Kommentar

Bauer hat die Probleme erkannt – Villis muss sie jetzt lösen

Dass es beim VfL Bochum noch nie eine Kampfabstimmung um das höchste Amt im Verein gegeben hat, ist nicht ganz richtig. Tatsächlich kam es schon vor Jahrzehnten zum Duell zwischen dem damaligen Amtsinhaber Ottokar Wüst und seinem Herausforderer Hans-Georg Rehs. Wüst gewann die Wahl, verstand es aber, seinen Widersacher in der Folgezeit einzubinden. Rehs wurde zum Vizepräsidenten ernannt. Damit ist bei Hans-Peter Villis und Dr. Karl-Heinz Bauer wohl nicht zu rechnen. Über diesen Schatten wird Villis nicht springen. Obwohl der langjährige Teamarzt für das Gremium sicher ein Gewinn wäre. Denn wenn einer der langjährigsten Mitarbeiter, der in seinem Hauptberuf ebenfalls eine hochrangige Position bekleidet, erhebliche Führungsdefizite identifiziert hat, ist das nicht kleinzureden.

Bobon hat seinem Team geschadet

Bauer hat etwa die Personalflucht von Führungskräften thematisiert, die eigentlich ein Herz für den VfL hatten und wahrscheinlich immer noch haben. Seine inhaltlichen Unterschiede gegenüber Villis waren marginal. Es ging ihm vor allem um das Zwischenmenschliche. Seine Kernaussage: „Es gibt keine offene Diskussionskultur in diesem Verein. Kritik wird oft persönlich genommen.“ Immerhin ein Drittel der Mitglieder haben ihm zugestimmt, andere zumindest darüber nachgedacht. Villis schien angreifbar. Doch das en-bloc-Wahlverfahren kam Bauer, der als Kopf der Gruppe durchaus punkten konnte, nicht entgegen. Sein Team blieb insgesamt zu blass. Wer vom Klub eine bessere Kommunikation fordert, hätte damit schon bei der eigenen Kandidatur beginnen müssen.

Einzig bei der Diskussion nach der Vorstellungsrunde hätte die Stimmung noch kippen können. Immer wieder gab es deutlich hörbaren Applaus für das Team Bauer. Kontraproduktiv war jedoch der letzte Wortbeitrag von Andreas Bobon. Dass er auf Nachfrage offen zugab, bislang noch keine nennenswerten Berührungspunkte mit dem VfL Bochum gehabt zu haben, war zwar ehrlich, aber ein Schuss ins eigene Knie. Dass sich selbst die größten Kritiker von Hans-Peter Villis, die Bochumer Ultras, nicht klar zur Wahlalternative bekannt haben, war schließlich ein deutliches Zeichen dafür, dass Bauer und seine Mitstreiter nicht gewinnen werden. Ihre Kandidatur und ihr Mut verdient dennoch Respekt. Initiativen wie diese braucht es, um die Vereinsdemokratie mit Leben zu füllen.

Impulsgeberin für das Präsidium

Doch wie geht es nun weiter? Das Präsidium bleibt nahezu unverändert, einzig Martin Kree scheidet aus und Dr. Christina Reinhardt von der Ruhr-Universität ist neu dabei. Sie könnte, sie muss vielleicht sogar zur entscheidenden Impulsgeberin werden. Sie stehe für einen „Kulturwandel“, außerdem für mehr Diversität und für eine Verjüngung, hat sie in ihrer kurzen, aber überzeugenden Vorstellungsrede erklärt. Kenner der RUB loben sie für ihre Führungskompetenzen, insbesondere für ihre Kommunikationsfähigkeit. All das braucht es jetzt auch beim VfL, um genau das zu erreichen, was der Capo der Ultras in seinem Redebeitrag gefordert hat: „Diese Wahl darf den Klub nicht spalten.“ Hier ist auch Villis gefragt: Er muss zeigen, dass er die vorgetragene Kritik ernst nimmt und aus Fehlern gelernt hat.

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(Foto: Firo Sportphoto)