Nach dem Pokalspiel

Anerkennung auf Kredit: Der VfL muss jetzt nachlegen

Eigentlich ist es nicht fair, aus einem Gespräch zu zitieren, das eher als Smalltalk gedacht war. Doch das, was Ilja Kaenzig am Dienstagabend kurz vor Mitternacht sagte, war so treffend analysiert, dass es an dieser Stelle Erwähnung finden sollte. Denn der Sprecher der VfL-Geschäftsführer fasste die Stimmungslage nach dem Pokalspiel gegen Bayern München wohl am besten zusammen.

Reis euphorisch

„Wir haben die Fans zurückgewonnen“, sagte Kaenzig, ohne auf eine wichtige Einschränkung zu verzichten. „Aber nur auf Kredit. Wir müssen jetzt gegen Nürnberg nachlegen. Geht das schief und zeigen wir nicht die gleiche Bereitschaft, ist der Ärger nach dem guten Pokalspiel umso größer. Weil alle gesehen haben, was möglich ist.“ Der Chef für die Finanzen und Kommunikation beim VfL weiß, dass die Anhänger ähnlich engagierte Auftritte auch in den kommenden Wochen sehen wollen – nicht nur gegen Nürnberg, sondern auch darüber hinaus.

Die Mannschaft hat schließlich gezeigt, dass sie mehr kann als in der Liga oft zu sehen war. Lange Zeit schnupperte der Underdog an der Sensation und lag bis zu 83. Spielminute mit 1:0 in Führung. Taktische Vorgaben wurden konsequent eingehalten, Zweikämpfe angenommen und mit Überzeugung geführt, teilweise wurde schon gut antizipiert. Zu sehen war auch die hohe Laufbereitschaft und die gegenseitige Unterstützung der Spieler – ein Qualitätsmerkmal, das zuletzt schmerzlich vermisst wurde. 

Doch wer die schnelle Selbstzufriedenheit dieser Mannschaft in der Vergangenheit erlebt hat, weiß auch, dass lobende Worte mit Bedacht gewählt werden müssen. Ob es also klug und inhaltlich überhaupt richtig war, dass Trainer Thomas Reis am Dienstagabend euphorisch vom „wahren Gesicht der Mannschaft“ sprach, muss sich erst noch zeigen. Denn Kapitän Anthony Losilla stellte nach Abpfiff richtigerweise fest: „Man weiß doch, dass es in solchen Spielen etwas leichter ist, die richtige Mentalität zu finden.“

Schindzielorz dankbar

Ob die Eigenmotivation auch im Abstiegskampf groß genug sein wird, ist nun die entscheidende Frage. Zeigt sich die Mannschaft nun häufiger und am besten immer von ihrer Schokoladenseite, dürfte ihnen die Unterstützung der Fans gewiss sein. Denn allem Frust zum Trotz war das Bochumer Ruhrstadion schon im Pokal ein echter Hexenkessel – nachtragend war von den Zuschauern offensichtlich niemand. „Wir müssen uns bei den Fans für diese neue Chance bedanken“, sagte Sportchef Schindzielorz nach der Partie. Das sah er dann ähnlich wie sein Geschäftsführerkollege.

(Foto: Sportfoto Gerd Krause)