichtspiel, wirklich überraschend kommt diese Erkenntnis allerdings nicht. Fünf der zehn Neuen wurden erst im August verpflichtet, einen Großteil der Testspiele haben sie verpasst. Zudem haben acht Spieler vorher noch nie in der Bundesliga gespielt. Im Grunde befindet sich der VfL noch im erweiterten Testmodus. „Der Adaptionsprozess läuft gerade erst an“, sagt Peter Zeidler. Zeit, die der VfL eigentlich nicht hat, sich nach dem großen Umbruch in diesem Sommer mit eingeschränkten Möglichkeiten aber nehmen muss. Sturmhoffnung Myron Boadu fehlen noch Kraft und Spielrhythmus. Ibrahima Sissoko und Dani de Wit sind ebenfalls als Leistungsträger eingeplant, müssen in diese Rolle aber erst hineinwachsen.
Pause zum Trainieren
Klar ist schon jetzt: Die Rolle von Kevin Stöger, der am Samstag im Trikot der Fohlen glänzte, wird de Wit nicht übernehmen. Er ist ein gänzlich anderer Spielertyp. Ihn richtig einzubinden, bleibt dennoch eine zentrale Aufgabe; Gleiches gilt für Last-Minute-Transfer Koji Miyoshi. Da kommt die anstehende Bundesliga-Pause wie gerufen. Erst am übernächsten Wochenende geht es mit einem Auswärtsspiel in Freiburg weiter, zwischendrin testet der VfL gegen Rot-Weiss Essen. „Unsere Idee ist bereits zu erkennen“, stellt Zeidler richtigerweise fest. Aber: An der Umsetzung hapert es noch. „Das synchrone Attackieren hat noch nicht geklappt, das werden wir trainieren. Ich bin zuversichtlich, dass es schnell besser wird“, verspricht Zeidler. Damit es Applaus in Bochum nicht nur für Ehemalige gibt.
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(Foto: Imago / Sven Simon)