Aus nach 120 Minuten

Vom Traum zur Tragödie: Ein Hauch von Lüttich

Eigentlich steht das L-Wort auf dem Index. Seit dem 30. September 2004 wird in Bochum nicht mehr über Lüttich gesprochen. Doch nach dem Pokalfight gegen den SC Freiburg haben viele Fans wieder an das tragische Ende von damals gedacht. Denn die Parallelen lassen sich nicht leugnen. Seinerzeit schlug der Brasilianer Edu in der letzten Minute über den Ball, der VfL kassierte den spielentscheidenden Gegentreffer, flog raus aus dem UEFA-Cup.

Und nun, nach umkämpften 120 Minuten, passierte Maxim Leitsch fast das gleiche: Als letzter Mann traf er den Ball nicht richtig, sein Rückpass misslang. Freiburgs Roland Sallai lief auf Torhüter Manuel Riemann zu und erzielte mit der letzten Aktion das 2:1. Der Bochumer Traum vom (Halb-)Finale im DFB-Pokal, zum ersten Mal seit 1988, war in diesem Moment vorbei, eine besondere Chance in der Vereinsgeschichte vergeben – sportlich, wirtschaftlich, emotional.

Trost für Maxim Leitsch

Doch die Niederlage an Maxim Leitsch festzumachen, wäre nicht fair. Der Zeitpunkt war maximal unglücklich, eine Korrektur nicht mehr möglich. „Ich habe es Maxim direkt gesagt: Fehler passieren, er hat uns schon so oft gerettet“, berichtet Kapitän Anthony Losilla. Unmittelbar nach der unglücklichen Szene war er der erste, der seinen Mitspieler tröstete, nach dem Abpfiff taten es ihm die Teamkollegen gleich. Auch von den Fans gab es aufmunternde Worte.

„Es hat nicht viel gefehlt, um ins Halbfinale zu kommen“, sagt Losilla, der in seiner Karriere schon einige schwierige Situationen gemeistert hat. Gleiches gilt für Trainer Thomas Reis, der sich sicher ist: „Maxim muss damit klarkommen, aber er wird daraus lernen und daran wachsen. Er spielt eine gute Saison.“ Das war auch gegen Freiburg der Fall, bis zur 120. Minute. Eine Notbremse, das zeigen die TV-Aufnahmen, war kaum möglich, der Abstand zu Sallai zu groß.

Locadia verletzt, Polter trifft

Dass der VfL das Spiel überhaupt mit elf Mann beendete, war ohnehin etwas glücklich. Ende der ersten Halbzeit packte Jürgen Locadia Gegenspieler Philipp Lienhart am Hals und schubste ihn um. Das Schiedsrichtergespann, inklusive VAR, wertete diese Aktion nicht als Tätlichkeit. Glück gehabt. Locadia hielt trotzdem nicht länger durch, musste mit Rückenproblemen ausgewechselt werden, wurde sogar ins Krankenhaus gebracht. Eine Diagnose steht noch aus.

Immerhin: Sebastian Polter, der für ihn ins Spiel gekommen war, erzielte nach einer Maßflanke von Elvis Rexhbecaj per Kopf den 1:1-Ausgleich. Zuvor waren die Freiburger durch ein Abstaubertor von Nils Petersen in Führung gegangen. Der VfL Bochum hatte in einem engen, ausgeglichenen Spiel die besseren Chancen, spielte das eigene Tempo immer wieder aus. „Nur der letzte Pass war oft nicht sauber“, ärgert sich Trainer Thomas Reis.

Samstag gegen Fürth

Freiburg hingegen war ballsicherer, defensiv standen beide gut. Erst ging es in die Verlängerung, dann deutete alles auf ein Elfmeterschießen hin – dazu kam es nicht mehr. „Wir müssen das Spiel schnell verarbeiten. Wir haben schon am Samstag eine sehr wichtige Partie in der Bundesliga“, betont Kapitän Losilla. Zwei, eher drei Siege wird der VfL aus den letzten zehn Spielen benötigen, um die Klasse zu halten. Der Pokal war Bonus, die Meisterschaft ist das Kerngeschäft.

Enden soll diese Woche nun mit einem Erfolg gegen Mitaufsteiger Greuther Fürth. Keine drei Tage haben die Bochumer nun Zeit, sich zu erholen. Während die Franken unter der Woche pausieren konnten, musste der VfL 120 Minuten spielen – eine körperliche, vor allem aber auch mentale Belastung nach diesem Spielausgang. Jetzt aber mit einem Sieg zu antworten, würde dazu führen, dass schon ab Samstag niemand mehr an Lüttich oder Freiburg denkt…

(Foto: Eibner)