Uwe Rösler gibt die Richtung vor, und seine Spieler folgen ihm – nicht nur auf dem Platz, sondern auch auf dem Weg zur Bochumer Gästekurve. Nach dem verdienten Pokalerfolg beim FC Augsburg am Dienstagabend marschierten Trainer und Mannschaft gemeinsam zu den mehr als 1.000 mitgereisten Anhängern und setzten zum Rösler-Move an, der schon nach wenigen Wochen Kultstatus erlangt hat. Zusammen ballten sie die erhobene Faust, bewegten den Arm freudig hin und her. Mit Stolz feierten sie den 1:0-Sieg beim Bundesligisten aus der Fuggerstadt. Ein Klassenunterschied war zu keinem Zeitpunkt zu erkennen. Der VfL Bochum verteidigte kompakt, diszipliniert und mit hohem Engagement, vermied individuelle Fehler und hielt zum ersten Mal in dieser Saison auswärts die Null. Offensiv war es sogar die beste Saisonleistung. Mit mutigen Umschaltaktionen und teils feinen Spielzügen sorgte der Zweitligist für Torgefahr – und belohnte sich in der 39. Minute mit dem Führungstreffer, das sich im weiteren Spielverlauf zum Tor des Tages entwickelte.
Röslers Maßnahmen wirken
Wirklich brenzlig wurde es in der zweiten Halbzeit nur selten, die formschwachen Augsburger fanden gegen starke Bochumer keine Mittel. Einziges Manko: Die Chancenverwertung des VfL nach Kontersituationen. Vor allem Moritz Kwarteng hätte für die Vorentscheidung sorgen müssen. Am Ende ist das aber nur eine Randnotiz wert. Viel erwähnenswerter ist die positive, erstaunlich schnelle Entwicklung unter der Leitung von Rösler, der dieser Mannschaft neues Leben eingehaucht hat. Mit seiner emotionalen und kommunikativen Art hat er zügig einen Zugang zu allen Spielern gefunden, hat aus dieser Truppe ein funktionierendes Team geformt: mit einem passenden taktischen Korsett, ohne verrückte und mit vielen nachvollziehbaren Ideen. Röslers Rückkehr zur Viererkette hat ebenso Wirkung gezeigt wie die Abkehr vom hohen Pressing. Erzwungenes Spielglück und Erfolgserlebnisse beschleunigen den Fortschritt, der mit dem überraschenden Pokalerfolg einen vorübergehenden Höhepunkt erreicht hat, allerdings so weitergehen muss.
Sonntag gegen Magdeburg
Denn so gut die Stimmung nach zwei Siegen und einem Unentschieden unter Rösler auch ist, so prekär stellt sich die Tabellensituation nach wie vor dar. Am kommenden Sonntag empfängt der VfL den 1. FC Magdeburg zum Kellerduell der 2. Liga – der Vorletzte trifft auf den Letzten. Auch die drei folgenden Gegner sind im Grunde Tabellennachbarn und aktuell höchstens drei Punkte entfernt. Der November hat für den VfL vorentscheidenden Charakter. Anschließend, nämlich Anfang Dezember, geht es auch im DFB-Pokal weiter. Die Bochumer hoffen bei der Auslosung am Sonntagabend auf ein Heimspiel. „Es gibt Schöneres als eine sechsstündige Busfahrt. Aber heute genießen wir es. Das war ein perfekter Pokalabend“, sagte Torschütze Holtmann in den Katakomben des Augsburger Stadions, der genau wusste, dass dieser Sieg Balsam auf die geschundene Fanseele ist: „Das letzte Mal, dass wir im Pokal so weit gekommen sind, ist schon einige Jahre her.“ Genau genommen vier. Auch da gab es in der zweiten Runde einen Sieg gegen Augsburg.
Geschlossene Teamleistung
Aus der Siegerelf von damals ist einzig Holtmann in Bochum geblieben. Ansonsten präsentierte sich der VfL beim neuerlichen Aufeinandertreffen stark verjüngt. Rösler verzichtete auf einen klassischen Mittelstürmer, zog Francis Onyeka in den Angriff und setzte auf mehr Tempo. Mit Matus Bero, Erhan Masovic und Philipp Hofmann rotierten drei erfahrene Akteure aus der Anfangsformation; jüngere Kräfte rückten nach und gaben ein Bewerbungsschreiben in eigener Sache ab, weil sie ohne Druck befreit aufspielten und problemlos zu einer geschlossenen Mannschaftsleistung beitrugen. Im Mittelfeld zeigte Kjell Wätjen seine bislang beste Leistung im VfL-Dress und verdiente sich die Bestnote, dicht gefolgt von Noah Loosli, Mats Pannewig sowie Leandro Morgalla und Cajetan Lenz, die schon seit Wochen überzeugen. „Wir haben gesehen, wie viel Talent wir haben“, stellte Rösler mit Stolz fest und lieferte eine erstaunliche Zahl nach: „Das war die jüngste Bochumer Pokalelf seit 50 Jahren.“ Jugend forscht beim VfL offensichtlich mit Erfolg.
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