Es ist ja nicht so, als ob der VfL Bochum gegen Werder Bremen nicht ins Tor getroffen hätte. Gleich zweimal jubelten Spieler und Fans am Samstagnachmittag, doch in beiden Fällen hatte der Video-Assistent etwas dagegen. Erst wurde das vermeintliche 1:0 durch Philipp Hofmann wegen eines unabsichtlichen, aber regelwidrigen Handspiels direkt bei der Torerzielung aberkannt; kurz vor Schluss auch der Treffer von Erhan Masovic wegen einer Abseitsposition. Und als ob die Enttäuschung darüber noch nicht groß genug war, nutzte Werder Bremen in der Schlussphase zwei Unaufmerksamkeiten in der Bochumer Hintermannschaft und feierte einen 2:0-Auswärtssieg.
Lampropoulos zweimal zu spät
„Ein bisschen tun sie mir leid“, sagte Doppeltorschütze Niclas Füllkrug hinterher im Interview über die deprimierten Bochumer Spieler. „Dreimal greift der Video-Assistent ein, und dreimal wird gegen sie entschieden.“ Mitleid für den VfL, so weit ist es schon gekommen. Denn auch der Bremer Führungstreffer wurde überprüft, doch weil Bochums Vasilios Lampropoulos mindestens ebenso stark geklammert hat wie Füllkrug, gab es keinen Grund, die Szene abzupfeifen. Während Füllkrug schnell weiterlief, reklamierte Lampropoulos noch. Nicht nur auf den Beinen, sondern auch im Kopf waren die Gäste in den entscheidenden Momenten einen Schritt schneller.
Der Elfmeterpfiff nur wenige Minuten danach war unstrittig, Lampropoulos kam erneut zu spät. Auch die anderen Entscheidungen waren korrekt – so sehr die Handspielregel der menschlichen Anatomie auch widerspricht. Hofmann wurde aus einer Entfernung von knapp einem Meter angeschossen, der Ball springt anschließend vom Arm ins Tor. „Soll er ihn abschrauben?“, fragte Kevin Stöger im Nachgang. Der Frust war groß, schließlich kam der VfL in der zweiten Halbzeit der Führung sogar näher als Werder. „Ich glaube man kann nicht abstreiten, dass wir heute alles gegeben haben“, lobte Stöger die eigene Mannschaft, auch wenn er einsehen musste, dass es wieder nicht reichte.
Defensive nicht eingespielt
Doch warum? Weil der VfL weder in der Defensive noch in der Offensive schon das Niveau der Vorsaison erreicht. Hinten muss Reis praktisch jede Woche umstellen, weil es immer wieder neue Ausfälle gibt; dieses Mal waren es mit Heintz, Stafylidis und Goralski gleich mehrere Startelfkandidaten. In allen drei Fällen setzte Trainer Thomas Reis auf die eher überraschende Variante, brachte Lampropoulos statt Ordets, Osei-Tutu statt Horn und Förster statt Osterhage – allerhöchstens Osei-Tutu überzeugte. Die auffallende Häufung an muskulären Verletzungen macht es dem VfL derzeit schwer, vor allem in der Abwehr eine möglichst feste Formation zu finden, die sich einspielen kann.
Schwere individuelle Fehler begünstigten zuletzt immer wieder Tore der Gegner, was besonders schmerzt, wenn es weiter vorne ebenso hakt. Vieles basiert auf Zufällen oder genialen Eingebungen einzelner Spieler, phasenweise bleibt der VfL komplett ohne herausgespielte Torchance, wie es gegen Bremen fast bis zur Halbzeitpause der Fall war. Hofmanns spätes (Sieg-)Tor hätte zum Befreiungsschlag werden können – stattdessen steht der VfL nach fünf Partien immer noch ohne Punkte da. „Es ist einfach sehr, sehr ärgerlich, wie wir momentan verlieren. In vier von fünf Spielen waren wir in der Lage zu punkten“, stellte Reis enttäuscht fest.
Mannschaft bekommt Unterstützung
Klar ist: Der Druck beim VfL wächst, die ersten Punkte müssen schleunigst her, auch wenn die Fans bislang wenig Kritik äußern – zumindest nicht im Stadion, wo es nach der Niederlage gegen Bremen erneut wertschätzenden Applaus gab. Die öffentlich gewordenen Verhandlungen von Thomas Reis mit Schalke 04 haben während des Spiels keine Rolle gespielt, die Mannschaft konnte sich der Unterstützung sicher sein. Dass der VfL nun ausgerechnet dort antritt, wo Reis im Sommer hätte landen können, muss kein Nachteil sein. Mit einem Derbysieg wäre wohl vieles vergessen, auch der schwache Saisonstart. Im umgekehrten Fall ist nichts ausgeschlossen.
(Foto: Firo Sportphoto)